Niederbayerns CSU-Chef Weber stützt Schäuble-Vorstoß:"Es ist höchste Zeit für einen Spar-Kommissar"

Der CSU-Europaabgeordnete Manfred Weber plädiert für einen Machttransfer für europäische Institutionen und wehrt sich gegen den Vorwurf, seine Partei sei europaskeptisch. Im Gespräch mit Süddeutsche.de begrüßt der niederbayerische CSU-Chef eine Forderung des Grünen Daniel Cohn-Bendit - und kritisiert populistische Ausfälle aus der CSU.

Oliver Das Gupta, Sebastian Gierke und Mike Szymanski

Ein mächtiger EU-Oberaufseher schwebt Wolfgang Schäuble vor, ein aufgewerteter Währungskommissar, der den nationalen Regierungen auf die Finger schaut und ihre Haushaltsplanung überwacht. Unsolide Budgetentwürfe soll er zurückweisen können. Manfred Weber hält den Vorstoß des Finanzministers für gerechtfertigt. Seit 2004 ist der niederbayerische CSU-Chef Mitglied im Europäischen Parlament.

Manfred Weber soll CSU-Bezirkschef werden

Fordert einen Schiedsrichter für die Euro-Staaten: Europaabgeordneter Manfred Weber.

(Foto: dpa)

SZ.de: Wolfgang Schäuble fordert mehr Macht für EU-Kommission und EU-Parlament, Ihr Parteifreund Peter Gauweiler warnt vor einem europäischen "Spar-Diktator". Und was wollen Sie, Herr Weber?

Manfred Weber: Ich will, dass die Spielregeln verbindlich gelten. Alle Euro-Staaten haben unterschrieben, dass sie die Verschuldungsgrenze von maximal drei Prozent einhalten. Nur gibt es keinen Schiedsrichter, der gelbe und rote Karten verteilt, wenn ein Staat diese Regel bricht. Das war ein Grund, weshalb wir in Europa in die Verschuldungsfalle gerannt sind. Wolfgang Schäuble liegt richtig. Es ist höchste Zeit für eine starke Instanz, die dafür sorgt, dass Regelverstöße tatsächlich geahndet werden.

Klingt gut, aber wie wollen Sie Ihre Partei überzeugen? In dem CSU-Leitantrag steht nichts von einem solchen Schiedsrichter.

Die Stärkung der Kommission, um die Spielregeln durchzusetzen, hat die CSU bereits im Leitantrag vergangenes Jahr gefordert. Der diesjährige Antrag ist gut und richtig, weil er klar macht, dass ein Schuldenstaat sich anstrengen muss. Auf dem EU-Gipfel im Dezember gilt es darum, die nächste Entwicklungsstufe für Europa auf den Weg zu bringen. Ich bin zuversichtlich, dass wir dann eine Debatte führen, an deren Ende wir uns auf eine Exekutive einigen können, die Spielregeln durchsetzt. Alles andere ergibt keinen Sinn. In Europa sollten wir aber nicht nur mit der Knute vorgehen, sondern auch Anreize schaffen. Ein Topf Budget für die Euro-Zone, der den Haushaltsregeln des Europäischen Parlaments unterliegt, ist daher ein Vorschlag, der in die richtige Richtung geht.

Wie soll dieser Spar-Kommissar bestimmt werden?

Viele Bürger haben das Gefühl, dass die EU überhaupt nicht mehr kontrolliert werden kann, dass eine mächtige Exekutive über ihre Köpfe entscheidet. Aus diesem Grund muss ein solcher Kommissar unbedingt demokratisch durch das Europäische Parlament legitimiert werden. Solch ein Kommissar muss kontrolliert und notfalls abgewählt werden können.

Sollte dieser Finanz-Aufpasser einzeln gewählt werden?

Das ist eine diskutierbare Idee.

Ihr Grüner Parlamentskollege Daniel Cohn-Bendit fordert das auch. Schreckt Sie das ab?

Keineswegs. Das zeigt nur, dass auch bei einigen Grünen inzwischen die Vernunft gesiegt hat. Ich begrüße das. Es ist positiv, wenn wir uns gemeinsam Gedanken machen, wie wir aus Fehlern der Vergangenheit lernen und seriöse Antworten finden. Die CSU ist prädestiniert, hier die Vorreiterrolle zu übernehmen: Wir sind die Gralshüter solider Haushaltspolitik. Sozialdemokraten und Grüne stehen für das Schuldenmachen.

"Manche Zuspitzung fand ich nicht glücklich"

Aus der CSU dringen aber auch immer wieder europaskeptische Töne. Wie sehr haben Sie sich in den letzten Monaten über ihre Partei geärgert?

Manchmal habe ich mich über die Tonlage geärgert, das stimmt. Aber Reibungen gehören in einer Volkspartei eben dazu. Das ist durchaus positiv, dass es Pole mit verschiedenen Meinungen in der CSU gibt, dass die Bürger sehen, wie wir debattieren, wie wir argumentativ ringen.

Vor einiger Zeit hat Horst Seehofer die CSU-Europagruppe abgekanzelt, nun hat er ihren Kurs übernommen. Spüren Sie Genugtuung?

Ich habe keine Geringschätzung von Horst Seehofer in Erinnerung, im Gegenteil: Er hat immer aufmerksam zugehört. Wichtig ist für mich, was am Ende rauskommt, wie sich die CSU in den Parlamenten entscheidet und wo sie die Hand hebt. Das ist das was zählt.

Hat es die CSU gerade noch auf die richtige Seite geschafft?

Die CSU hat den Europa-Kurs der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung immer gestützt. Die CSU ist klar pro-europäisch.

Generalsekretär Dobrindt nannte den EZB-Chef Draghi einen "Falschmünzer", Finanzminister Söder wollte an Griechenland "ein Exempel statuieren". Sind solche Äußerungen für Sie klar pro-europäisch?

Manche Zuspitzung fand ich nicht so glücklich. Bei allen Debatten müssen wir darauf achten, dass die Tonalität im Rahmen bleibt.

Halten Sie es für richtig, wenn Griechenland in der Euro-Zone bleibt?

Absolut, wenn das Land seinen notwendigen Beitrag leistet.

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