Niederbayern:Mainburger Schulleiter wird vorläufig des Dienstes enthoben

Niederbayern: Der Direktor des Gabelsberger Gymnasiums wird wohl nach den Ferien nicht in seinem Büro sein.

Der Direktor des Gabelsberger Gymnasiums wird wohl nach den Ferien nicht in seinem Büro sein.

  • Gegen den Direktor des Gabelsberger-Gymnasiums in Mainburg läuft ein Disziplinarverfahren.
  • Der 48-Jährige war im März wegen Untreue in drei Fällen rechtskräftig zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden - in dem Prozess ging es um illegale Geldtransaktionen.
  • An der Schule herrscht schlechte Stimmung - die Schüler haben den Rektor sogar von ihrer Abiturfeier ausgeladen.

Von Anna Günther, Mainburg

Wenn die Schüler und Lehrer des Gabelsberger-Gymnasiums in Mainburg am Montag nach den Ferien in die Schule kommen, wird ihr Direktor wohl nicht da sein. Die Landesanwaltschaft hat Max L. vorläufig des Dienstes enthoben. Ob er an die Schule zurückkehrt, hängt vom Verlauf des Disziplinarverfahrens ab. Für viele in der Schulfamilie dürften das gute Nachrichten sein, denn die Stimmung am Gymnasium hatte zuletzt sehr gelitten.

Seit Ende März ist der 48-jährige L. wegen Untreue in drei Fällen rechtskräftig zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Die Untersuchung der Landesanwaltschaft ist noch nicht abgeschlossen, aber offenbar bekam auch die Disziplinarbehörde etwas von der schlechten Stimmung in der Hallertau mit. Denn ein Beamter wird nur dann vorläufig des Dienstes enthoben, wenn die Landesanwaltschaft davon ausgeht, dass die Person den laufenden Betrieb stört und nach Abschluss des Disziplinarverfahrens den Beamtenstatus verliert. "Beide Voraussetzungen liegen hier vor", sagte Oberlandesanwalt Robert Kirchmaier auf SZ-Anfrage.

Wer sich zuletzt am Mainburger Gymnasium umhörte, stieß immer wieder auf die gleichen Geschichten - über miserable Informationspolitik, eine Spaltung der Schulfamilie, anonyme Briefe und Anweisungen, unbedingt den Schein zu wahren. Schließlich schlossen die Abiturienten den Schulleiter von ihrer Abschlussfeier aus, weil sie aus seiner Hand nicht ihre Zeugnisse entgegennehmen wollen. Das wird nun der Stellvertreter übernehmen, wie schon die Betreuung der Abiturprüfungen.

Wegen 37 Fällen illegaler Geldtransaktionen musste der Direktor sich im April 2016 vor dem Landshuter Amtsgericht verantworten. Verurteilt wurde er letztlich wegen drei Taten. Einen Berufungsantrag vor dem Landgericht Landshut hat der Direktor Ende März 2017 zurückgezogen und damit das Urteil des Amtsgerichtes akzeptiert.

Laut dem zuständigen Richter Markus Knoblach kommt dies einem Geständnis gleich. Die Vorfälle ereigneten sich am Maristen-Gymnasium in Furth bei Landshut. An dieser Privatschule der Schulstiftung der Erzdiözese Regensburg war L. von 2007 bis 2014 Schulleiter und sollte ein "Klassenfahrt-Konto" verwalten, auf das Geld für Exkursionen oder Erlöse aus dem Pausenverkauf sowie von anderen Events eingezahlt wurden.

Mit den Finanzen überfordert?

Vor dem Amtsgericht stellte L. sich als mit der Finanzverwaltung überfordert dar und gab an, er hätte den Kontostand niedrig halten müssen und die Überschüsse nicht überweisen dürfen, um die Gemeinnützigkeit der Schulstiftung nicht zu gefährden. Stattdessen parkte L. Geld auf den Konten seiner Kinder oder ließ seine Sekretärin Geld für die Schulstiftung abheben, das dort nie ankam.

Die Stiftung bezahlte etwa einen neuen Schulbus komplett, obwohl L. dafür 10 000 Euro vom Klassenfahrtkonto abheben ließ. Die Summe ging stattdessen auf L.s Privatkonto ein. Dem Bistum Regensburg war L.s kreativer Umgang mit den Finanzen offenbar bekannt. Denn kurz vor seinem Abschied nach Mainburg wurde ihm eine Liste seiner Buchungen präsentiert. L. überwies 71 000 Euro an die Schulstiftung - und erstattete Selbstanzeige.

Kein "rühriger Lehrer" mit offener Tür

Zum Amtsantritt in Mainburg im Februar 2014 präsentierte er sich der Lokalzeitung als lockerer "Direx", dem Mathe am Herzen liegt und der das Konzept der offenen Tür pflegen will. Seine Zeit am Maristen-Gymnasium nennt L. eine "interessante Erfahrung", im Artikel wird er als "rühriger Lehrer" beschrieben. Die Realität sieht offenbar anders aus: Schüler, Eltern und Lehrer des staatlichen Gymnasiums in Mainburg erfuhren 2016 aus den Medien von L.s Finanztransaktionen und dem Prozess.

Bis heute, 14 Monate nach dem Urteil des Amtsgerichts und zehn Wochen nach der Berufungsverhandlung, hat L. sich trotz Bitten der Schüler und eines anonymen Briefes mit entsprechenden Fragen am Gymnasium nicht offiziell zu den Vorfällen geäußert. Wegen dieses Schweigens brodelt die Gerüchteküche. Besonders die moralische Situation sei sehr belastend, sagen Insider. Denn wie sollen Lehrer den Kindern ethische Grundsätze und Moral vermitteln, wenn der Direktor sich selbst nicht daran gehalten habe - und bis heute kein Schuldbewusstsein zeige. Weder L. noch sein Stellvertreter waren für eine Stellungnahme zu erreichen.

Betroffene sagen, dass dieses Schweigen typisch sei und der Umgang mit L. auch vor dem Prozess schwierig war: L. sorge sich mehr um seine Wirkung als um das Wohl der Schule und wolle verhindern, dass schlechte Nachrichten nach außen dringen. Er gilt als Überflieger, der schon mit Ende 30 Lehrpläne mitgestaltet hatte, im Ministerium tätig war und viel früher als die meisten Amtskollegen Schulleiter wurde. In Mainburg fiel er laut Beobachtern dadurch auf, dass er in der dritten Person von sich, dem Direktor, spricht, seine Fotos retuschieren lässt und eine Abiturrede mehrmals hält, weil er seine Worte so gelungen findet.

"Wenn er weiter so tut, als sei nichts passiert und der Konflikt weiterschwelt, wäre das der worst case für die Schule. Dabei haben wir eigentlich eine so tolle Gemeinschaft", sagt Schülersprecher Felix Groll. Der 18-Jährige hofft auf eine Erklärung, denn die 1100 Schüler leiden unter der schlechten Stimmung. Wegen L.s "Führungsstil" beschlossen drei Viertel der 170 Abiturienten vor Wochen, ihren Direktor von der Abiturfeier auszuschließen. "Dafür wurden wir sogar noch angefeindet", sagt Groll. Was bleibt, sind Fragen, mit denen nun Lehrer und Schüler auf der Straße konfrontiert werden: Wie konnte der Direktor nach den Geschehnissen in Furth wieder eine Schulleitung bekommen? Und wieso war er noch Wochen, nachdem das Urteil rechtskräftig wurde, im Amt?

Im Kultusministerium will man erst nach L.s Wechsel nach Mainburg von seinen Finanztransaktionen erfahren haben. Laut einem Sprecher hat der Direktor das Ministerium schließlich selbst informiert, "längere Zeit vor der üblichen Mitteilung durch die Staatsanwaltschaft". Dass nicht gleich gehandelt wurde, begründet man im Ministerium damit, dass die Landesanwaltschaft für Disziplinarverfahren zuständig ist und bis zum rechtskräftigen Urteil die Unschuldsvermutung galt. Außerdem seien "im Hinblick auf die Finanzen des Gabelsberger-Gymnasiums Mainburg wirksame Maßnahmen" getroffen worden, "die ein Handeln, wie es dem Strafurteil zu Grunde liegt, ausschlossen".

Wie lange das Disziplinarverfahren noch läuft, wollte Oberlandesanwalt Kirchmaier nicht sagen. Ob der Direktor seinen Beamtenstatus verliert, wird das Verwaltungsgericht Regensburg entscheiden. L. könnte dort gegen die vorläufige Amtsenthebung vorgehen. Bis Dienstagnachmittag lag kein entsprechender Antrag vor.

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