Süddeutsche Zeitung

Gemeinsames Papier:Niederbayerische Landräte wollen kein Endlager

Das Granitgestein im Bayerischen Wald sei ihrer Ansicht nach ungeeignet. Das Pikante daran: Erst am Montag wird offiziell, ob die Region als potenzieller Endlager-Standort überhaupt in der Debatte bleibt.

Von Christian Sebald

Im Streit um die Suche nach einem Endlager für die hochradioaktiven Abfälle aus den deutschen Atomkraftwerken bekriegen sich die Lokalpolitiker in Niederbayern nun mit Resolutionen. So haben die neun niederbayerischen Landräte in einem gemeinsamen Papier bekräftigt, dass sie das Granitgestein im Bayerischen Wald, insbesondere nahe der kleinen Gemeinde Saldenburg, für ungeeignet für das Endlager halten und die Region deshalb "frühzeitig" aus der Diskussion ausgenommen werden müsse.

Die Grünen konterten prompt mit einem entsprechenden Papier. Ihr Landeschef Eike Hallitzky, der Mitglied des Kreistags im Landkreis Passau ist, verlangt darin, die Entscheidung für einen Endlager-Standort auf "Basis wissenschaftlicher Untersuchungen und nicht aufgrund kurzfristiger Parteipolitik" zu treffen. Das Papier soll nach Hallitzkys Willen im Passauer Kreistag beschlossen werden.

Das Pikante an dem Streit ist, dass die Lokalpolitiker - zumindest derzeit - noch über ungelegte Eier streiten. Denn es wird erst am Montag offiziell, ob der Bayerische Wald und weitere Regionen im Freistaat als potenzielle Endlager-Standorte in der Debatte bleiben. Dann veröffentlicht die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), die mit der Suche nach dem Endlager-Standort beauftragt ist, alle Regionen in Deutschland, die aus ihrer Sicht auf keinen Fall dafür in Frage kommen. Anders gesagt: Aus dem Zwischenbericht sind die Regionen ablesbar, in denen die Möglichkeiten für ein Endlager weiter untersucht werden sollen. Auch wenn kein Experte und kein Kommunalpolitiker derzeit Genaues weiß, so rechnen doch viele damit, dass Ostbayern, aber auch große Teile Frankens betroffen sein werden.

"Deshalb ist es aber wichtig, dass wir uns frühzeitig positionieren", sagt der Deggendorfer Landrat und Vorsitzender des Landkreistags, Christian Bernreiter (CSU). In ihrem Papier berufen sich er und seine niederbayerischen Kollegen darauf, dass die Bundesanstalt für Geowissenschaften dem ostbayerischen Granitgestein bereits 2007 die Eignung für ein Endlager abgesprochen hat. Als Gründe nannte die Behörde damals, dass der Granit zerklüftet und teilweise undicht sei. Bernreiter und seine Kollegen nennen es deshalb "vollkommen unverständlich, wenn in der aktuellen Endlager-Diskussion wissenschaftliche Ergebnisse, die bereits vorliegen, wieder beiseite geschoben werden".

Grünen-Chef Hallitzky hält dagegen, dass die Endlager-Suche völlig neu begonnen und 2017 ausdrücklich auch Granitgestein in den Suchprozess aufgenommen worden ist - und zwar mit den Stimmen der CSU im Bundestag und im Bundesrat. Deshalb müssten nun auch die CSU und die Freien Wähler akzeptieren, dass potenzielle Endlager-Standorte in Bayern weiter untersucht werden. "Von vorneherein eine wissenschaftliche Untersuchung bestimmter Gebiete durch populistische Erklärungen ausschließen zu wollen, lehnen wir als unseriös ab", sagt Hallitzky, "auch weil dadurch der Suchprozess in Gefahr gerät." Das gelte auch für den Koalitionsvertrag von CSU und FW, in dem sie bekräftigt haben, dass Bayern nicht für ein Endlager in Frage komme.

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SZ vom 25.09.2020/syn
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