Neues Bündnis:"Gefährliche Zündelei"

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Soziales Netz kritisiert Regierung für Asyl- und Sozialpolitik

Das Soziale Netz Bayern - ein Zusammenschluss von 16 Organisationen - hat am Freitag eindringlich davor gewarnt, die Not der Flüchtlinge gegen andere sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen im Freistaat auszuspielen. "Ich fordere hier mehr Sachlichkeit", sagte Ulrike Mascher, Vorsitzende des Sozialverbandes VdK, mit Blick auf die Staatsregierung. Diese betreibe in Person des Ministerpräsidenten Horst Seehofer momentan eine "gefährliche Zündelei". Matthias Jena, Chef des DGB Bayern, appellierte an die bayerische Politik, "Ängste aufzugreifen, aber nicht zu schüren". Die derzeitigen Parolen gingen oft in eine Richtung, der sich die im Netz vereinten Organisationen, darunter auch die Caritas, die Arbeiterwohlfahrt und das Bayerische Rote Kreuz, entschieden entgegenstellen. "Wir als Soziales Netz Bayern sagen es ganz klar: Wer jetzt das Asylrecht schleifen will und eine Obergrenze fordert, verstößt gegen das Grundgesetz", betonte Jena. Für das Asylrecht gebe es keine Obergrenze.

Die angespannte soziale Lage ärmerer Bevölkerungsgruppen, so sagte Mascher, habe nichts mit der akuten Flüchtlingssituation zu tun. Vielmehr werde angesichts der Krise klar, "wie groß die Versäumnisse der Sozialpolitik in den letzten Jahren waren. Und die fallen uns jetzt auf die Füße", sagte Mascher. Deutlich werde dies insbesondere beim sozialen Wohnungsbau. "Grund der Wohnungsknappheit ist der systematische Rückzug des Staates oder von Wohnungsbauträgern aus dem sozialen Wohnungsbau", heißt es in der Proklamation des Sozialen Netzes. Von 1999 bis 2014 habe sich der Bestand an Sozialwohnungen von 250 000 auf 130 000 nahezu halbiert. Zudem würden auch jahrelange Defizite in der Kinderbetreuung oder im schulischen Bereich offenbar.

Jena betonte, es sei gar keine Frage, dass die hohe Anzahl an Flüchtlingen das Gemeinwesen vor "enorme Herausforderungen" stelle. Aber: "Angesichts des enormen Reichtums in unserem Land ist es schäbig, wenn Flüchtlinge als angeblicher Grund für leere Haushaltskassen vorgeschoben werden, oder dass sie als Scheinargument missbraucht werden, wenn irgendwelche öffentlichen Mittel gekürzt werden, die überhaupt nichts mit Flüchtlingen zu tun haben." Das schüre nur Vorurteile und weitere Ängste.

Um zu verhindern, dass es zu Rivalitäten unter den Hilfsbedürftigen komme, seien gewaltige Investitionen vonnöten, das Geld dafür sei da. Zu den Forderungen des Sozialen Netzes gehören ein weit höheres Engagement im sozialen Wohnungsbau, die Öffnung des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes für Flüchtlinge mit Bleiberecht sowie eine Sozialpolitik, die bei den Einheimischen Verlustängste und Konkurrenzdenken erst gar nicht aufkommen lasse. Zugleich kündigte Jena an, das Soziale Netz werde es nicht zulassen, dass Flüchtlinge mit Dumpinglöhnen abgespeist werden.

© SZ vom 24.10.2015 / dm - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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