Neuer Verdacht im BayernLB-Skandal:Ein Brief, der nach Geld riecht

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Die Manager der Hypo Alpe Adria haben angeblich die Bilanz gefälscht. Schadenersatzforderungen der bayerischen Regierung sind nun aussichtsreicher - auch dank eines kurzen Briefes. Womöglich lässt sich viel Geld aus Österreich zurückholen.

Klaus Ott

Es ist ein kurzer Brief, der in der Affäre um Bayerns Landesbank und die österreichische Hypo Alpe Adria noch eine besondere Rolle spielen wird. Das Schreiben besteht aus drei Sätzen, und gerade mal sechs Zeilen. Diese Zeilen dürften für die Landesbank und Bayerns Bürger viele Millionen wert sein, wenn nicht gar einige Milliarden Euro. Denn mit diesem Papier hatte die in Kärntens Hauptstadt Klagenfurt ansässige Hypo Group Alpe Adria (HGAA) am 22. Mai 2007 versichert, man habe die BayernLB korrekt über den Zustand der HGAA informiert.

Es strotzt wieder ein wenig vor Kraft: der Löwe vor der Zentrale der Bayerischen Landesbank in München. (Foto: Matthias Schrader/dpa)

Unterschrieben war diese Zusicherung vom damaligen Vorstandschef Siegfried Grigg und vom Risikovorstand Wolfgang Peter, adressiert war das Dokument an die Rechtsabteilung der Landesbank. Die BayernLB kaufte daraufhin am selben Tag die Hypo Alpe für 1,7 Milliarden Euro, pumpte zwei Milliarden Euro in die Kärntner Bank hinein und verlor am Ende alles.

Womöglich lässt sich aber viel Geld aus Österreich zurückholen, insbesondere vom Land Kärnten, dem die HGAA früher gehörte. Denn inzwischen gibt es viele Hinweise, dass die Hypo Alpe Adria ihre Lage beschönigt, wenn nicht gar falsch dargestellt hat. Die Landesbank lässt auf Betreiben von Bayerns Regierung derzeit prüfen, in welcher Höhe Schadenersatz geltend gemacht werden kann.

Hilfreich sind dabei ausgerechnet Ermittlungen der Klagenfurter Staatsanwaltschaft, die dem Verdacht auf Betrug beim Verkauf der HGAA nachgeht. So prüfen die Ermittler nicht nur, ob die Bankmanager Kredite ohne ausreichende Sicherheiten vergeben haben - sondern es geht, so der jüngste Verdacht, auch um mögliche Bilanzfälschung.

So hat die meist klamme Hypo Alpe Adria im Jahr 2006 eine Kapitalerhöhung durchgeführt, die möglicherweise keine war. Sie hat dazu Vorzugsaktien an prominente Industrielle verkauft. Gut 150 Millionen Euro kamen so zusammen, die als Eigenkapital gewertet wurden.

Die Bank sicherte den neuen Aktionären zugleich heimlich zu, dass sie ihre Papiere später gut verzinst, also mit Gewinn, wieder an die HGAA zurückgeben können. So kam es auch. Die gut 150 Millionen Euro waren also nur geborgt und hätten gar nicht als Eigenkapital in der Bilanz ausgewiesen werden dürfen.

Die Profiteure dieses Deals sind in einer Investorenliste notiert, die inzwischen der Klagenfurter Staatsanwaltschaft vorliegt. Diverse österreichische Industrielle und Privatstiftungen sind dabei, und in den Zeilen 22, 28 und 37 steht ein Name, der auch außerhalb der Alpenrepublik bestens bekannt ist: Flick.

Ministerpräsident Horst Seehofer und die Regierung sind zuversichtlich, dass die Landesbank einen Teil ihrer Verluste bei der Kärntner Hypo Group Alpe Adria ersetzt bekommt. (Foto: seyboldtpress.de)

Die Flicks zählen zu den reichsten Familien in Deutschland und Österreich. Milliardärswitwe Ingrid Flick hatte selbst und über die Flick-Stiftung in die Hypo Alpe Adria investiert. Ingrid Flick ist bekannt mit dem früheren HGAA-Chef Wolfgang Kulterer, die Flick-Stiftung hat ihn als Stiftungsvorstand angeheuert. Die Hintergründe der möglichen Bilanzfälschung werden derzeit von den Staatsanwälten untersucht.

Die Zusage vom 22. Mai 2007, die HGAA habe alles auf den Tisch gelegt, wird dabei zum entscheidenden Dokument, denn sie war offenbar falsch. Was, so fragen sich die Ermittler, wussten die Unterzeichner wirklich über den Zustand ihrer Bank und das seltsame Geschäft? Kulterers Nachfolger Grigg hat möglicherweise im gutem Glauben unterschrieben, denn er war nur kurz in der Bank tätig.

"Ganz aussichtsreich"

Aber Risikovorstand Peter dürfte im Bilde gewesen sein. Er ist inzwischen gefeuert worden, eine Schadenersatzklage des neuen HGAA-Vorstands in Millionenhöhe wegen einer mutmaßlich kriminellen Kreditvergabe auf dem Balkan hat er schon am Hals. Auch Kulterer, der in Untersuchungshaft sitzt, wird von seiner einstigen Bank verklagt. Weitere Forderungen der HGAA gegen das Ex-Management sollen folgen, auch wegen einer offenkundigen Bilanzfälschung.

Was die BayernLB und Bayerns Bürger aus Österreich zurückbekommen, werden am Ende wohl die Gericht entscheiden. Das Land Kärnten will keinen Schadenersatz zahlen. Landeshauptmann Gerhard Dörfler verweist darauf, dass der BayernLB viele Risiken bekannt gewesen seien. Der damalige Bankvorstand hatte in der Tat von vielen Risiken gewusst und die HGAA trotzdem übernommen, mit Billigung des Verwaltungsrats, in dem prominente CSU-Politiker saßen.

Bayerns Regierung ist zuversichtlich, einen erheblichen Betrag aus Österreich kassieren zu können. Die ersten Ergebnisse der von der Landesbank eingeschalteten Anwälte klängen "ganz aussichtsreich", heißt es in der Regierung.

© SZ vom 18.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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