Neuer Minister:Hoffen auf gutes Klima

Erste Sitzung des neuen Kabinetts

Im Landtag hat sich der Architekt Thorsten Glauber (FW) in den letzten Jahren mit Wirtschaft und Bau beschäftigt. Als Minister muss er nun zeigen, dass er auch Umwelt kann.

(Foto: Tobias Hase/dpa)

Umweltverbände kennen Thorsten Glauber zwar meist noch nicht, doch sie zeigen sich optimistisch

Von Anton Rainer

Gute Marathonläufer zeichnen sich dadurch aus, dass sie es selten eilig haben. Mögen andere an die Spitze sprinten und sich viel zu schnell verausgaben, der Marathonläufer lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Ihn bringt die Ausdauer ans Ziel. In seiner Freizeit ist Thorsten Glauber einer von ihnen, er läuft die 42 Kilometer in dreieinhalb Stunden. Aber auch die letzten zehn Jahre als Oppositionspolitiker dürften ihm einiges an Ausdauer abverlangt haben. Seit Anfang dieser Woche ist er nun endlich am Ziel. Am Montag wurde der 48-jährige Abgeordnete der Freien Wähler als Umweltminister vereidigt. Erstmals seit seiner Einführung im Jahr 1970 wird das Ministerium nicht von der CSU geführt. Ein Coup für den Koalitionspartner, der viele Umweltverbände aber erst mal überrascht hat.

"Wir haben natürlich bedauert, dass Marcel Huber nicht mehr in der Regierung ist", sagt Richard Mergner, Vorsitzender vom Bund für Umwelt und Naturschutz, "er hat sich glaubwürdig für unsere Themen eingesetzt, der Koalitionsvertrag trägt seine Handschrift." Vor allem aber hatte man beim BUND ein ähnliches Problem wie in vielen anderen Vereinigungen: Man war dem Neuen schlicht noch nie begegnet. "Ich weiß wie die meisten relativ wenig von ihm", sagt Norbert Schäffer, Vorsitzender des Landesbunds für Vogelschutz, "er ist im Bereich Natur und Umwelt bisher nicht aufgefallen." Man kenne ihn leider nicht, heißt es auch vom Bauernverband, beim Alpenverein habe man sich immerhin schon mal "seine Webseite angeschaut". Dabei dürfte Thorsten Glauber in den kommenden Jahren wie kein anderer die öffentliche Wahrnehmung von Markus Söders Kabinett prägen. Die meisten Naturschützer sind sich darüber einig, dass aus dem einstigen Mauerblümchen-Ministerium ein mittlerweile durchaus mächtiges Amt geworden ist. "Mit dem Wissen, dem Geld und dem gesellschaftlichen Rückenwind, die er heute zur Verfügung hat", sagt Norbert Schäffer, "kann so ein Minister tatsächlich Geschichte schreiben."

Vieles von dem, womit sich in Bayern Geschichte schreiben ließe, haben die Koalitionspartner mehr oder weniger konkret bereits in ihren Vertrag gepackt: die Reduzierung von Pestiziden in der Landwirtschaft zum Beispiel, eine CO₂-Steuer gegen den Klimawandel, weitere Windkrafträder und eine Stärkung des Alpenplans.

Mindestens genauso interessant fanden viele Umweltschützer aber auch, was in dem Dokument explizit nicht erwähnt wird. Die Abschaffung der 10-H-Regel etwa, die den Mindestabstand von Windrädern von bewohnten Häusern regelt. Im Wahlkampf noch hatte der Energie-Experte Glauber gegen die Regelung gewettert, das Thema Windenergie in Bayern habe sich dadurch "faktisch erledigt". So verhindere die Staatsregierung "den sukzessiven Ausbau der Windenergie", weil schlicht keine neuen Anlagen geplant werden. Von einer Abschaffung der Regel liest man im Koalitionsvertrag heute nichts, dennoch versprach Glauber im Bayerischen Rundfunk neue Windräder. Bei den Umweltverbänden rätselt man, wie der Minister diesen Widerspruch auflösen will. "Wir erwarten", hofft Richard Mergner vom BUND, "dass hier Politik gestaltet wird."

Über andere Nicht-Themen zeigen sich die Naturschützer hingegen erleichtert. "Was Biber und Wolf angeht", sagt Mergner, "sind wir froh, dass beide im Koalitionsvertrag nicht auftreten." Man denke nur an die Alternativen: Ein Vorstoß auf EU-Ebene, um den Schutzstatus zu lockern, hätte die Bauern vermutlich glücklich gemacht, so liegt das Thema zumindest vorübergehend auf Eis.

"Man sollte sich nicht zu viel Gedanken machen über Sätze, die drinstehen oder nicht", sagt Georg Wimmer, Generalsekretär des Bauernverbands, "wichtig ist, dass Wolfs- und Weidewirtschaft nicht zusammenpassen." Bleibt der Alpenverein, der zwar mit Argusaugen über die angekündigte Entschärfung der Skischaukel am Riedberger Horn wacht ("Das sollte keine Alpen-Inszenierung werden"), über die angekündigten Maßnahmen gegen den Klimawandel - Stichwort Permafrost und Gletscherschwund - aber sehr glücklich ist.

Glaubt man den Experten vom BUND, ist es aber ein im Vergleich weniger bekanntes Problem, das zu Thorsten Glaubers erstem Prüfstein werden könnte: ein Projekt, das vor seiner Haustür liegt. "Im Landkreis Forchheim, wo Glauber wohnt, ist eine vierspurige Straße durchs Wiesenttal geplant", sagt Richard Mergner, "ein guter Umweltminister würde sich dagegen einsetzen."

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