Neuer Bayern-Krimi im ZDF:Berge, Bauern, Bösewichte

Ein grattliger Kommissar aus Bayern, ein seltsamer Kollege aus Norddeutschland, dazu jede Menge Kühe, Berge und ein Mord - und fertig ist der perfekte Oberbayern-Krimi. Das ZDF rührt aus altbewährten Klischees eine neue Serie zusammen. Seltsam nur, dass die Polizisten "Cops" genannt werden.

Heiner Effern

Ein Bauernhof im Voralpenland, der zum Verkauf steht. Ein Mountain-Biker, der tot am malerischen Berg liegt. Ein einheimischer Kommissar, der mehr oder weniger Dialekt spricht, stur oder seltsam ist und am besten noch selbst auf dem Bulldog fährt, wie der Traktor in einer Serie mit Bayern-Kolorit natürlich heißt. Und ein Kollege aus Norddeutschland, wahlweise schüchtern, fremdelnd, staunend, der den immer witzigen Kulturkampf austragen muss.

The summit cross on Germany's highest mountain Zugspitze is pictured in front of the panorama of the Austrian Alps near Garmisch-Partenkirchen

Im ZDF ermitteln die Rosenheim Cops seit zehn Jahren. Die Zutaten für diese und ähnliche TV-Krimis sind simpel: Es braucht einen grattligen Kommissar, ausreichend Fleckvieh und natürlich einen Mord. Seltsam nur, dass die Polizisten "Cops" genannt werden. Das sagt hier kein Mensch.

(Foto: REUTERS)

Aus solchen Klischees rührt das ZDF in der Krimi-Serie Rosenheim-Cops ein Bayern-Bild zusammen, das den Zuschauern so gut gefällt, dass sich die Kreativen des Senders nun für eine Vervielfältigung entschieden haben: Die Rosenheim-Cops bekommen Brüder, nämlich die Garmisch-Cops. Die ersten zehn Folgen werden vom kommenden Dienstag an gedreht.

Die Kriminalisierung Oberbayerns ist nun also der neueste Coup des ZDF. "Ähnlichkeiten der beiden Formate sind durchaus beabsichtigt, die bayerischen Cops werden nun zu einer richtigen Marke", sagte der zuständige Redakteur Johannes Frick-Königsmann.

Deshalb schien es dem ZDF nahezuliegen, dieselbe Produktionsfirma mit der Serie zu beauftragen, denselben Produzenten und auch noch einige Drehbuchautoren, die schon Rosenheimer Morde auf den Bildschirm brachten. Das Pendant zum Inntal-Cop Korbinian Hofer (Joseph Hannesschläger) wird in Garmisch Anton Wölk heißen (Thomas Unger). Den norddeutschen Kollegen Robert Bähr gibt im Werdenfelser Land der Schauspieler Jan Dose.

Was für ein Potential diese Idee noch hat, zeigt ein Blick auf die Karte des Alpenvorlandes, in dem noch einige Perlen brachliegen. Man denke etwa an Tegernsee-Cops für Schicki-Micki-Morde in Villen. Oder an Altötting-Cops für die Abgründe im Katholizismus, die sich im Wallfahrer-Milieu rund um die schwarze Madonna in Szene setzen ließen. Reichenhall böte die Bühne für Kurschattenkiller und einige Ausflüge ins Salzburgerische.

Diesem Modell sind also fast keine Grenzen gesetzt, nur Bad Tölz ist leider schon besetzt. Hier hat schließlich der Urvater des bärbeißigen, heimatverwurzelten, etwas seltsamen Kommissars seine Heimat, Ottfried Fischer, der in Sat 1 als Benno Berghammer wenigstens noch Bulle heißen durfte.

Hemmung vor dem Klischee beim Bayerischen Rundfunk

Dass der ZDF-Zuschauer von alpiner Idylle durchs Leben begleitet wird, etwa durch Bergdoktoren, daran hat er sich gewöhnt. Wie magisch die Alpen und ihre Städtchen das ZDF neuerdings anziehen, sieht man auch daran, dass der Sender die eh schon unter dem Verdacht der Benachteiligung stehende Bayerwald-Region gnadenlos ausbootete. Das Forsthaus Falkenau musste vom Mittelgebirge umziehen in "das liebliche oberbayerische Voralpenland und die fast karibisch anmutende Seenregion rund um Starnberger- und Ammersee" (Eigenwerbung ZDF).

Am Ende hat Monika Gruber nur versehentlich eine Comedy-Show im Abendprogramm bekommen, weil sich für eine Serie Erding-Cops weder eine passende Berglandschaft noch ein schüchterner norddeutscher Schauspieler fand, der neben einer dialekt-feuernden, einheimischen, sturen Kommissarin spielen wollte.

Doch nicht nur das ZDF, auch die ARD reitet im Vorabendprogramm die Bayernwelle, obgleich mit anderem Zugang. Die Franz Xaver Bogner Serie "München 7" (übrigens auch mit Monika Gruber) hat ebenso im Vorabendprogramm einen Platz gefunden wie "Hubert und Staller" aus Wolfratshausen.

Ende März begannen dort und in Münsing am Starnberger See die Dreharbeiten für die zweite Staffel. In letzterer Serie ermittelt auch ein Duo, allerdings ohne Nord-Import. Dass in der ARD nicht auch der Kampf der Kulturen ausbricht, liegt wohl an der Verwurzelung des Bayerischen Rundfunks, der mehr Hemmung vor dem Klischee in sich trägt.

Bayern-Krimi, das funktioniert: Regelmäßig etwa vier Millionen Zuschauer sehen die Rosenheim-Cops, die seit zehn Jahren im ZDF ermitteln. Auch Kommissar Korbinian Hofer steht deshalb für neue Folgen vor der Kamera, darunter wird die 250. Ausgabe der Serie sein.

Dass als Ableger der Rosenheimer die Garmischer das Rennen machten, könnte nicht nur an den zweifellos herausragend schönen Gipfeln rund um die Zugspitze liegen, auch wenn die ZDF-Ankündigung den Dreiklang "weißblauer Himmel, schneebedeckte Berge und grüne Almwiesen" spielt.

Bei der gemeinsamen Bewerbung mit München um die olympischen Winterspiele 2018 bewiesen die Garmischer und Partenkirchener der Nation hinreichend, dass ihre eigenständigen Charaktere auch im wirklichen Leben Stoff für Intrigen bis hin zu Morddrohungen hervorbringen. Vermutlich ahnen die Verantwortlichen in Mainz noch gar nicht, dass der Serien-Name Garmisch-Cops unter Weglassung des Ortsteils Partenkirchen genügend Zündstoff für einen Krimi bietet. Im wirklichen Leben.

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