Innenminister Joachim Herrmann hatte den Termin fest eingeplant. Am Mittwochabend wollte er im Haus der Architektur in München den Preis für Baukultur vergeben. Schließlich war der Bauminister geladen. Noch in der Früh aber sagte Herrmann den Termin ab, trotzig, wie manche meinen.
Da wusste Herrmann schon, er war die längste Zeit Bauminister gewesen. Auch den Verkehr musste er nach fünf Jahren abgeben. Ministerpräsident Markus Söder schrumpfte sein einstiges Superministerium zu einem gewöhnlichen Innenministerium zusammen. Vorbei die Zeit der Spatenstiche und Baggerfahrten, der Großprojekte wie dem Konzertsaal und der zweiten Stammstrecke. Vorbei auch die Zeit, in der Herrmann vorne beim Lokführer mitfahren durfte, für den Besitzer einer Modelleisenbahn sicher ein ganz besonderes Vergnügen.
Vielmehr noch aber schmerzt Herrmann wohl, dass er mit Bau und Verkehr ein Riesenbudget und sechs Abteilungen abgeben muss. Er bekommt dafür natürlich auch etwas. Söder teilte seinem Ministerium die Themen Asyl und Integration vom Sozialministerium zu. Für sechs Abteilungen bekam Herrmann eine zurück. Manche würden es einen ungünstigen Deal nennen. Andere stört etwas ganz anders. Vor allem Wohlfahrtsverbände und Asylhelfer befürchten Schlimmes, wenn der "schwarze Sheriff" Herrmann jetzt auch für die Integration zuständig sein soll.
Auch in der CSU gibt es einige, die mit der bisherigen Aufteilung zufrieden waren. Mit dem Sozialministerium als Kümmerer und dem Innenministerium als harte Hand seien die verschiedenen Wählergruppen der CSU gut abgedeckt gewesen, heißt es. Söder aber wollte ein anderes Signal senden. Herrmann kümmert sich in Zukunft um die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen, das Asylbewerberleistungsgesetz und die Migrationsberatung. Zudem soll er die Integrationsaufgaben der anderen Ministerien koordinieren.
Aufgaben, die nach Ansicht der Wohlfahrtsverbände nicht gerade zum Innenministerium passen. Integration sei keine primär ordnungspolitische Aufgabe, sagt Michael Bammessel, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege Bayern. Wenn die Staatsregierung Zugewanderte vor allem als Sicherheitsthema sehe, sei das "ein unheilvolles Signal des Misstrauens". Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat befürchtet, dass Integrationspolitik dem alleinigen Ziel der Abschreckung und Abschiebung untergeordnet wird. Zu seinen Ängsten gehört, dass Herrmann den Druck erhöht, um Asylbewerbern Leistungen zu kürzen und die Migrationsberatung zu einer reinen Rückkehrberatung wird.
Die Opposition betont, Integration gelinge über Sprache, Bildung, Arbeit und sei beim Innenministerium nicht richtig verortet. Bammessel von der Wohlfahrtspflege fordert von Herrmann, "sich nicht durch ausgrenzende Law-and-Order-Politik zu profilieren, sondern die Voraussetzungen für echte Integration zu verbessern." Selbst in der CSU mahnt der Sozialpolitiker Joachim Unterländer, eine Asylpolitik aus einem Guss sei sinnvoll, die Integration aber dürfe dabei nicht verloren gehen.
Es sei ihm schon ernst mit der Integration, sagt Herrmann am Donnerstag im Landtag: "Die Zehntausende von anerkannten Flüchtlingen müssen wir in den Arbeitsmarkt integrieren." Es ist sein Ziel, dass anerkannte Asylbewerber schon in den Ankunftszentren mit dem Jobcenter in Kontakt kommen. Herrmann verspricht einen menschenwürdigen Umgang, klar sei aber auch: "Wer nicht anerkannt ist, muss das Land so schnell wie möglich verlassen."