Süddeutsche Zeitung

Neue Vorwürfe gegen Bischof:Mixa und der ominöse Kunsthandel

Wofür braucht ein Waisenhaus einen teuren Kupferstich? Der Augsburger Bischof Walter Mixa soll Stiftungsgelder zweckentfremdet haben.

Stefan Mayr

Der Augsburger Bischof Walter Mixa ist jetzt auch unter Verdacht geraten, Geld der Katholischen Waisenhausstiftung Schrobenhausen nicht dem Stiftungszweck entsprechend verwendet zu haben. Mixa war von 1975 bis 1996 Stadtpfarrer von Schrobenhausen und Vorsitzender der Kuratoriumsstiftung. In dieser Zeit soll Mixa aus Stiftungsvermögen für das Pfarrhaus antike Möbel und Bilder im Wert von angeblich 70.000 Mark angeschafft haben.

Wie der Donaukurier berichtet, soll sich unter den Wertgegenständen ein Kupferstich von Giovanni Battista Piranesi (1720 - 1778) aus der römischen Basilika St. Peter im Wert von 43.000 Mark befunden haben. Die Gegenstände seien zunächst im Pfarrhaus verblieben, nachdem Mixa 1996 zum Bischof von Eichstätt berufen wurde. Später hätten ihm Vertreter der Stiftung die Gegenstände nach Eichstätt gebracht und den Bischof aufgefordert, das Geld an die Stiftung zurückzuzahlen.

"Finanzielle Unregelmäßigkeiten"

Es soll eine Ratenzahlung vereinbart worden sein. Der Ingolstädter Rechtsanwalt Sebastian Knott, der von der Waisenhausstiftung vergangene Woche als Sonderermittler eingesetzt wurde, um Misshandlungsvorwürfe gegen Schwestern und den früheren Stadtpfarrer Mixa in dem Kinderheim aufzuklären, hatte am Freitag von "finanziellen Unregelmäßigkeiten" bei der Stiftung berichtet. Bischof Mixa will sich zu den Vorwürfen an diesem Montag erklären.

Unklar ist weiterhin, ob es sich bei dem 43.000 Mark teure Stich tatsächlich um ein Original des namhaften Grafikers gehandelt hat. Wesentlich bedeutsamer ist jedoch die Frage, wofür ein Kinderheim in Schrobenhausen einen so wertvollen Kupferstich aus dem 18. Jahrhundert braucht. Das Bistum Augsburg hat sich zu dieser Frage bislang nicht geäußert.

Mixas Medienchef Dirk Hermann Voß verwies darauf, dass die Waisenhausstiftung unter der Rechtsaufsicht der Regierung von Oberbayern stehe. Im übrigen höre er, Voß, "persönlich zum ersten Mal" von etwaigen Unregelmäßigkeiten bei den Finanzen des Waisenhauses. Tatsache ist allerdings, dass Mixa als früherer Stadtpfarrer kraft Amtes Vorsitzender des Stiftungskuratoriums - und damit auch für die Finanzen verantwortlich war.

Sonderermittler Sebastian Knott hatte am Freitag per Presseerklärung mitgeteilt: "Was finanzielle Unregelmäßigkeiten hinsichtlich nicht satzungsgemäßer Verwendung von Finanzmitteln anbelangt, so kann dies zu diesem Zeitpunkt mit hoher Wahrscheinlichkeit bestätigt werden." Eine detailliertere Auskunft gab Anwalt Knott aber nicht. "Ich werde aber versuchen, bis Ende dieser Woche weitere Erkenntnisse zu veröffentlichen", sagt der 33-jährige Ermittler.

Immer mehr Prügelvorwürfe

Bischof Walter Mixa war in der Karwoche durch einen Bericht der Süddeutschen Zeitung unter großen öffentlichen Druck geraten. Fünf ehemalige Bewohner des Kinderheims warfen dem Kirchenmann per eidesstattlicher Versicherung vor, sie in seiner Zeit als Stadtpfarrer von Schrobenhausen mehrmals geschlagen und gezüchtigt zu haben. Mixas Sprecher Dirk Hermann Voß wies diese Anschuldigungen zurück und drohte den Betroffenen mit juristischen Schritten. Mittlerweile haben sich auch in anderen Zeitungen angebliche Prügelopfer gemeldet. Insgesamt sind es jetzt neun Personen, die Mixa den Vorwurf machen, sie als Heimkinder misshandelt zu haben.

Die massiven Vorwürfe und das bundesweite Medienecho haben bei Katholiken und Kirchenmitarbeitern im Bistum Irritationen ausgelöst. "Die Stimmung ist nicht gut, es herrscht große Unsicherheit", sagt Bernhard Ehler, der Sprecher des Priesterrates der Diözese Augsburg. "Die Vorwürfe rufen nach Aufklärung. Aber ich vermute fast, dass die Vorwürfe nur vor Gericht geklärt werden können. Neues Vertrauen könne nur durch größtmögliche Wahrhaftigkeit geschaffen werden, betont Ehler. Es gebe jetzt so ein diffuses Gefühl, ob man den Vertretern der Kirche noch trauen könne.

"Wir Priester versprechen bei unserer Weihe ja dem Bischof Ehrfurcht und Gehorsam und wir reden uns als Mitbrüder an. Wegen dieser Verbundenheit belasten uns die Vorwürfe umso mehr, sie nehmen uns innerlich mit", erklärt Ehler.

Streit um eidesstattliche Versicherungen

Unterdessen hat Mixas Pressesprecher Dirk Herrmann Voß in der Bild am Sonntag die Süddeutsche Zeitung aufgefordert, "umgehend" den Wortlaut der eidesstattlichen Versicherungen mit den Vorwürfen gegen Bischof Mixa offenzulegen und diese auch dem externen Beauftragten der Diözese Augsburg für derartige Fälle vorzulegen. "Es geht nicht an, dass ein Bischof schutzlos Anschuldigungen aus dem Halbdunkel ausgesetzt wird", sagte Voß. Die SZ hatte bereits vergangene Woche erklärt, dass sie die eidesstattlichen Versicherungen nicht an Dritte herausgeben, sondern nur bei Gericht vorlegen werde.

Sonderermittler Knott will die der SZ vorliegenden Erklärungen dagegen nicht anfordern. "Der Informantenschutz ist eine zentrale Säule des deutschen Presserechts", sagt der Anwalt, "deshalb kann die Herausgabe der Versicherungen in einem vorgerichtlichen Verfahren nicht verlangt werden." Keine Antwort hat die SZ bislang auf Fragen erhalten, die sie am vergangenen Donnerstag schriftlich an die Pressestelle des Bistums gerichtet hat. Das Bistum wurde aufgefordert zu erklären, ob es wie angekündigt rechtliche Schritte gegen die vermeintlichen Opfer einleiten werde und ob der Bischof bereit sei, eidesstattlich zu versichern, dass er kein Heimkind geschlagen hat.

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SZ vom 12.04.2010/hai
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