Nach der Debatte im Rechtsausschuss vom Donnerstag tauchen nun neue Ungereimtheiten im Fall Gustl Mollath auf. Ein Dokument, das jetzt der Süddeutschen Zeitung vorliegt, lässt erhebliche Zweifel an der Darstellung des Präsidenten des Landesamts für Steuern, Roland Jüptner, zu, ein Telefonat seiner Steuerfahnder mit dem Vorsitzenden Richter Otto Brixner habe keinen Einfluss auf deren Entscheidung gehabt, die Anzeigen Mollaths nicht weiter zu verfolgen.
Denn die Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes Nürnberg-Süd erstellte im Februar 2004 sehr wohl einen längeren Aktenvermerk in Sachen Mollath. Ein Fahndungsprüfer notiert darauf, Mollath beschuldige seine Frau, zusammen mit anderen Personen Geldtransfers ins Ausland vorgenommen zu haben. Da eine Überprüfung nicht möglich sei, habe man Kontakt mit dem Landgericht aufgenommen.
Daraufhin habe sich Brixner zurückgemeldet. Aufgrund der Angaben des Richters könnten, dem der SZ vorliegenden Aktenvermerk zufolge, die Steuerfahnder davon ausgehen, dass die Anschuldigungen Mollaths zum großen Teil nicht zuträfen und nicht überprüft werden könnten.
Ein zweiter Steuerfahnder - ein Vorgesetzer des ersten - versah den Vermerk mit einer handschriftlichen Notiz. Er schreibt, bei Mollath handele es sich offensichtlich um einen Querulanten, dessen Angaben keinen Anlass für weitere Ermittlungen böten.
Daraufhin wurden die Bemühungen der Steuerfahnder eingestellt. Und das, obwohl die Hypo-Vereinsbank ihren Revisionsbericht, in dem Mollaths Anschuldigungen im Kern bestätigt wurden, bereits mehr als ein Dreivierteljahr zuvor fertiggestellt hatte.
"Einen solchen Vermerk hat er nicht niedergeschrieben"
Die Bank behielt diesen Bericht bei sich. Und die Steuerfahnder sahen keinen Anlass, aufgrund von Mollaths Anzeigen bei der Bank anzufragen - möglicherweise aufgrund des Aktenvermerks.
Chronologie zum Fall Gustl Mollath:Schwierige Suche nach der Wahrheit
Seit fast sieben Jahren sitzt Gustl Mollath in der Psychiatrie, jetzt hat das OLG Nürnberg beschlossen: Das Verfahren um angebliche Körperverletzung und dunkle Bankgeschäfte wird wieder aufgenommen. Angefangen hat das Drama schon im August 2001. Eine Chronologie des Falls.
Jüptner hatte dagegen im Landtag den Eindruck erweckt, es gebe gar keinen Vermerk. Man habe die beiden Fahnder "natürlich befragt". Der Vorgesetzte habe gesagt, "wenn der Inhalt des Gesprächs für seine Entscheidung von Bedeutung gewesen wäre, hätte er das in einem Vermerk niedergeschrieben", hatte Jüptner gesagt. "Einen solchen Vermerk hat er nicht niedergeschrieben. Weswegen er davon ausgeht, dass das Telefonat für die Entscheidung ohne Bedeutung war."