Nun wird die Windkraft abgewürgt. Laut Umweltministerium waren Ende August an den Landratsämtern überall in Bayern noch 464 Genehmigungsanträge für Windkraftanlagen in Bearbeitung. Aber nur 172, so die Schätzung der Ministerialen, hatten die Chance, dass sie noch in diesem Jahr positiv abgeschlossen werden. "Das dürfte ungefähr die Zahl der Anlagen sein, die in Bayern noch gebaut werden", sagt Wind-Verbandschef Beermann. "Alle anderen Anträge und Pläne sind Makulatur, und an Neuplanungen geht sowieso keiner mehr heran."
Seehofer wäscht die Hände in Unschuld: "Ob ein Windpark entsteht oder nicht, ist schlicht und einfach eine Entscheidung der Gemeinde." Denn die dürfe Ausnahmen von 10H ja zulassen. "In vielen Gemeinden werden Volksfeste gefeiert bei der Einweihung eines Windparks, und in anderen Gemeinden ist eine grundsätzlich ablehnende Haltung da", führt Seehofer an. "Und das ist gut für Bayern, diese Vielfalt. Wir brauchen keinen Einheitsbrei."
Geschäftsordnungsstreit im Landtag
Doch die Kommunen wollen sich die Verantwortung nicht zuschieben lassen, auch weil viele Details strittig sind: Was zum Beispiel gilt, wenn ein Windrad auch eine Nachbarkommune betrifft? Die Staatsregierung agiere "planlos" mit "Politik auf Zuruf", stänkert Gemeindetagspräsident Uwe Brandl, immerhin CSU-Mann. Huber keilt zurück: Mit seiner "bockigen und verstockten Haltung" verkenne Brandl die Möglichkeiten der kommunalen Selbstverwaltung. Aber auch in den Umweltverbänden und der Landtagsopposition verstehen sie die Welt nicht mehr. Schließlich sind 80 Prozent der Bevölkerung klar für den Ausbau der Windkraft, zumindest sagen das seit Jahren alle Umfragen zu diesem Thema.
Auf den letzten Metern ins Ziel für 10H tobt nun ein bizarrer Geschäftsordnungsstreit im Landtag. Die Opposition will die Verabschiedung am Mittwoch dadurch verhindern, dass sie noch eine neue Expertenanhörung dazwischenschiebt. Die CSU hält das für Verzögerungstaktik und bietet unschuldig lächelnd an, ein solches Hearing könne man gerne machen. Aber erst nach der Verabschiedung des Gesetzes. Die CSU hat es jetzt richtig eilig. Sie will nicht einmal mehr auf den Abschluss des jetzt mit viel Pomp gestarteten Energiedialogs von Wirtschaftsministerin Ilse Aigner warten.
Das Geld bleibt in der Region
Dabei sind es nicht die Strompotenziale alleine, welche die Windkraft so attraktiv machen. Windräder bringen viel Geld - gerade in ländliche Regionen. Der Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz ist ein gutes Beispiel dafür, er zählt zu den Windkraft-Pionier-Regionen im Freistaat. Dort drehen sich inzwischen 59 Windräder. "Sehr konservativ gerechnet, bringt ein jedes von ihnen zwischen 110 000 und 120 000 Euro im Jahr", sagt Walter Egelseer vom Energiebüro am Landratsamt Neumarkt, "an Gewinnen für die Betreiber, Steuern für die Kommunen, in denen sie liegen, Pacht für die Grundbesitzer, auf deren Boden sie stehen, Einnahmen für die Firmen, die sie warten, und an anderem mehr."
Bei 59 Windrädern kommt da alleine im Landkreis Neumarkt eine Summe von 6,5 bis sieben Millionen Euro im Jahr zusammen. Und da die allermeisten Windräder in der Hand von Bürger-Energiegenossenschaften oder kommunalen Verbünden sind, bleibt der Großanteil des Geldes direkt in der Region. "Für unsere war der Ausbau der Windkraft natürlich auch ein Wirtschaftsfaktor", sagt Egelseer. "Daran besteht kein Zweifel."