Der Helm sieht aus wie in einem Hollywoodfilm, der Schutz für den Körper reicht von den Schultern bis zu den Oberschenkeln. Wie Schaufensterfiguren stehen zwei Polizisten am Dienstag in der Staatskanzlei und führen die neue bayerische Sicherheitsmode vor: Schutzkleidung der Klasse vier, wie sie vom kommenden Jahr an im Kofferraum eines jeden Streifenwagens mitgeführt werden soll. Sie soll nicht nur wie bisher die Kugeln von Maschinenpistolen und Revolvern aufhalten, sondern künftig auch von sogenannten Kriegswaffen - etwa einer Kalaschnikow, die bei den Anschlägen der vergangenen Tage benutzt wurde.
Der weltweite Terror lässt auch die bayerische Politik nicht unbeeindruckt, das ist am Dienstag deutlich zu spüren. Am Vormittag billigt das Kabinett ein Konzept von Innenminister Joachim Herrmann (CSU), das weitere 300 Stellen für die Sicherheitsbehörden vorsieht. Am Nachmittag verliest Landtagspräsidentin Barbara Stamm eine Resolution, der alle Abgeordneten zugestimmt haben. "Noch immer sind wir fassungslos angesichts der schlimmen Terroranschläge", beginnt Stamm die Plenarsitzung. Sie meint die Anschläge von Paris und Mali.
Stamm spricht über Trauer, über unermessliches Leid, dann wird sie kämpferisch. Gerade weil solche Vorfälle die Sicherheit des Alltags bedrohten, müsse die Gesellschaft sich dem Terror vereint entgegenstellen: "Denn es geht auch und vor allem um unsere Werte. Diese Werte lassen wir uns nicht nehmen, von niemandem, und erst recht nicht von Mördern. Diese Werte sind nicht verhandelbar."
Anstieg bei Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte
Mit ihrer Resolution wollen die Abgeordneten ein Signal setzen. "Der Anschlag galt Frankreich, er galt aber auch einer freien, offenen und demokratischen Gesellschaft", heißt es in der Erklärung. Und dass die Bürger in einer freien Gesellschaft selbst entscheiden dürften, "wie sie im Rahmen unserer Gesetze leben wollen und was sie glauben oder auch nicht glauben".
Nach Terror in Paris:Bayern beharrt auf schärferen Grenzkontrollen
"Entscheidend ist, dass die Grenzen besser gesichert werden", sagt Innenminister Herrmann - und fordert mehr Personal vom Bund.
Weitgehende Einigkeit herrscht unter den Abgeordneten auch in der Aktuellen Stunde: "Rechtsextremismus konsequent bekämpfen - Handlungskonzepte erarbeiten!", fordert die SPD. Rechtsradikalismus entstehe nicht im luftleeren Raum, sagt SPD-Mann Florian Ritter. Er beklagt einen rasanten Anstieg von Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte in Bayern. Allein bis zum Oktober sei die Zahl doppelt so hoch wie im gesamten vergangenen Jahr, die Aufklärungsquote liege jedoch nur bei 20 Prozent.
Seine Landtagskollegen ermahnt Ritter zu einer verantwortlichen Sprache: "Es ist nicht die Aufgabe der Politik, in eine aufgeheizte Debatte Öl zu gießen, um sich selbst zu profilieren." Ritter will ein Verbot von rechten Parteien wie "Der Dritte Weg" oder "Die Rechte" prüfen lassen. Innenminister Herrmann verweist darauf, dass beide Parteien vom Verfassungsschutz beobachtet würden. Ein Verbot, wie es etwa auch die CSU für die NPD fordert, liege jedoch in der Verantwortung des Bundesverfassungsgerichts.
Mehr Polizisten für die Schleierfahndung
Im Kabinett geht es vor allem um die Anschläge von Paris - und wie Bayern damit umzugehen habe. Mit den 300 zusätzlichen Stellen für Polizei und Verfassungsschutz stockt der Freistaat bereits zum dritten Mal in diesem Jahr seine Sicherheitsbehörden auf. Fast 1000 Stellen habe Bayern damit seit dem Frühjahr geschaffen, im Vergleich zu anderen Bundesländern eine "herausragende Entwicklung", die angesichts der Belastung aber auch dringend nötig sei. "Damit sind wir für die gestiegenen Terrorgefahren noch besser gewappnet", sagt Herrmann.
Dem Kabinett berichtet er von derzeit hohen Sicherheitsrisiken, Hinweise auf etwaige Anschläge bestünden allerdings nicht. Allerdings müsse die Polizei jederzeit flexibel reagieren können, dafür brauche es Personal. Für das Champions-League-Spiel des FC Bayern am Abend gegen Piräus waren 1000 Polizisten eingeplant, deutlich mehr als sonst.
Nach den Anschlägen von Paris:Vier Minister gegen den Salafismus
Die Ressortchefs für Inneres, Soziales, Bildung und Justiz stellen ihre Strategien vor, wie sie die Radikalisierung junger Muslime verhindern wollen.
Die Hälfte der 300 neuen Stellen wird in die Schleierfahndung fließen, die weiter ausgebaut werden soll. Die Schleierfahnder sollen nach Absprache mit der Bundespolizei bereits kurz hinter der Grenze zum Einsatz kommen, um die Kontrollen noch engmaschiger zu machen, wie Herrmann sagt. Zwar habe die Bundespolizei ihre Kräfte inzwischen verstärkt, er wünsche sich aber noch konsequentere Kontrollen.
50 neue Stellen sollen den Spezialeinheiten zukommen, um bei Terrorgefahren schneller eingreifen zu können, weitere 50 der Kriminalpolizei. Die restlichen 50 Stellen sind für Prävention gegen islamistische Radikalisierung sowie die Steuerfahndung vorgesehen. Stimmt der Landtag zu, wird der Nachtragshaushalt noch einmal um 80 Millionen Euro aufgestockt werden müssen.