Neue CSU-Ministerin Ulrike Scharf:Karrieresprung ins Umweltministerium

Neue CSU-Ministerin Ulrike Scharf: Neu und unerfahren: Ulrike Scharf wird Ministerin.

Neu und unerfahren: Ulrike Scharf wird Ministerin.

(Foto: Renate Schmidt)

Wer ist Ulrike Scharf? Kaum einer kennt die neue bayerische Umweltministerin. Zu Hause im Landkreis Erding wird sie kaum als politische Größe wahrgenommen. Ihren steilen Aufstieg verdankt sie ihrem Netzwerk.

Von Antonia Steiger, Erding

Während in München die Entscheidung über ihre politische Zukunft bekannt gemacht wird, ist Ulrike Scharf im Landkreis Erding unterwegs. Sie ist Inhaberin eines Reisebüros in Erding. Um Ministerin werden zu können, muss sie die Geschäftsführung des Unternehmens abgeben. Am Mittwochnachmittag ist das bereits geregelt. Ihrer Familie gehört das Busunternehmen Scharf aus Tittenkofen. Ein Ort, der es durch eine andere blonde Frau bereits zu bayernweiter Berühmtheit gebracht hat: Von dort kommt die Kabarettistin Monika Gruber. Mit der Ernennung zur Umweltministerin lässt die 46-jährige Ulrike Scharf nun allerdings das Klein-Klein der Kommunalpolitik hinter sich, das ihr noch nie sonderlich gelegen ist. Als politische Teamplayerin gilt Ulrike Scharf nicht. Sie sei eine Einzelkämpferin, sagte ein führender Erdinger CSU-Politiker schon vor Jahren.

Dass sie in dieser Amtsperiode überhaupt im bayerischen Landtag sitzt, ist alles andere als selbstverständlich. Denn ihr Vorgänger als Landtagsabgeordneter, Jakob Schwimmer, hätte nach überstandener Krebserkrankung gerne noch eine Amtsperiode drangehängt, auch der Erdinger CSU-Kreisvorsitzende, Landrat Martin Bayerstorfer, stand hinter Schwimmer. Doch Scharf ließ sich nicht beirren. Sie sieht sich als Landespolitikerin und hat es 2008 nur mit Mühe verschmerzt, dass sie wie viele andere CSU-Abgeordnete ihr Mandat verloren hatte. 2006 war sie als Listenkandidatin erstmals in den Landtag nachgerückt nach dem Abschied Otto Wiesheus aus der Politik.

Der Widerstand im eigenen Kreisverband war für Scharf keine unüberwindbare Hürde: Sie trat gegen Schwimmer an und gewann das kreisverbandsinterne Rennen. Der Sieg bei den Landtagswahlen war dann nur noch Formsache. Denn Ulrike Scharf genießt Anerkennung - vor allem außerhalb des Kreisverbandes. Sie hat eine Vielzahl von Ämtern angehäuft und dabei namhafte CSU-Politikerinnen beerbt: Von der Ebersberger Europaparlamentarierin Angelika Niebler übernahm sie den Vorsitz bei der oberbayerischen Frauenunion und von der bayerischen Wirtschaftsministerin und Vorsitzenden der Oberbayern-CSU Ilse Aigner den Vorsitz bei der bayerischen Wasserwacht. Ulrike Scharf ist eine erfolgreiche Netzwerkerin. Eines dieser Netzwerke - und nicht das unwichtigste - ist das Präsidium der CSU, in das sie von Horst Seehofer überraschend im Jahr 2011 berufen wurde. Sie bekleidet dort das Amt der Schatzmeisterin, was damals ihre Parteifreunde am Ort in Erstaunen versetzt hatte.

Im Landkreis Erding wird Ulrike Scharf jedoch kaum als politische Größe wahrgenommen. Wortmeldungen im Kreistag gibt es praktisch nicht, weswegen sich politische Beobachter an die Erinnerung klammern müssen, wie sie vor Jahren gefordert hatte, dass auf der Homepage des Landkreises "Grüß Gott" statt "Guten Tag" stehen soll.

Nach ihrem Abitur hat sie eine Ausbildung zur Bankkauffrau absolviert und Betriebswirtschaft studiert. Sie betreibt ihr eigenes Reisebüro in Erding, ist geschieden und hat einen erwachsenen Sohn. Am Dienstag nun ereilte sie der Anruf aus der Staatskanzlei. Am Mittwoch hat sie die Übergabe ihres Reisebüros vorbereitet. Und von Donnerstag an wird ihr Arbeitsplatz dauerhaft in München sein.

Die Berufung Scharfs hat viel mit Regionalproporz, Geschlechterproporz und Religionszugehörigkeit zu tun. Seehofer hat sich in der 46-Jährigen aber auch eine Gegnerin einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen ins Kabinett geholt. Ob er dieses Signal bewusst gesetzt hat, das kann Scharf nicht sagen. Bei ihrer Besprechung mit Seehofer habe sie betont, dass sie bei ihrem Nein zur dritten Startbahn bleibe. Sie dürfe, habe er ihr geantwortet.

100 Tage Einarbeitungszeit erbittet sich Ulrike Scharf, die sich eigentlich in der Wirtschaftspolitik zu Hause fühlt. "Ökologie und Ökonomie liegen aber manchmal nicht weit auseinander", sagt sie. Es fänden sich oft "vernünftige Lösungen" für beide Seiten. Für den Kreisverband Erding sei Scharfs Berufung auf jeden Fall eine riesige Aufwertung, sagt Landrat Bayerstorfer. Er erhofft sich Rückenwind für viele Infrastrukturprojekte in der Region, allen voran für den sogenannten S-Bahn-Ringschluss, also eine Verlängerung der S 2 von Erding bis zum Flughafen. Von Nachteil sei es sicher nicht, dass sie nun im Kabinett sitze - das sagt auch die neue Ministerin Ulrike Scharf.

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