Neue Abgeordnete aus Bayern:Brunzkartlerin im Bundestag

Karl-Theodor zu Guttenberg war der Stimmenkönig bei der Bundestagswahl 2009. Seine Nachfolgerin in Kulmbach heißt Emmi Zeulner, im elterlichen Wirtshaus tat sie sich als Ersatzfrau beim Schafkopfen hervor. Die 26-Jährige ist aber nur eines von vielen neuen bayerischen Gesichtern in Berlin. Eine Übersicht.

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Im Bundestag wird es in der neuen Legislaturperiode das ein oder andere neue Gesicht aus Bayern geben. Vor allem die CSU profitiert von ihrem starken Ergebnis: Nachdem vor vier Jahren nur die 45 Direktkandidaten eingezogen waren, schafft diesmal etwa ein Dutzend Listenbewerber den Sprung nach Berlin. Eine Übersicht von Olaf Przybilla, Stefan Mayr, Wolfgang Wittl und Christian Sebald.

Das höchste Lob für Emmi Zeulner kommt am Wahlabend von Monika Hohlmeier, der CSU-Europaabgeordneten. Selten habe sie eine Frau gesehen, die sich so "reingefressen" habe in die politischen Themen wie die 26-Jährige. Dabei standen die Zeichen nicht gut für die Krankenschwester und Studentin, musste sie doch in einem Wahlkreis antreten, der nach dem Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg verwaist war. Seither gab es keinen Abgeordneten mehr in Kulmbach.

Und da war der Schatten, den Guttenberg hinterlassen hatte: Mit 68 Prozent der Erststimmen war er 2009 Stimmenkönig geworden. Aber dann kam Zeulner, die Stadträtin, die nicht in einem Schloss aufgewachsen ist, sondern in einem Landgasthaus. Und dort, wie sie es selbst sagt, vor allem als "Brunzkartlerin" Karriere machte: als diejenige also, die einspringt, wenn andere ihrem Bierkonsum Tribut zollen müssen. Sie schlug in der parteiinternen Abstimmung überraschend zwei Gegenkandidaten, unter ihnen den früheren Büroleiter Guttenbergs. Und nun loben alle die unverstellte Art, mit der "die Emmi" um ihren Wahlkreis gekämpft habe. "Ich freue mich einfach", sagt Zeulner. Ihr Ergebnis kann sich sehen lassen: Sie holte 56,9 Prozent.

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Auch um 20.30 Uhr weigerte sich Katrin Albsteiger noch standhaft, Gratulationen für ihren Einzug in den Bundestag anzunehmen. "Erst wenn ich den offiziellen Anruf erhalten habe, werde ich es glauben", sagte sie. Zu diesem Zeitpunkt bejubelte Schwabens CSU-Chef Markus Ferber längst das Mandat für die Chefin der Jungen Union Bayern: "Sie ist ein Aktivposten der schwäbischen CSU und wird als Vertreterin der jungen Generation eine wichtige Rolle dabei spielen, das Sozialsystem zukunftsfest zu machen." Albsteiger zog über die Landesliste in den Bundestag ein, mit 29 Jahren wird sie zu den jüngsten Abgeordneten gehören.

Die Frau aus Burlafingen (Kreis Neu-Ulm) trat erstmals überregional in Erscheinung, als sie sich 2010 (noch mit ihrem Geburtsnamen Poleschner) vehement gegen eine Frauenquote aussprach. Das hat nicht nur Horst Seehofer gefallen. Doch als sie Ende 2012 eine Mitgliederbefragung über die Abschaffung der Studiengebühr forderte, fiel sie beim Parteichef vorübergehend in Ungnade. Das dürfte inzwischen wieder vergessen sein - spätestens, seitdem sie vor dem TV-Duell Seehofer gegen Ude eine fahnenschwenkende und grölende JU-Gruppe anführte und sich dabei als Ober-Cheerleaderin hervortat. Zuletzt arbeitete sie als Pressesprecherin für die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm.

Andrea Lindholz

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In Unterfranken lösen zwei Frauen profilierte CSU-Granden ab. In Schweinfurt setzte sich nach dem Abschied des ehemaligen Wirtschaftsministers Michael Glos die bisherige Europaabgeordnete Anja Weisgerber durch. In Aschaffenburg, wo der CSU-Konservative Norbert Geis unfreiwillig aufhören musste, gewann die 42-jährige Andrea Lindholz (im Bild). Der 74-jährige Geis hatte noch einmal antreten wollen, war aber in einer parteiinternen Abstimmung gegen die Juristin Lindholz gescheitert.

Alexander Hoffmann, CSU.

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Für Wolfgang Zöller, seit 1990 im Bundestag, zieht im Wahlkreis Main-Spessart Alexander Hoffmann (Bild) ins Parlament ein, bisher war er Leiter des Ordnungsamtes Würzburg.

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Einen Generationswechsel der anderen Art gibt es in der Oberpfalz zu beobachten: Philipp Graf von und zu Lerchenfeld, 61, löst im Stimmkreis Regensburg Peter Aumer, 37, ab. Die Rochade war aus CSU-Sicht nötig geworden, weil der bisherige Landtagsabgeordnete Lerchenfeld aus demografischen Gründen seinen Stimmkreis verloren hatte. Aumer räumte seinen Platz und geht ins Risiko: Ohne Absicherung wird er 2014 bei der Wahl zum Regensburger Landrat antreten - möglicherweise gegen Tanja Schweiger, die populäre Bezirkschefin der Freien Wähler und Lebensgefährtin von Hubert Aiwanger.

Lenz

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32 Jahre jung, ledig und ein promovierter Betriebswirt ist der neue CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz im Wahlkreis Erding-Ebersberg. Er folgt auf Max Lehmer nach, der mit 65 Jahren aus Altersgründen aufhört. Lenz, der während seines Wahlkampfs wegen einer Krebs-Erkrankung behandelt werden musste, kam auf 55,4 Prozent und deklassierte seinen Konkurrenten und oberbayerischen SPD-Vorsitzenden Ewald Schurer mit einem Vorsprung von 36,3 Punkten.

Der neue Freisinger CSU-Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer hat eine klassische Laufbahn als Kommunalpolitiker durchlaufen. Der 43-jährige zweifache Familienvater und AOK-Mitarbeiter gehört seit 2002 dem Stadtrat an, wo er sich bis zum Vorsitzenden seiner Fraktion hocharbeitete. Dagegen hat Alexander Radwan, 49, aus Rottach-Egern schon etliche Stationen in der Europa- und der Landespolitik hinter sich. Erst saß der indisch-stämmige Luftfahrt-Ingenieur und Jurist acht Jahre im Europaparlament, 2008 wechselte er in den Landtag. Als Horst Seehofer Bundesagrarministerin Ilse Aigner nach Bayern zurückholte und sie einen Stimmkreis brauchte, fiel ihre Wahl auf Miesbach. Dort musste Radwan weichen. Dafür darf er nun für den Wahlkreis Starnberg in den Bundestag einziehen. Im Wahlkreis München Ost geht eine Ära zu Ende, nach 23 Jahren trat der CSU-Politiker Herbert Frankenhauser nicht mehr an. Nun folgt auf den 68-Jährigen der 28-jährige promovierte Betriebswirt Wolfgang Stefinger nach, einst JU-Chef in München.

Alois Rainer

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Zwei neue Direktabgeordnete kommen aus Niederbayern: Alois Rainer (im Bild), Bruder der CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, folgt auf Ernst Hinsken, der nach 33 Jahren nicht mehr angetreten war. Rainer setzt nach Hinsken und seinem Vater Alois Rainer senior die Tradition fort, dass der Abgeordnete des Stimmkreises Straubing-Regen aus dem Örtchen Haibach kommt - seit mittlerweile 48 Jahren. Neu ist auch Florian Oßner, 33, der in Landshut Wolfgang Götzer ablöst. Götzer hatte in der CSU einst den früheren Innenminister Friedrich Zimmermann gestürzt, seitdem hatte man nicht mehr sonderlich viel von ihm gehört.

Weil es die AfD nicht in den Bundestag geschafft hat, sind über die Landesliste fünf weitere CSU-Abgeordnete aus Ostbayern nachgerückt, unter ihnen drei Frauen: die Niederbayern Matthäus Strebl und Gudrun Zollner sowie die Oberpfälzer Barbara Lanzinger, Reiner Meier und Astrid Freudenstein.

Volker Ullrich, CSU.

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Der Großraum Augsburg wird in der kommenden Legislaturperiode von zwei neuen CSU-Männern vertreten: Nachfolger von Bundestagsvizepräsident Eduard Oswald als Abgeordneter des Stimmkreises Augsburg-Land wird der bisherige Bürgermeister von Neusäß, Hansjörg Durz.

Der neue Abgeordnete im Wahlkreis Augsburg-Stadt ist Volker Ullrich (im Bild), der lange Zeit als der bunte Hund der Augsburger CSU galt. Der 37-Jährige promovierte Jurist und Diplom-Kaufmann stand nach kritischen Tönen gegen die Parteioberen vor dem Rauswurf aus der Stadtrats-Fraktion. Doch 2011 wurde er plötzlich zum Ordnungsreferenten gewählt. Als solcher sorgte er im Januar bundesweit für Schlagzeilen: Er erstattete Strafanzeige wegen Beleidigung gegen einen User eines Online-Forums, weil dieser ihm 'Rechtsbeugung' vorgeworfen hatte. Es folgte eine Durchsuchungsaktion in den Redaktionsräumen, was allgemein als Angriff auf die Pressefreiheit gewertet und vom Landgericht nachträglich als rechtswidrig bezeichnet. Ullrich entriss dem Bundestags-Fraktionsvize Christian Ruck das Direktmandat in einem parteiinternen Machtkampf.

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Der Wahlkreis Nürnberg-Nord gilt als einer der umkämpftesten in Bayern. Seit 1980 hat die SPD ihn viermal gewinnen können. Diesmal endet der Wahlabend doppelt bitter für die Sozialdemokraten: Dagmar Wöhrl (CSU) konnte sich durchsetzen, SPD-Kandidatin Gabriela Heinrich zog über die Liste in den Bundestag ein*.

Keine Chance hatte der Journalist und Buchautor Christian Nürnberger (im Bild), Ehemann von ZDF-Moderatorin Petra Gerster. Er erlitt im Wahlkreis Roth eine klare Niederlage gegen die CSU-Bundestagsabgeordnete Marlene Mortler. In Coburg sah es am Abend zeitweise nach einer Sensation aus: Der SPD-Kandidat Norbert Tessmer lag gleichauf mit dem CSU-Bundestagsabgeordneten Hans Michelbach. Am Ende setzte sich aber Michelbach doch klar durch.

*Anmerkung d. Red: Zunächst hatten wir noch vermeldet, dass es für Frau Heinrich "wohl nicht" gereicht habe. Wir haben den Text aktualisiert.

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Über die Liste werden aus Franken für die SPD neu in den Bundestag einziehen: Bernd Rützel, Amtsrat aus dem Wahlkreis Main-Spessart, die bisherige Landtagsabgeordnete Sabine Dittmar aus dem Wahlkreis Bad Kissingen, der Stadtrat Carsten Dietmar Träger aus Fürth und die Marketingmanagerin Martina Stamm-Fibich aus Erlangen.

Neu im Bundestag ist aus dem Wahlkreis Augsburg-Stadt die 49-jährige Mittelschul-Lehrerin Ulrike Bahr. Sie schaffte über Listenplatz 16 den Sprung nach Berlin. Knapp gereicht hat es auch für Rita Hagl-Kehl aus Niederbayern. Ihr Bezirkschef Christian Flisek, ein Rechtsanwalt aus Passau, hat als 13. der Landesliste allerdings einen wesentlich entspannteren Abend verbracht. Gleiches trifft auf Uli Grötsch (Foto) zu, den einzigen SPD-Neuling aus der Oberpfalz, für Claudia Tausend und Florian Post. Die 49-jährige Geografin und der 32-jährige Diplomkaufmann sind die beiden einzigen oberbayerischen SPD-Neulinge im Bundestag.

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Claudia Roth, die Bundesvorsitzende der Grünen, musste sich als bayerische Spitzenkandidatin keine Sorgen um den Einzug in den Bundestag machen. Doch auch ihr Erststimmenergebnis als Direktkandidatin in Augsburg-Stadt spiegelt den Vertrauensverlust in die Grünen wider. Mit elf Prozent holte sie vier Prozentpunkte weniger als 2009.

Als die Liste der Grünen aufgestellt wurde, konnte sich Hans-Josef Fell (im Bild) noch einigermaßen in Sicherheit wiegen. Mit Platz zwölf hätte der 61-Jährige nach damaligen Prognosen gute Chancen gehabt, erneut Abgeordneter in Berlin zu werden. Jetzt aber hat es Fell, der seit 1998 Mitglied des Bundestages ist, doch erwischt, denn für einen Wiedereinzug hätten Bayerns Grüne etwa zwölf Prozent einfahren müssen. Für Fell ist das besonders bitter: Er gilt als Pionier der Energiewende und als einer der beiden Urheber des Erneuerbare Energien Gesetz. "Ich bin sehr enttäuscht", sagt Fell und kritisiert die eigene Partei scharf. Der schlechte Listenplatz zeige, dass es seiner Partei an der Professionalität fehle, "die Leistungsträger entsprechend abzusichern".

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Quelle: Stefan Kaminski, Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag

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Dass sein Einzug ins Parlament eines Tages vom Abschneiden der AfD abhängen würde, hätte sich Thomas Gambke (im Bild) kaum träumen lassen. Als Nummer acht auf der Landesliste von Bündnis 90/Grünen musste der Landshuter bis in die Nachtstunden bangen, ob es für ihn reicht. Nun ist der 63-Jährige der einzige Grüne aus Ostbayern. Sein Oberpfälzer Kollege Stefan Schmidt hat es mit Listenplatz zehn nicht geschafft.

Als Kandidatin auf Listenplatz elf hat auch die Ingolstädterin Agnes Krumwiede den Wiedereinzug in den Bundestag verpasst. Die Münchner Grünen-Kandidatin Doris Wagner, auf Listenplatz neun, hat das Ticket nach Berlin gerade noch gelöst.

© SZ vom 23.09.2013/wolf/tba
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