Süddeutsche Zeitung

Neubau:Würzburger Uniklinik soll für schwindelerregende Summe modernisiert werden

  • Das Universitätsklinikum Würzburg soll zwei Neubauten bekommen.
  • Mittlerweile rechnen Klinik und Freistaat mit Kosten in Höhe von 750 Millionen Euro.
  • Es ist nicht die erste Großinvestition in Würzburgs Klinikcampus.

Von Olaf Przybilla

Die Debatte über ein Universitätsklinikum in Augsburg hielt über Jahre ganz Schwaben in Atem. Und als der Ministerpräsident im Mai verkündete, dass nun auch Nürnberg eine eigene Universität erhalten soll, brachte das halb Bayern in Wallung. Die einen, weil sie das schon seit Jahrzehnten für existenziell notwendig halten für eine Halbmillionenstadt. Die anderen, weil sie eine Milliarde Euro, die dafür notwendig sein dürfte, für astronomisch hoch halten.

Und dann gibt es da einen Vorgang in Würzburg, von dem außerhalb des Talkessels am Main bislang kaum jemand Notiz genommen hat. Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle war nicht anwesend, als die Sache verkündet wurde. Finanzminister Markus Söder auch nicht. Trotzdem ist die Summe schwindelerregend, die nun für zwei Neubauten des Uniklinikums Würzburg auf der grünen Wiese investiert werden soll: Klinik und Freistaat rechnen mit insgesamt 750 Millionen Euro.

Kliniksprecherin Rita Börste macht keinen Hehl daraus. Das "neue Großbauvorhaben" in Würzburg sei "gigantisch", sagt sie. Es dürfte wohl dazu angetan sein, die Debatten über universitäre Investitionen in Augsburg und Nürnberg etwas zu relativieren. Zumal die 750 Millionen Euro nicht die erste Großinvestition in Würzburgs Klinikcampus sind. Für das neue ZOM, das Zentrum für Operative Medizin, 2004 fertiggestellt, investierte der Freistaat 152 Millionen Euro. Fünf Jahre später kostete das ZIM, das Zentrum für Innere Medizin, 165 Millionen Euro. Beide Investitionen galten als größte Bauvorhaben der Würzburger Nachkriegsgeschichte, wirken im Vergleich zu der jetzt in Rede stehenden Summe aber geradezu bescheiden. ZOM, ZIM und die nun geplanten Bauten summieren sich auf weit mehr als eine Milliarde.

Geplant ist der Neubau der Kopfklinik und eines Frauen-Mutter-Kind-Zentrums im Norden des Klinikcampus auf der grünen Wiese - auf ein bislang landwirtschaftlich genutztes Areal, das dem Juliusspital gehört. Ursprünglich sollte die schwer renovierungsbedürftige Kopfklinik, 1975 fertiggestellt, im Bestand erneuert werden. Davon nimmt das Klinikum nun ebenso Abschied wie von einem Erweiterungsbau für ein Mutter-Kind-Zentrum auf dem bisherigen Gelände. Wegen eines Helmholtz-Instituts für Infektionsforschung, das auf dem Areal entstehen soll, wäre für die Frauenklinik nicht hinreichend Platz gewesen. Daher nun der ganz große Wurf: zwei Neubauten und, wahrscheinlich, der Abriss der alten Kopfklinik, sollten sich Denkmalschützer nicht dagegen durchsetzen.

Von einem "Politkrimi" spricht der CSU-Abgeordnete Oliver Jörg. Die Verhandlungen, etwa mit dem Juliusspital, seien hochkomplex gewesen. Die "tatsächlich schwindelerregend klingelnde Summe" werde "verdaulicher", beachte man, dass die Großbauten erst 2031 fertiggestellt werden sollen. Und beim Bau im Bestand schwer kalkulierbare Risiken auf den Freistaat zugekommen wären. Auch der SPD-Abgeordnete Volkmar Halbleib spricht von einem "massiven Schritt" für Würzburg, wobei bemerkenswert sei, wie bestimmte Summen mitunter "mit einem Schulterzucken hingenommen werden". Warum das alles so lautlos vonstatten gegangen ist? Einer, der mit der Sache beschäftigt war, sagt: "Da hat die Landtagspräsidentin segensreich gewirkt". Barbara Stamm ist aus Würzburg.

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SZ vom 19.09.2017/axi
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