Wie viele Fotos Artur Walther in seiner Sammlung hat? „Etwa 10 000, je nachdem, wie man zählt.“ Man erreicht ihn in Millbrook, einem kleinen Ort etwa zwei Autostunden nördlich von New York. Dass sich der Umfang seiner Sammlung nicht ganz genau bestimmen lässt, liegt auch daran, dass ein Werk oft aus einer ganzen Werkgruppe besteht. Als vor zwei Jahren eine große Ausstellung der Walther Collection im Haus der Kunst in München gezeigt wurde, waren dort etwa 3000 Arbeiten zu sehen.
Nun schenkt Walther dem Metropolitan Museum in New York mehr als 6500 Fotografien, Alben und Werke zeitbasierter Medien zu zeitgenössischer Kunst aus Afrika, China, Japan und Deutschland sowie Fotografien aus dem 19. und 20. Jahrhundert aus den USA, Europa, Kolumbien und Mexiko. Das ist der größte Teil der Sammlung, der auch perfekt zu der des Metropolitan passt, ergänzt und erweitert.
Das Met ist das größte Kunstmuseum der Vereinigten Staaten und besitzt eine der bedeutendsten kunsthistorischen Sammlungen der Welt. Mehr als fünf Millionen Besucher zählte das Museum im Jahr 2023. Vor wenigen Tagen hat die Institution die Schenkung der Walther Collection publik gemacht. Das Met wird eine Auswahl daraus bereits von Ende Mai an zeigen, und zwar zur Eröffnung des Neubaus an der Fifth Avenue mit der neu gestalteten Sammlung afrikanischer Kunst im Michael C. Rockefeller Flügel. Darunter werden Fotos bekannter afrikanischer Künstler wie Seydou Keïta und Samuel Fosso sein. Im Herbst soll dann eine internationale Auswahl aus der Schenkung präsentiert werden. Und für 2028 ist eine umfassende Schau der Sammlung geplant.
Artur Walther stammt aus Burlafingen bei Neu-Ulm, wo er 1948 geboren wurde. Als junger Mann ging er zum Studium in die USA, wurde Investment-Banker bei Goldman Sachs. In den Neunzigerjahren begann er, sich der Fotokunst zu widmen und bald darauf auch zu sammeln – und zwar außergewöhnlich systematisch. Nicht nur das Werk einzelner Künstler, sondern ganze Entwicklungsstränge in der Fotografie lassen sich anhand Walthers Sammlung ablesen. Lag der Fokus zunächst auf deutschen und europäischen Fotografen (Bernd und Hilla Becher, August Sander und andere), kam bald auch außereuropäische wie zeitgenössische chinesische und afrikanische Fotokunst hinzu. Letztere wurde zu einem Schwerpunkt in der Sammlung.

2007 gründete Walther eine Familien-Stiftung in den USA, die zeitgenössische Fotografie und Kunst fördert. 2009 folgte der deutsche Ableger. Seine Sammlung hat Artur Walther schon in mehreren großen Ausstellungshäusern weltweit gezeigt. Diesen Oktober ist eine Schau in den Hamburger Deichtorhallen in Vorbereitung, parallel zu der Präsentation in New York. 2010 hatte er in Burlafingen bei Neu-Ulm rund um das Haus, in dem er aufgewachsen ist, einen Ausstellungscampus mit etwa 1000 Quadratmetern Ausstellungs- und Archivfläche errichtet. Seither zeigte er auch dort regelmäßig große Teile seiner Sammlung. Und er hat in den vergangenen Jahren etliche Publikationen über Fotografie herausgebracht. Demnächst sollen drei weitere Bücher bei Steidl erscheinen.
Wie es mit dem Standort bei Neu-Ulm weitergeht, ob sich Walther ganz von dort zurückzieht und mit seiner Stiftung komplett in die USA übersiedelt? Das lässt er noch offen. Vor zwei Jahren, aus Anlass der großen Ausstellung im Haus der Kunst München, erzählte er, dass er in Millbrook, ein Anwesen baue, und schwärmte von der Landschaft und dem Ausblick. Inzwischen lebt er dort, wenn er in den USA ist.
Da er einen kleinen Teil seiner Sammlung behalten hat, plant er in Millbrook auch kleine Ausstellungen zu zeigen. Das beschauliche, aber wohlhabende Dörfchen im Dutchess County hat es nicht nur Artur Walther angetan. Dem Celebrity-Klatsch ist zu entnehmen, dass unter anderem Bette Midler, Liam Neesen, Sigourney Weaver, Sam Shepard, Rufus Wainwright und Jessica Lange dort wohnen. Ein kulturaffines Publikum für seine Ausstellungen wäre also schon mal vorhanden.