Netzkriminalität:Betrügerische Handelsplattform

LKA warnt vor Banden im Internet, Schaden beträgt 15 Millionen Euro

Von Uwe Ritzer, Nürnberg

Meist werfen die Betrüger erfundene Medienberichte als Köder aus. Über Prominente wie Dieter Bohlen oder Lena Meyer-Landrut zum Beispiel oder Juroren der TV-Show "Höhle der Löwen", die sich angeblich dumm und dämlich verdient hätten, indem sie ihr Geld auf einer Online-Handelsplattform investiert hätten. Diese Berichte kursieren im Netz, täuschend echt aufgemacht, als würden sie von einer seriösen Nachrichtenplattform stammen. Sie sind allesamt erfunden. Die einzigen, die wirklich sehr viel Geld mit diesen Tradingplattformen verdienen, sind internationale Betrügerbanden.

Vor ihnen und ihrer Masche warnt das Landeskriminalamt. Immer häufiger landen Fälle bei den Strafverfolgern, bei denen Opfer Anzeigen erstatten. Der registrierte Gesamtschaden sei allein in Bayern von knapp 100 000 Euro 2015 auf in diesem Jahr mehr als 15 Millionen Euro gestiegen, so das LKA. Die Fälle werden gebündelt bei der Zentralstelle Cybercrime, die bei der Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg eingerichtet ist.

Wobei der wahre Schaden weitaus höher sein dürfte. Viele Geschädigte glauben, tatsächlich bei riskanten Anlagegeschäften Geld verloren zu haben und verzichten auf eine Anzeige. Andere Opfer zeigen die Täter nicht an, weil sie sich dafür schämen, auf deren Tricks hereingefallen zu sein. Opferorganisationen wie die in Wien angesiedelte Efri schätzen den Schaden europaweit auf weit mehr als 100 Millionen Euro monatlich.

Die Namen der kriminellen Tradingplattformen sind unterschiedlich, ebenso ihre angeblichen Anlageprodukte. Mal ist von Kryptowährungen, mal von binären Optionen auf Rohstoffe, Aktien, Währungen oder Indizes die Rede, mit denen angeblich gehandelt wird und wo angeblich besonders hohe Gewinnspannen winken. Das Prinzip funktioniert immer gleich. Anleger werden animiert, sich auf der jeweiligen Plattform zu registrieren und einen niedrigen dreistelligen Eurobetrag zu investieren. Kurz darauf werden sie von angeblichen Finanzbrokern angerufen, die in Wahrheit speziell geschulte Mitarbeiter in meist osteuropäischen Callcentern sind. Diese überreden dann dazu, mehr Geld zu investieren. Als Lockmittel steigen die vermeintlichen Kurse auf dem Bildschirm an und suggerieren hohe Gewinne, die es in Wirklichkeit nicht gibt. Irgendwann bricht das System unweigerlich zusammen.

Hinter all dem stecken keine realen Geschäfte, warnt das LKA. "Mit Hilfe einer Betrugssoftware der Handelsplattformen werden Kontobewegungen angezeigt, die jedoch rein fiktiv sind." Fordere der Kunde seine Gewinne ein oder sein "investiertes" Geld zurück, bricht der Kontakt zur Handelsplattform ab und niemand ist mehr erreichbar. Längst ist zu diesem Zeitpunkt das Geld der Anleger über raffinierte Konstrukte im Ausland verschwunden, nicht selten in Steueroasen und auf den Konten von Briefkastenfirmen. Was wiederum die Strafverfolgung für die Behörden aufwendig und schwierig macht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: