Im Oberbayern hat der Miesbacher Ex-Landrat Jakob Kreidl (CSU) alle Naturschützer in helle Aufregung gestürzt, als er kurz vor dem Ende seiner Amtszeit noch schnell den massiven Ausbau des Skigebiets am Sudelfeld genehmigt hat. In Franken ist es genau anders herum.
Da bringt der Bamberger Ex-Landrat Günther Denzler (ebenfalls CSU) die Staatsregierung bis hinauf zu Ministerpräsident Horst Seehofer in Bedrängnis, weil er zwei Wochen vor seinem Ausscheiden das größte Waldnaturschutzgebiet überhaupt im Freistaat ausgewiesen hat, sieht man einmal von den Nationalparks im Bayerischen Wald und in Berchtesgaden ab. Die Naturschützer sehen sich durch das neue Schutzgebiet in ihren Forderungen nach einem Buchen-Nationalpark und einem Weltnaturerbe im Steigerwald bestätigt. Die Nationalpark-Gegner toben.
Uralte, 300-jährige Buchen mit knorrigen Stämmen, die so hoch in den Himmel ragen, dass man die Baumkronen kaum sieht. Dazwischen Traubeneichen und Hainbuchen. In dem neuen, 775 Hektar großen Naturschutzgebiet "Der Hohe Buchene Wald" im Nordwesten der Steigerwald-Gemeinde Ebrach kommen auch extrem seltene Tier- und Pflanzenarten vor. Der beigefarbene Igel-Stachelbart etwa. Der Baumpilz wächst nur in urwüchsigen Wäldern, wo die Natur völlig intakt ist.
In der Umweltszene herrscht eine Riesenbegeisterung. "Das neue Waldschutzgebiet ist ein gewaltiger Schritt nach vorne", jubelt Bund-Naturschutz-Chef Hubert Weiger. "Das gilt zu allererst für den Erhalt unserer Buchenwälder." Es zeige aber auch, wie wichtig ein Nationalpark und ein Weltnaturerbe im Steigerwald wären. "Sowohl der Nationalpark als auch das Weltnaturerbe sind nicht aufzuhalten", sagt Weiger. "Es ist einzig eine Frage der Zeit, dass sie eingerichtet werden - allen Widerständen in der CSU und anderswo zum Trotz."
Streit um den Naturschutz
Im Steigerwald tobt seit Jahren ein heftiger Streit um den Naturschutz. Auf der einen Seite stehen die Nationalpark-Freunde, die Experten von Fachbehörden und große Teile der Bevölkerung in Bamberg. Sie sehnen Nationalpark und Weltnaturerbe herbei, viele erwarten dadurch einen Aufschwung im Tourismus. In Schweinfurt und Haßberge sind sie strikt dagegen - vor allem Waldarbeiter, Förster, Sägewerker und Bauern. Sie befürchten lauter Nachteile - bis dahin, dass angeblich Schwammerl-Sammeln verboten ist, wenn der Wald unter Schutz steht.
Die Gegner haben mächtige Unterstützer in der Staatsregierung - allen voran den Innenstaatssekretär und Chef der unterfränkischen CSU, Gerhard Eck, der auch Vorsitzender des Anti-Nationalpark-Vereins "Unser Steigerwald" ist. Auch Forstminister Helmut Brunner, sonst ein eher abwägender Politiker, lehnt Nationalpark und Weltnaturerbe kategorisch ab.
Er ist überzeugt, dass seine Förster den Wald besser schützen, als jeder Naturschützer das kann. Umweltminister Marcel Huber und Ministerpräsident Horst Seehofer wiederum versichern den Gegnern stets, dass im Steigerwald garantiert nichts passiert, so lange sie dagegen sind.
Als einziger CSU-Mann kämpft der Bamberger Ex-Landrat Denzler für Nationalpark und Weltnaturerbe. Aber nicht nur das. Denzler hat stets klar gemacht, dass er beides mit aller Macht voranbringen wird, egal wie massiv der Druck der Parteispitze auf ihn ist. Nun hat er sein Versprechen eingelöst.
Gleichsam auf den letzten Metern seiner Amtszeit als Landrat hat der 66-jährige Kommunalpolitiker das Naturschutzgebiet "Der Hohe Buchene Wald" ausgewiesen. Am 16. April, zwei Wochen bevor er nach 18 Jahren aus dem Amt geschieden ist, hat er die Verordnung unterschrieben.
Denzler ging ungewöhnlichen Weg
Nun wird der Streit heftiger denn je ausgetragen. Innenstaatssekretär Eck hält die Ausweisung schlicht für rechtswidrig, nicht wenige in seinem Anti-Nationalpark-Verein erwarten, dass die Staatsregierung sie postwendend annulliert. Agrarminister Brunner hat seinen Kabinettskollegen Huber schon aufgefordert, dass er einschreitet. Der will sich eigentlich gar nicht äußern, sagt dann aber doch, seine Juristen hätten Denzler eindringlich darauf hingewiesen, dass sie die Ausweisung für äußert problematisch hielten.
Denzler ist wirklich einen sehr ungewöhnlichen Weg gegangen. Er hat den "Hohen Buchenen Wald" nicht nach dem bayerischen Naturschutzgesetz eingerichtet. Sondern nach dem des Bundes. Und dann auch noch mit Hilfe eines Paragrafen, in dem es vor allem um Hecken, Alleen und andere schützenswerte "Landschaftsbestandteile" geht, wie es auf Juristendeutsch heißt. Große Schutzgebiete in Wäldern seien damit überhaupt nicht gemeint, sagen Eck und Co., der "Hohe Buchene Wald" sei alleine deshalb nicht zu halten.
Fachleute widersprechen. Denzler, der selbst ein versierter Jurist ist, habe alle rechtlichen Hürden sorgfältig umschifft, er habe völlig korrekt gehandelt. Außerdem waren Seehofer und das Kabinett von Anbeginn informiert über die Pläne.
"Das Schutzgebiet ist so wasserdicht, wie es nur sein kann", sagt ein Insider. "Das bringt keiner weg, auch wenn er das noch so will." Für den Fall, dass es doch wer versucht, kündigt BN-Chef Weiger schon mal eine Klage an.