Mitgliederentscheid in der SPD:Nürnbergs Sozialdemokraten suchen den besten OB-Kandidaten

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Der 36 Jahre alte Nasser Ahmed würde gerne das Nürnberger Rathaus für die Sozialdemokraten zurückholen. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Nasser Ahmed bewirbt sich als OB-Kandidat? Dann wird er das automatisch, dachten viele. Immerhin ist er ein SPD-Promi. Jetzt aber tritt die Sozialreferentin Elisabeth Ries gegen ihn an – und hat durchaus Chancen.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Für Nürnbergerinnen und Nürnberger schien der 10. Januar 2025 ein Tag der Klarheit zu sein. Viele Monate ist spekuliert worden, wer 2026 für die Sozialdemokraten – lange Zeit Nürnbergs dominierende Kommunalpartei – ins Rennen gehen wird gegen Marcus König, den amtierenden Oberbürgermeister von der CSU. Und zumindest auf Nutzer sozialer Medien machte es an diesem Tag den Anschein, als sei diese Frage nun abschließend geklärt: Nasser Ahmed wird es sein, der nicht nur Vorsitzender der Nürnberg-SPD ist, sondern auch stellvertretender Generalsekretär der Landespartei. Ein Mann mit Ambitionen.

Auf Instagram ist zu sehen, wie Ahmed auf dem Dach der schmucken Nürnberger Parteizentrale – das Parteilogo im Hintergrund – anhebt zu einem „Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Nürnbergerinnen und Nürnberger“. Aus „vollem Herzen“ erkläre er an diesem Tag: „Ja, ich bewerbe mich um die Kandidatur als Oberbürgermeister meiner Geburts- und Heimatstadt Nürnberg.“

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Ahmed, 36, wird also für die SPD versuchen, der CSU das Rathaus in der historischen Arbeiterstadt wieder streitig zu machen – so kam das an auf Instagram: „Auf dass Nürnberg wieder herzensrot wird“, kommentiert einer, jemand anderes schreibt: „Ein großartiger Kandidat. Bitte den Nasser wählen, liebes Nürnberg.“

Ein schwärmerischer Aufruf, behaftet allerdings mit einem nicht ganz unwesentlichen Makel:  Ob der promovierte Politikwissenschaftler 2026 für die SPD auf dem Wahlzettel stehen wird, ist noch gar nicht ausgemacht. Kurz nach Veröffentlichung des Insta-Filmchens gaben Nürnbergs SPD-Frauen zur Kenntnis, dass sie auch eine Kandidatin ins Rennen schicken werden – sich also am parteiinternen Wettbewerb beteiligen: Die Sozialreferentin der Stadt, Elisabeth Ries, versucht ebenfalls, OB zu werden.

Die Reaktionen – nicht nur der politischen Konkurrenz – hatte man erwarten können: Ist das deren Ernst? Da erklärt der lokale Parteichef, ein Mann mit landespolitisch herausgehobener Position, seine Bereitschaft, in einen überschaubar aussichtsreichen Wahlkampf gegen den sattelfesten CSU-Amtsinhaber zu ziehen, macht also von seinem inoffiziellen „Erstzugriffsrecht“ als Parteichef Gebrauch und nimmt sich gewissermaßen selbst in die Pflicht. Und die Genossinnen reagieren mit: Vielen lieben Dank, wir hätten da einen noch besseren Vorschlag.

Tatsächlich aber ist die Sichtweise, die Nürnberger Sozis beschädigten damit schon vor 2026 den Vize-Generalsekretär der Landes-SPD und ihren eigenen Parteichef, überwiegend außerhalb Frankens zu hören. In der Stadt dagegen haben noch viele in Erinnerung, wie ätzend die Kritik vor der OB-Wahl 2020 gerade von SPD-Mitgliedern ausgefallen war – und zwar am parteiinternen Auswahlverfahren eines Nachfolgekandidaten für Ulrich Maly.

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Der populäre SPD-Oberbürgermeister hatte 2019 überraschend seinen politischen Ruhestand angekündigt. Als die Parteispitze kurz darauf unvermittelt den Stadtrat Thorsten Brehm als OB-Kandidaten präsentierte, machte das böse Wort von der „Hinterzimmerpolitik“ die Runde.  „Wenn ich jetzt alle bitten würde aufzustehen und den Saal zu verlassen, die über den Prozess zur OB-Nachfolge irritiert sind“, so könne sie sich vorstellen, dass die versammelte Nürnberg-SPD nicht mehr beschlussfähig wäre, rügte eine Genossin auf einer Parteiveranstaltung am Saal-Mikrofon. Viele hielten Brehm nicht für den besten Kandidaten, bei der OB-Wahl unterlag er gegen CSU-Mann König. In der SPD heißt es seither: nie wieder so ein Auswahlverfahren.

Elisabeth Ries ist Sozialreferentin der Stadt Nürnberg, auch sie würde gerne für die SPD beim Rennen um das Amt des Oberbürgermeisters an erster Stelle stehen. (Foto: Christine Dierenbach)

Tatsächlich haben sich wohl nicht alle Ahmeds Insta-Film bis zum Ende angesehen, sonst hätten sie wissen können, dass diesmal nicht nur ein Parteigremium etwas formal absegnen soll am Ende. Vielmehr sagt Ahmed, die SPD sei eine „moderne Mitmachpartei“: Deren Mitglieder würden entscheiden, wer antritt als Kandidat.

Weshalb die Partei nun also nicht nur einen Bundestagswahlkampf zu organisieren hat. Sondern auch einen internen Mitgliederentscheid. Von Mitte Februar an sollen etwa 2000 Genossinnen und Genossen abstimmen, einen Monat später wird dann klar sein, wer antritt gegen den CSU-OB.

Wer favorisiert ist? Viele tippen auf Ahmed: aufstrebend, eloquent, eindrucksvolle Familiengeschichte. Seine Eltern sind aus Eritrea geflüchtet, „wer fleißig ist und hart arbeitet“, der könne in Nürnberg alles erreichen, erklärten sie ihrem Sohn. Eine Biografie wie aus dem sozialdemokratischen Bilderbuch.

Aber man soll sich nicht täuschen. Zwar hat die Arbeitsgemeinschaft der SPD-Frauen Elisabeth Ries nominiert, Sympathiebekundungen aber kommen beileibe nicht ausschließlich von dort. Die diplomierte Kulturwirtin, Jahrgang 1973, gilt als ausgleichend, charismatisch und bewandert in allen relevanten Kommunalpolitikfeldern. Nicht zuletzt in der alten und aktuellen Rathaus-Führungsriege der SPD halten sie große Stücke auf Ries. Ein Selbstläufer für Ahmed? Dürfte dieser Mitgliederentscheid nicht werden.

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