Nahverkehr in Augsburg:Augsburger ärgern sich über Bus und Tram

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  • In Augsburg beschweren sich die Nutzer von Bus und Tram über die neuen Tarife.
  • Zwar wirbt der Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund mit günstigen Preisen, doch für viele sind die Fahrten teurer geworden.
  • Nun wollen zahlreiche Kunden wieder auf das Auto umsteigen.

Von Christian Rost, Augsburg

Wenn eine Werbekampagne 200 000 Euro kostet, dann sollte sich ein gewisser Effekt einstellen. Der Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund (AVV) wirbt in der Stadt und im Umland mit Plakaten für seine neuen Tarife. "Für 99 Cent am Tag durch Augsburg", ist da zu lesen. Auf dem Plakat ist eine feixende Frau mit einem zugekniffenen Auge abgebildet.

Etliche Nutzer von Bus und Tram fühlen sich von der Werbung aber nicht angezogen, sondern verschaukelt. Jedenfalls hagelt es Kritik an den neuen Tarifen: 350 Beschwerden gehen derzeit pro Woche beim AVV ein; das sind weit mehr als doppelt so viele wie sonst. Die Fahrgäste ärgern sich über die Augenwischerei der Kampagne, denn die Tarifreform hat teils eine Verteuerung von 100 Prozent des Fahrpreises auf bestimmten Strecken zur Folge.

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Der AVV befördert in einem Gebiet mit 710 000 Einwohnern pro Jahr etwa 80 Millionen Fahrgäste. Dennoch macht der Verkehrsverbund Verlust - zuletzt 40 Millionen Euro. Das Defizit sollte sich durch die Tarifreform reduzieren. Doch danach sieht es nicht aus. In Leserbriefen an die Augsburger Lokalzeitung kündigen zahlreiche Bürger an, künftig wieder aufs Auto umzusteigen, weil ihnen die Fahrt mit Bus und Bahn zu teuer ist. Diesen Effekt wollten weder der AVV noch die Kommunalpolitiker aus Stadt und Landkreis erreichen, die für den öffentlichen Nahverkehr zuständig sind. Im Augsburger Stadtrat gab es deswegen eine hitzige Debatte.

Immerhin im Augsburger Umland hat sich an den Fahrpreisen nicht viel geändert, auf manchen Strecken ist man sogar günstiger unterwegs als vor der Reform, die zum Jahreswechsel in Kraft trat. In der Innenstadt allerdings hat sich der Preis für eine Einzelfahrt verdoppelt, weil zwei Tarifzonen zu einer zusammenlegt wurden. Und dafür zahlen die Fahrgäste nun den teureren Tarif von 2,90 Euro. Sie können alternativ ein Kurzstreckenticket wählen, das 1,45 Euro kostet, aber nur für bis zu fünf Haltestellen gilt. Fünf Haltstellen sind rasch abgefahren für viele Innenstadtpendler, weshalb sie nun auf das teurere Zonenticket angewiesen sind. Der Ärger darüber ist groß.

Dabei fahren die Augsburger noch immer vergleichsweise günstig. In Nürnberg beispielsweise zahlen Fahrgäste für die Kurzstrecke 1,60 Euro und können damit nur vier Haltestellen passieren. Sind sie mit der U-Bahn unterwegs, gilt das Ticket nur für zwei Haltepunkte. Dies ist in Augsburg aber nicht relevant, weil es hier keine U-Bahn gibt. Die Münchner zahlen für ein Kurzstreckenticket 1,50 Euro, es gilt für vier beziehungsweise zwei Haltestellen.

Die günstigsten Tarife gibt es nur im Abo

Die Tarifreform in Augsburg war zwei Jahre lang ausgetüftelt worden und sollte die Fahrpreisgestaltung einfacher und übersichtlicher machen. Eine Wochenkarte gibt es nicht mehr, auch kein Seniorenticket. Es ist zwar durchaus möglich, für nur 99 Cent durch die Stadt zu fahren, wie auf dem Werbeplakat beschrieben. Dafür brauchen die Kunden aber ein Abo.

Der Geschäftsführer der für den Nahverkehr zuständigen Stadtwerke verteidigte die neuen Tarife im Augsburger Stadtrat. Walter Casazza meinte, es sei ja das Ziel der Reform, die Fahrgastzahlen zu steigern und die Zahl der Autos in der Stadt zu reduzieren. Nach seinen Angaben zeige sich auch schon eine positive Entwicklung. Seit Jahresbeginn habe der AVV 4800 neue Abos verkauft, wobei das 9-Uhr-Ticket und das Schülerabo besonders gefragt seien.

Reform und Werbung sollen auf den Prüfstand

Den Stadträten, die die Reform zuvor mehrheitlich abgenickt hatten, sitzt nun aber der Zorn der Wähler im Nacken. Deshalb gaben sie sich auch nicht mit den Zahlen des Stadtwerke-Chefs zufrieden, sondern verpflichteten ihn, auf die Kritik der Bürger einzugehen. In einem Bürgerforum sollen die strittigen Punkte diskutiert werden. Zunächst aber sollen die Stadtwerke Daten über das Fahrgastaufkommen und den Ticketverkauf sammeln und auswerten. Bis Ende März haben die Stadtwerke dafür Zeit. Im April will sich der Stadtrat erneut mit der Tarifreform befassen und möglicherweise Korrekturen vornehmen. Zur Debatte steht, das günstige 9-Uhr-Abo bereits ab 8 Uhr gelten zu lassen.

Die zweite Bürgermeisterin Eva Weber (CSU) räumte ein, dass die Kommunikation mit den Bürgern nicht gut genug gewesen sei, man habe sie nicht umfassend informiert. Deshalb soll nun auch die Werbekampagne auf den Prüfstand - damit sich die Fahrgäste nicht länger verschaukelt fühlen.

© SZ vom 26.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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