Nachtragsetat für 2012:Klausur der Superlative

CSU und FDP haben auf der Klausur in Gmund am Tegernsee den Sack zugemacht und zahlreiche Investitionen beschlossen. Die SZ gibt einen Überblick über die Details, für die sich das Kabinett nun in höchsten Tönen lobt.

Frank Müller

"Historische Weichenstellung", "beispielhafte Finanzpolitik", Bayern als "Stabilitätsoase in Europa" - an Superlativen in eigener Sache ließ es die schwarz-gelbe Koalition am Wochenende nicht fehlen. Grund für den Jubel bei Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), seinem FDP-Vize Martin Zeil und dem neuen Finanzminister Markus Söder (CSU) war der bei einer Finanzklausur in Gmund am Tegernsee erfolgreich abgeschlossene Nachtragsetat für 2012. Er beinhaltet vor allem das viel diskutierte Sonder-Investitionsprogramm über 700 Millionen Euro. Ansätze davon waren schon vorab während der mehrwöchigen Beratungen bekannt geworden. Am Samstag machte das Kabinett schließlich zum Abschluss der zweitägigen Klausur den Sack zu und beschloss zahlreiche Investitionen. Die SZ gibt einen Überblick über die Details:

Klausur des bayerischen Kabinetts

So sieht die Stabilitätsoase Europas aus: Horst Seehofer freut sich bei der Klausur in Gmund am Tegernsee über die Sonne und den Etat.

(Foto: dapd)

Kostenloses Kindergartenjahr

Vor allem die FDP hatte die Gebührenfreiheit für das letzte Kindergartenjahr gefordert, nun kommt es wirklich dazu. Zum 1. September 2012 will der Freistaat zunächst die Hälfte der Gebühren übernehmen, im Jahr darauf dann 100 Prozent. Die Auszahlung läuft als Zuschuss, Berechnungsgrundlage ist laut Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) eine typische Sechs-Stunden-Belegung. Daraus ergibt sich ab 2012 ein monatlicher Zuschuss von 50 Euro, ab 2013 dann 100 Euro. Das komme auch den Kommunen zugute.

Auf Wunsch der CSU wurde die Entlastung der Eltern an inhaltliche Verbesserungen in den Kindergärten geknüpft. Durch einen besseren Betreuungsschlüssel sollen nun viele Kindergärten kleinere Gruppen bekommen. Haderthauer zeigte sich darüber erleichtert: "Quantität und Qualität gehören zusammen." Grünen-Chefin Theresa Schopper kritisierte die Gebührenreform scharf als "Geschenk an die Gutverdiener". SPD-Finanzexperte Volkmar Halbleib bedauerte dagegen, die Koalition habe "nicht die Kraft gehabt, die Kostenfreiheit des letzten Kindergartenjahres in einem Zug umzusetzen".

Gesamtkosten des Programms für den Staat: 31 Millionen Euro.

Straßennetz und Bildungspaket

Bildungspaket

Mehr als 90 Millionen Euro sollen in ein Ausbauprogramm für die Kinderkrippen fließen, außerdem gibt es ein separates Projekt für die Schulen, das Unterrichtsausfall minimieren und den Ganztagesschulbetrieb ausbauen soll. Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) bekommt mehr als 1000 neue Lehrerstellen. Wichtiger Teil des Bildungsprogramms ist laut Seehofer der Erhalt von Grundschulstandorten auf dem Land.

Profitieren sollen auch die Universitäten. Sie bekommen 18 Millionen zusätzlich, um neue Studienplätze aufzubauen, mittelfristziel 10.000 neue Plätze. Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) versprach mehr englischsprachige Studiengänge und mehr Engagement bei den Hochschulen abseits der großen Zentren.

Gesamtkosten des Bildungspakets 2012: 138 Millionen Euro.

Staatsstraßen/Ländlicher Raum

Hier setzte die CSU einen kräftigen Anschub durch. 105 Millionen Euro werden allein im nächsten Jahr zusätzlich ins Straßennetz gesteckt. Die Summe ist Teil eines sogenannten Aktionsplans demographischer Wandel: Mit ihm soll dem Trend zur Abwanderung und Überalterung vor allem im Nordosten Bayerns begegnet werden. Geplant sind Förderprogramme für die Wirtschaft, Unterstützung bei der Dorferneuerung sowie die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung. Auch für ein schnelles Breitbandinternet stehen 20 Millionen bereit. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hält dies allerdings für völlig unzureichend.

Gesamtkosten: 232 Millionen Euro.

Energiewende und Beamtenbezüge

Energiewende

Der Ausstieg aus der Atomkraft soll nun endlich finanziell angeschoben werden, daran fehlt es bislang im Staatshaushalt. Geplant sind Forschungsprojekte unter anderem für neue Stromspeichertechniken, die Modernisierung von Wasserkraftwerken und staatlichen Gebäuden sowie neue Photovoltaikanlagen. Seehofer kündigte für die Energiewende an, "dass Bayern seine absolute Führungsrolle behaupten und darstellen möchte".

Beamtenbezüge

Trotz wütender Proteste des Beamtenbundes bleibt es bei der gestaffelten Erhöhung der Bezüge. Nach 1,9 Prozent zum 1. Januar kommen erst am 1. November 2012 weitere 1,5 Prozent dazu. Auch die müssen die Ministerien erst noch durch Einsparungen an anderer Stelle selbst finanzieren. Unter anderem CSU-Fraktionschef Georg Schmid hatte für eine Vorziehung der Erhöhung gekämpft, aber erfolglos.

Seehofer appellierte an die Beamten, auch die nicht selbstverständlichen sonstigen Leistungen des Staates zu betrachten, etwa die Reduzierung der Wochenarbeitszeit und das gleichbleibende Weihnachtsgeld. SPD-Finanzsprecher Halbleib nannte die späte Erhöhung einen "Schlag ins Gesicht der Beschäftigten".

Eckdaten

Genauso euphorisch wie die neuen Investitionssummen kommentierten die Kabinettsmitglieder die sonstigen Rahmendaten des Haushalts. Die Steuermehreinnahmen für 2011 und 2012 werden mit 3,5 Milliarden Euro so unerwartet stark ansteigen, dass noch 1,2 Milliarden in die Rücklagen gepumpt werden können und Staatsschulden von 250 Millionen Euro getilgt werden.

Wirtschaftsminister Zeil meinte: "Eine Viertelmilliarde für die Schuldentilgung - das ist einzigartig." Der gesamte Nachtragshaushalt für 2012 beträgt damit 43,1 Milliarden Euro - für Seehofer der Beweis dafür, "dass Bayern glänzend dasteht" - so gut "wie nie zuvor in seiner Geschichte".

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