Süddeutsche Zeitung

Nachruf:Schweres Erbe

Zum Tod von Rudolf Konrad von Montgelas

Von Hans Kratzer, Egglkofen

Wenn er über seinen durchaus umstrittenen Vorfahren, den großen Staatsreformer Maximilian von Montgelas (1759-1838) sprach, dann duldete Rudolf Konrad von Montgelas keine Widerrede. "Über keinen anderen Menschen, der für Bayern so viel getan hat, ist derart maßlos gelogen worden wie über meinen Ur-Ur-Urgroßvater", polterte er dann los, um eines ein für allemal klarzustellen: "Montgelas hat Bayern zu dem gemacht, was es heute ist!" Ein geliebter Volksheld wurde der alte Montgelas trotzdem nicht. Ein Mitglied seiner Familie zu sein, bedeutet immer auch, ständig kämpfen und sich gegen Anfechtungen aller Art behaupten zu müssen. Für Rudolf Konrad von Montgelas, der Auseinandersetzungen nie gescheut hat, fand der irdische Kampf nun ein Ende. In der vergangenen Woche ist er im Alter von 76 Jahren in einer Klinik in Bad Aibling gestorben.

Zweifellos verschwindet mit ihm ein Stück jenes alten Adelsstolzes, der das ländliche Bayern auf seine Weise geprägt hat, oft im Guten, hin und wieder auch im Schlechten. Rudolf Konrad von Montgelas lebte in jenem Schloss in der Ortschaft Egglkofen (Landkreis Mühldorf), das sein berühmter Vorfahre nach seinem politischen Sturz als Alterssitz erworben hatte. Damals transferierte er sein gesamtes Mobiliar sowie sämtliche Bücher und Unterlagen aus München in dieses abgelegene Heim, in dem sich erstaunlich viele Relikte erhalten haben. Wenn ein Gast das Schloss betritt, fühlt er sich durch das anrührende Ambiente schlagartig in die Zeit des alten Montgelas zurückversetzt.

Rudolf Konrad von Montgelas hatte das Schloss seiner Vorfahren in den Sechzigerjahren übernommen. Seinerzeit war das Anwesen ein großer Wirtschaftsbetrieb, zu dem Land- und Forstwirtschaft sowie eine Brauerei gehörten. Der gelernte Industriekaufmann mischte auch auf vielen politischen Baustellen mit, sei es als Gemeinderat in Egglkofen, sei es als Berater in der großen Politik, dessen Kontakte bis in das Politbüro der Sowjetunion hineingereicht haben sollen.

Den umfangreichen Wirtschaftsbetrieb zu erhalten, funktionierte schließlich angesichts zunehmender Strukturkrisen nicht mehr. 2005 hätte der Freistaat Bayern das Egglkofener Schloss nach dem Willen des damaligen Finanzministers Kurt Faltlhauser kaufen sollen. Montgelas steckte finanziell in der Klemme. Das Kabinett bekam aber angesichts der Finanzkrise kalte Füße und beließ es dabei, lediglich einige Erinnerungsstücke zu erwerben wie etwa Montgelas' historische Aktentasche.

Im Jahr 2011 brachte Rudolf Konrad von Montgelas fast seinen gesamten Besitz in eine Stiftung ein, die nicht nur das Schloss und den Schlosspark, sondern sämtliche Ländereien und Immobilien umfasste, die er einst von seinem Adoptivvater Emmanuel Graf von Montgelas geerbt hatte. Durch die Stiftung sollte der Bestand der Anlage gesichert werden. Einige Flächen waren vorher zur Schuldentilgung verkauft worden. Denkwürdig war Montgelas' Auftritt in der Regierung von Oberbayern, wo er die Urkunde seiner Stiftung entgegennahm und deren ehrgeizige Ziele formulierte: "Ohne meinen großen Vorfahren Maximilian von Montgelas stünden wir nicht hier", sagte er, "der Kurfürst hätte Bayern eiskalt an Österreich verscherbelt. Weil dieser Kelch vorübergegangen ist, kann die Stiftung nun darangehen, das geistige, kulturelle und materielle Erbe des Maximilian von Montgelas und seiner Familie zu sichern."

Dem Kuratorium der Stiftung, dem Theo Waigel, Roland Berger, Luitpold Prinz von Bayern, Georg Fahrenschon und Marcel Huber angehören, stand Rudolf Konrad von Montgelas als einziges Mitglied des Stiftungsrat gegenüber. Sein streitbarer Geist hat eine Harmonisierung der Stiftungsarbeit zumindest verzögert. Die Ziele der Stiftung, etwa die Vertiefung der bayerisch-französischen Freundschaft, bestehen aber fort. Am Samstag wird Rudolf Konrad von Montgelas in der Familiengruft in Egglkofen zur letzten Ruhe gebettet.

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Quelle:
SZ vom 24.11.2015
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