Nachruf:Ludwig Fisch ist gestorben

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Der in Kellberg bei Passau geborene Ludwig Fisch kam im Jahr 1963 zur „Süddeutschen Zeitung“. Nach 13Jahren im Lokalen wechselte er zum Bayernteil. (Foto: Privat)

Von Hermann Unterstöger, München

Was aus dem "Wienerwald" am Times Square geworden ist, darüber hat er sich später keine Gedanken mehr gemacht. Dass aber er und noch ein paar Journalisten seinerzeit mit Friedrich Jahn, dem "Hendl-Jahn", nach New York flogen, um die an der Fassade besagter Filiale prangende riesige Kuckucksuhr ihrer dubiosen Bestimmung zu übergeben, das hat Ludwig Fisch oft und gern erzählt, und selbst wer die Geschichte schon auswendig kannte, war stets von neuem entzückt von der Skurrilität des Ereignisses und dem bodenständigen Witz, mit dem "der Wigg" derlei Schnurren zu zelebrieren wusste.

Fisch stammte aus Kellberg bei Passau, einem anerkannt gesundheitsfördernden Ort, dessen Kräfte bei ihm jedoch nicht anschlugen. Mit 15 hatte er einen Magendurchbruch, was den Arzt bewog, die Eltern darauf vorzubereiten, dass sie den Buben nicht lange haben würden. Dessen ungeachtet ging er mit dem Restmagen, der ihm nach mehreren Operationen verblieben war, durchs Leben - nachdenklich, heiter und in durchaus freundlichem Andenken an den Medizinmann von damals. Seine Frau Bernadette wachte über Mann, Magen und Schnurren, Sohn Ulrich wurde vernünftigerweise Arzt.

Seinen journalistischen Weg nahm er bei der Passauer Neuen Presse auf. Ohne die Arbeit, die Ludwig Fisch durch eine Vielzahl von Nebenstellen führte, kleinreden zu wollen, ist zu konstatieren, dass es jenseits davon die Geschichten waren, die blieben und die er zum Vergnügen aller weitererzählte. Man könnte sein Niederbayern mit Rezzoris Fantasieland Maghrebinien vergleichen: recht eigentlich aus nichts als Geschichten bestehend.

Zur Süddeutschen stieß er 1963, wo man ihm gewichtige Aufgaben zuwies: Berichte aus dem Münchner Stadtrat, die Beobachtung des Baues der olympischen Anlagen, das Riesenprojekt der entstehenden U-Bahn. Seine Erzählungen aus der Zeit hatten nichtsdestoweniger etwas Märchenhaftes an sich, sei es, dass es um die Telefonzelle im dicht besetzten Büro ging, in der man vertrauliche Gespräche führen konnte, sei es, dass er sich an den Auftrag erinnerte, über Personen mit Tiernamen zu schreiben, und das ersichtlich darum, um die Überschrift "Fisch spricht mit Hund und Katz" ins Blatt zu bringen.

Nach 13 Jahren im Lokalen wechselte er als Redakteur in den Bayernteil, dem er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2000 treu blieb. Seine Aufgabe und Freude waren es, den südostbayerischen Raum journalistisch zu betreuen, als "Oberland-Korrespondent", wie man dazu früher sagte. Hier bot sich ihm das bunte bayerische Leben. Kein Thema, vor dem er Reißaus genommen hätte, und so konnte sein damaliger Chef Dieter Baur zum Abschied vorrechnen, dass man mit seinen Artikeln eine Papierbahn von München bis Murnau legen könnte.

Nichts tat er lieber als lesen, und vieles davon gedachte er im Ruhestand nachzuholen. Das Schicksal wollte es anders. Es kam eine Augenkrankheit, es kam Parkinson, und dann kamen vier Schlaganfälle, deren letzten der leise, tapfere Mann nicht lange überlebte. Am Mittwoch ist Ludwig Fisch im Alter von 82 Jahren gestorben.

© SZ vom 21.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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