Süddeutsche Zeitung

Nach Schottdorf-Prozess:Gericht rügt Münchner Staatsanwaltschaft wegen unzulässiger Ermittlungen

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Von Dietrich Mittler, München

Die langwierigen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Augsburger Laborarzt Bernd Schottdorf und seine umstrittene Abrechnungspraxis haben jetzt ein pikantes Nachspiel. Das Landgericht München I hat in einem Urteil das Verhalten der Staatsanwaltschaft München I scharf gerügt. Nach Auffassung des Gerichts hat diese zu Unrecht gegen einen leitenden Polizeibeamten der "Soko Labor" ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Unter anderem wegen des Verdachts, falsch ausgesagt zu haben.

Wie sich aus einer Erklärung der Staatsanwaltschaft Würzburg vom Mittwoch herausdeuten lässt, soll diese nun das damalige Vorgehen ihrer Münchner Kollegen überprüfen. Das Landgericht München I ist sich indes sicher: Im konkreten Fall liege sogar eine Amtspflichtverletzung der Staatsanwaltschaft München I vor. Demnach hätte gegen den Beamten des Landeskriminalamtes keinesfalls ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden dürfen.

Das jedoch war geschehen, nachdem der im Zuge eines Gerichtsverfahrens als Zeuge seinem Unbehagen Ausdruck gab: Er habe den Eindruck, dass die Soko Labor in ihrer Ermittlungsarbeit behindert worden sei. Und zwar, nachdem Papiere über Spenden an die CSU durch das Medizinlabor Dr. Schottdorf gefunden worden waren. Nach Auffassung des Landgerichts München I handelt es sich bei dieser Äußerung des Beamten jedoch um eine bloße Vermutung, nicht aber um eine Tatsachenbehauptung.

Zudem hätten die spontanen Bemerkungen des Beamten nicht einmal annähernd den Untersuchungsgegenstand betroffen. Es gebe also gar keine Anhaltspunkte für strafbares Verhalten. Zudem kritisierten die Richter deutlich, dass das von der Staatsanwaltschaft München I eingeleitete Ermittlungsverfahren entgegen dem gesetzlichen Beschleunigungsgebot nicht früher beendet worden sei.

In einem Zivilverfahren wollte der betroffene Kripo-Beamte nun vom Freistaat Bayern Schmerzensgeld einklagen sowie die Ausgaben für seinen Rechtsanwalt und entstandene Fahrtkosten ersetzt bekommen. Zusammen hätte dies einen Betrag von etwas mehr als 8000 Euro ergeben. Tatsächlich aber sprach ihm das Gericht nur 418,10 Euro zu. Der niedrige Betrag führt nun aber dazu, dass das Urteil von dem Beklagten nicht mehr in einer höheren Instanz angefochten werden kann. Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft München I andeutete, hätte diese das gern gesehen. Leider aber werde die Berufungssumme in Höhe von 600 Euro nicht erreicht.

Auch politisch schlägt das Urteil Wellen. "Die Entscheidung hat schon eine Wucht", sagte der SPD-Abgeordnete Franz Schindler, der als stellvertretender Vorsitzender im Landtag den Untersuchungsausschuss Labor mitgeleitet hatte. Sepp Dürr von den Grünen betonte: "Das Urteil bestätigt genau das, was wir im Untersuchungsausschuss immer gesagt und für mein Dafürhalten auch nachgewiesen haben."

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SZ vom 08.02.2018
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