Nach Neonazi-Überfall:Wieder wird Robert zum Opfer

Vor drei Jahren prügelten Neonazis Robert B. aus Lindau, damals 19 Jahre alt, fast tot. Dann verzockte der Vater die Rente des Sohnes.

Mike Szymanski

Im Spätsommer 2006 hatten zwei österreichische Neonazis den Lindauer Robert B. nachts überfallen und fast totgeprügelt. Es war ein erschütterndes Verbrechen. Mehr als zwei Monate lang lag der damals 19-Jährige im Koma, seither ist er schwerbehindert. Er braucht ständig Hilfe.

Nach Neonazi-Überfall: Robert B. ist nach einem Überfall von Neonazis schwerbehindert. (Archivbild)

Robert B. ist nach einem Überfall von Neonazis schwerbehindert. (Archivbild)

(Foto: Foto: dpa)

Die Neonazis haben sein Leben zerstört, sie sitzen in Haft. Nun ist Robert ein zweites Mal zum Opfer geworden. Sein Vater muss sich derzeit in Lindau vor Gericht verantworten, weil er für Robert bestimmtes Rentengeld und Spenden in Spielhallen verzockt haben soll - es fehlen etwa 36.000 Euro.

Es ist eine jener Geschichten, die erst nach einem Verbrechen ihren Anfang nehmen. Dann, wenn Opfer von Gewalt mit dem nicht fertig werden, was ihnen widerfahren ist. Einige gehen daran zugrunde, andere werden selbst zu Tätern.

Roberts Vater, vom Gericht als Betreuer eingesetzt, fing an, die Konten seines Sohnes abzuräumen. Dort hatten sich beträchtliche Summen angesammelt - die Versorgungsrente und mehr als 22.000 Euro Spenden. Roberts Schicksal hatte viele Menschen so sehr bewegt, dass sie dem jungen Mann aus einfachen Verhältnissen, der eine Ausbildung zum Elektriker begonnen hatte, finanziell helfen wollten.

Zum Prozessauftakt gab der Vater zu, dass er ein Spieler sei, seit fast zwei Jahrzehnten schon zocke er in Spielhallen und in Casinos. "Ich habe fürs Spielen gelebt", sagte er. Meistens stand ihm dafür aber nicht allzu viel Geld zur Verfügung, er war immer mal wieder arbeitslos oder hatte Gelegenheitsjobs.

Plötzlich war Geld da

Aber nach dem Überfall auf seinen Sohn Robert, der bis dahin bei ihm lebte, war plötzlich Geld da. Mal steckte der Vater an einem Abend 400 Euro in die Spielautomaten, ein anderes Mal ließ er 1000 Euro in der Spielbank Lindau. Wenn er wieder Geld brauchte, hob er es von Roberts Konto ab.

Ende vergangenen Jahres wurden die Behörden stutzig. "Es kam zu Unregelmäßigkeiten", berichtet Betreuungsrichter Eckhard Turowski. Eine Rechtsanwältin, die dem Vater vom Betreuungsgericht zur Seite gestellt worden war, fand heraus, dass Abrechnungen fehlten und größere Summen verschwanden. Anfangs ging man noch von wenigen tausend Euro aus, die fehlten. Aber die Ermittlungen brachten das ganze Ausmaß ans Licht.

Jetzt soll ein Gutachter klären, ob und inwieweit die Spielsucht die Schuld des Angeklagten mindert. Der Vater sagt, er habe angefangen, einen Teil des Geldes zurückzuzahlen. Er habe inzwischen professionelle Hilfe gesucht.

Robert hilft das alles wenig. Seine heutige Betreuerin, die Anwältin Barbara Dehus, hat erst mal veranlasst, dass der junge Mann die richtige Hilfe bekommt. Bisher war er in einem Altenheim untergebracht, dort wurde er zwar gut versorgt, aber nicht so gefördert, wie es heute möglich ist.

Eine Fachklinik bei Augsburg hat ihn jetzt aufgenommen. Sein Gesundheitszustand habe sich in den vergangenen Jahren nicht wesentlich verbessert. "Er wird immer Hilfe brauchen", sagt Dehus. Robert kann kaum auf seine Umwelt reagieren, nur wenige Laute und Worte von sich geben. Zur Zeit sei er finanziell abgesichert, im Alter aber werde ihm Geld fehlen. "Niemand kann sagen, was er dann braucht und was das kostet", sagt die Anwältin.

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