Nach Kompromiss zu Studiengebühren:Liberale ringen mit sich selbst

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Der Vorsitzende der FDP-Fraktion Thomas Hacker (links) und Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil: Auf dem Parteitag steht ihnen ein schwerer Gang bevor. (Foto: dpa)

Die Einigung zu den Studiengebühren wird vor allem an der Parteibasis der bayerische FDP als "Umfallen" bewertet. Auf dem Parteitag ist deshalb mit einer Abstrafung zu rechnen. Falls der Kompromiss sogar durchfällt, dann wäre in Bayern was los.

Von Frank Müller und Mike Szymanski

Umfallen, dieses Wort mag Thomas Hacker überhaupt nicht. Der FDP-Fraktionschef im Landtag sieht die Wende, die seine Partei jetzt bei den Studiengebühren vollzog, eher als eine Art von Konsequenz. Denn schließlich hätten die Liberalen von Anfang an den besonderen Wert der frühkindlichen Bildung für die Gesellschaft betont, sagt Hacker.

Genau dort habe die FDP durch ihren Kompromiss mit der CSU nun wichtige Punkte durchgesetzt. Auf immerhin 421 Millionen Euro summiert sich das komplette Bildungspaket, mit dem sich die Liberalen nun ihre Zustimmung dazu abkaufen ließen, dass die CSU gegen die Vereinbarung im Koalitionsvertrag die Studiengebühren im Landtag gemeinsam mit der Opposition abschaffen darf.

Doch an der Basis der Partei können viele den schnellen Argumentationswechsel noch nicht nachvollziehbaren. Monatelang hatte die Parteiführung das Motto "Standhaft bleiben" ausgegeben. Das hat Spuren hinterlassen, auch bei vielen Delegierten, die die Wende am kommenden Wochenende beim Landesparteitag in Aschaffenburg billigen sollen. Falls diese Prozedur schief geht, dann wäre in Bayern etwas los: Nicht nur die Koalition wäre damit endgültig geplatzt, auch der Landesvorstand unter Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wäre am Ende.

Es steht viel auf dem Spiel, alleine das spricht dafür, dass die Delegierten ihren Unmut zwar deutlich machen. Aber dann letztlich doch bei der Stange bleiben. Damit rechnet auch der Koalitionspartner. CSU-Chef Horst Seehofer sagt: "Ich gehe davon aus, dass es der FDP-Spitze gelingen wird, die Parteibasis zu überzeugen, weil es ein sehr gutes Paket ist."

Es gibt zwei Ventile, um in Aschaffenburg Dampf abzulassen: die Abstimmung über den Koalitionskompromiss und die Neuwahl des Vorstands. Dass es dabei zu Abstrafungen kommen könnte, damit wird in der Partei gerechnet. Treffen, heißt es, könne der Zorn aber nicht nur die Verhandlungsführer um Leutheusser-Schnarrenberger und Hacker. Sondern etwa auch Landesvize Andreas Fischer, der aus der Parteilinie ausgeschert war und für eine Abschaffung der Gebühren votiert hatte.

Der Unmut gegen den Koalitionskompromiss hat auch in der Landtagsfraktion ein Gesicht: Tobias Thalhammer, immerhin Fraktionsgeschäftsführer. "Im Moment fällt es mir schwer, dem Verhandlungsergebnis zuzustimmen", sagt er ganz offen. Er bemängelt, dass die Finanzierung des Bildungspakets nur zum Teil durch Einsparungen im Haushalt gesichert sei. Der Großteil kommt aus unerwarteten aktuellen Steuermehreinnahmen. Aber was, so fragen die Kritiker, wenn die bei schlechter werdender Konjunktur nicht mehr so stark fließen?

Thalhammer setzt für seinen Protest auch die eigene Karriere aufs Spiel: Eigentlich hätte er als wahrscheinlicher neuer Fraktionsvize zum Ersatz für den plötzlich aus der Fraktion ausgetretenen Münchner Abgeordneten Otto Bertermann gegolten. Nun gebe es einige Vorbehalte gegen ihn, heißt es in der Fraktion. Der Posten wird in der kommenden Woche neu besetzt.

"Wenn ich schon eine Meinung habe..."

Thalhammer ist zugleich das prominenteste Aushängeschild der Nachwuchsorganisation Julis. Die haben sich schon auf ein Nein in Aschaffenburg festgelegt. Und sie stellen immerhin gut ein Achtel der Delegierten. Im Zweifelsfall solle die Partei lieber die Koalition aufgeben als ihre Grundsätze der soliden Finanzierung, sagt Juli-Landeschef Matthias Fischbach.

Die Parteibasis sei jedenfalls "aufgewühlt", so beschreibt es auch Otto Hauf, liberaler Kreischef in Eichstätt. "Ich habe mein Problem mit dem Kompromiss und hoffe, dass der Parteitag ihn kippen wird." Es sei den Anhängern schwer zu vermitteln, wenn man sich erst hinstellt und "groß ankündigt, wir stehen zu den Studiengebühren und dem Volksentscheid, und dann doch einen Kompromiss eingeht". Genauso sieht das Dominik Spitzer, Kreischef in Kempten: "Wenn ich schon eine Meinung habe, dann darf ich die nicht ändern und der CSU nachgeben."

Die meisten, mit denen er gesprochen habe, seien der Meinung gewesen, "die FDP hätte standhaft bleiben sollen". Selbst jene Kreisvorsitzenden, die wie Stephan Meier (Amberg), Thomas Nagel (Kulmbach) und Christian Joachim (Hof-Land) den Kompromiss für richtig halten, stellen sich auf harte Debatten am Parteitag ein. Es gelte, sagt Joachim doch den Vorwurf zu entkräften: "Ihr seid wieder umgefallen."

© SZ vom 26.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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