Süddeutsche Zeitung

Nach Isar 1:AKW Grafenrheinfeld wird abgeschaltet

Zwei von fünf bayerischen AKW werden ab nächster Woche abgeschaltet sein. Am Samstag geht der Meiler Grafenrheinfeld vom Netz. Doch der Betreiber Eon warnt schon vor Engpässen.

Christian Sebald

Diesen Samstag geht das unterfränkische Kernkraftwerk Grafenrheinfeld vom Netz. Das hat ein Sprecher des Betreibers Eon am Montag der Süddeutschen Zeitung bestätigt. Damit stehen von nächster Woche an zwei von fünf Atomreaktoren im Freistaat still. Der Alt-Reaktor Isar 1 wurde bereits vergangenen Donnerstag abgeschaltet. Im Mai wird dann noch der Reaktor B im schwäbischen Kernkraftwerk Gundremmingen für eine Revision herabgefahren. Deutschlandweit könnten im Mai sogar 13 Atomreaktoren stillstehen.

Vor diesem Hintergrund werden nun immer mehr Warnungen vor Versorgungsengpässen laut. So sagte Eon-Chef Johannes Teyssen in einem Interview, es werde schon jetzt äußerst schwer, das Stromnetz stabil zu halten. Noch weiter reichende Maßnahmen wie der teils geforderte komplette Ausstieg aus der Atomkraft seien "überhaupt nicht zu verkraften".

Auch der Netzbetreiber Tennet, der den größten Teil des Stromnetzes in Bayern unterhält, hält "Anpassungen für nötig, um das Leitungsnetz stabil zu halten", wie ein Unternehmenssprecher in Bayreuth sagte. Was die Stromproduktion selbst anbelangt, sei der Ausfall der 13 Reaktoren allerdings verkraftbar. Wirtschaftsminister Martin Zeil, der für die Energieversorgung zuständig ist, lässt die Befürchtungen nicht gelten. "Grundsätzlich ist die Sicherheit der Kernkraftwerke unser oberstes Gebot", sagte Zeil, der bislang freilich als einer der vehementesten Kernkraft-Befürworter in der Staatsregierung galt.

Anders als der Alt-Reaktor Isar 1 wird Grafenrheinfeld nicht im Zuge des dreimonatigen Moratoriums stillgelegt, das die Bundesregierung nach der Atomkatastrophe in Japan erlassen hat. Die siebenwöchige Revision ist bereits seit Wochen angesetzt. Dabei soll vor allem ein Thermoschutzrohr im Kühlsystem des Reaktors ausgetauscht werden, das womöglich einen Riss hat. Der mögliche Defekt sorgte schon Wochen vor der Katastrophe in Japan für einen massiven Streit zwischen Umweltminister Markus Söder (CSU) und der Landtagsopposition.

Der Grünen-Abgeordnete Ludwig Hartmann wirft Eon und Söder vor, die mögliche Panne monatelang vertuscht zu haben. Deshalb fordern nun immer mehr Atomgegner, unabhängige Gutachter zu der Revision hinzuzuziehen. Söder wollte sich dazu nicht äußern. Bisher erklärte er stets, Grafenrheinfeld sei vollkommen sicher. Die ÖDP drohte unterdessen in der Atomdebatte mit der Abberufung des Landtags. Sollte Isar 1 nach dem dreimonatigen Moratorium nicht endgültig stillgelegt werden, will die Ökopartei ein Volksbegehren zur Auflösung des Landtags starten.

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SZ vom 22.03.2011/vsch
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