Süddeutsche Zeitung

Nach Feuer in Schlachterei:Brand gefährdet Arbeitsplätze

  • Nach dem Großbrand bei der Firma Wiesenhof ist unklar, ob und wie es mit der Produktionsstätte bei Bogen weitergeht.
  • Laut ersten Schätzungen beträgt der Schaden eine zweistellige Millionensumme.
  • Für den Landkreis Straubing-Bogen bedeutet der Großbrand einen schweren wirtschaftlichen Schlag. Der Betrieb ist einer der zehn größten Arbeitgeber der Region.

Von Christian Sebald, Wolfgang Wittl, Bogen

Als sich die Rauchschwaden verzogen hatten, bot sich das ganze Bild der Verwüstung. Um zu erkennen, dass die Hühner-Großschlachterei der Firma Wiesenhof in Hofweinzier bei Bogen seit Montag nur noch eine Firmenruine ist, reichte ein einziger Blick. Eine zweistellige Millionensumme beträgt der Schaden laut ersten Schätzungen, konkrete Zahlen werden erst Gutachter nennen können. Deren Besuch jedoch muss warten: Nicht einmal die Brandfahnder der Polizei dürfen das mehrere tausend Quadratmeter große Gelände derzeit betreten. Zu groß ist das Risiko, von einstürzenden Dachteilen erschlagen zu werden. Wer sich trotzdem auf die Anlage wage, begebe sich in "absolute Lebensgefahr", warnt ein Polizeisprecher.

Eine Spezialfirma soll nun die miteinander verbundenen Hallen nach und nach mit einem Kran abtragen. Erst dann wird die Polizei die Ursache des Feuers ermitteln können. Fachleute gehen nach jetzigem Stand von mindestens drei Brandherden in dem Komplex aus, vorsätzliche Brandstiftung könne wohl ausgeschlossen werden. 220 000 Hühner wurden in Hofweinzier zuletzt täglich geschlachtet. Wann die Produktion wieder aufgenommen wird, darüber kann im Moment nur spekuliert werden. Einige der fast 500 am Einsatz beteiligten Rettungskräfte bezweifelten angesichts des immensen Schadens sogar, dass der Schlachtbetrieb in Hofweinzier überhaupt jemals wieder weitergehen werde. Der Aufbau des Standortes werde wohl Monate dauern, hieß es.

Wiesenhof will Hühner auf andere Schlachtbetriebe verteilen

Bei Wiesenhof selbst gab man sich in dieser Frage ebenfalls sehr zurückhaltend. Eine Unternehmenssprecherin bestätigte nur, dass fast die gesamte Schlachterei von dem Großfeuer betroffen ist. Ob der weitläufige Komplex nahe der Donau womöglich sogar abgerissen und komplett neu aufgebaut werden muss und wie lange die Arbeiten dauern könnten, wollte die Sprecherin nicht sagen. Sie wollte nicht einmal ein Bekenntnis zum Standort Hofweinzier abgeben. "Wir klären gerade all diese Fragen", erklärte sie nur, "und werden uns dann zu genau diesen Aspekten in den nächsten Tagen äußern."

Fest steht demnach nur, dass die 220 000 Hühner, die bislang täglich im niederbayerischen Hofweinzier geschlachtet wurden, jetzt auf andere Wiesenhof-Standorte verteilt werden. "Die Tiere werden weiterhin rechtzeitig geschlachtet", erklärte die Sprecherin. "Sie werden nicht länger als geplant im Stall bleiben müssen. Auch die Transportzeiten werden im Sinne der Tierschutztransportverordnung eingehalten." Wohin die 220 000 Hühner pro Tag allerdings genau gehen, ist weiterhin unklar. Die Anlage in Hofweinzier ist der einzige Wiesenhof-Schlachtbetrieb in ganz Süddeutschland.

Offen blieb ebenfalls, wie viele Mastbetriebe in Bayern ihre Schlachthühner bislang nach Hofweinzier geliefert haben und nun von dem Unglück betroffen sind. Die Sprecherin lehnte auch hier eine Stellungnahme ab. Sicher ist nur, dass in der Anlage wenigstens 75 Prozent der Masthühner aus Bayern geschlachtet und weiterverarbeitet wurden. Marktbeobachtern zufolge lieferte Wiesenhof Produkte aus Hofweinzier auch an Supermarktketten in Norddeutschland aus.

Großer wirtschaftlicher Verlust für die Region

Für den Landkreis Straubing-Bogen bedeutet der Großbrand einen schweren wirtschaftlichen Schlag. Der Betrieb sei einer der zehn größten Arbeitgeber der Region, hieß es aus dem Landratsamt in Straubing. In Hofweinzier waren zuletzt 750 Mitarbeiter beschäftigt. Das Großfeuer war in der Nacht zum Montag während einer dreitägigen Pause für Umbauarbeiten ausgebrochen. Tiere kamen in dem Schlachthof daher nicht zu Schaden. Obwohl die Produktionshallen weitgehend aus Stahl und Beton bestanden, breiteten sich die Flammen rasend schnell aus. Die vielen Gänge und Schächte dürften das Feuer zusätzlich beschleunigt haben.

Wegen der immensen Hitze und der Einsturzgefahr durften die Löschtrupps nicht in die Hallen vordringen und dort die Brandherde direkt bekämpfen. Sie konnten die Gebäude nur von außen und von großen Drehleitern aus bespritzen. Außerdem behinderten giftige Dämpfe und Rauchgase die Löscharbeiten. Die letzten Flammen waren erst am Dienstagmorgen erstickt. Insgesamt waren die Feuerwehren mit fast 500 Mann im Einsatz. Der Brand des Wiesenhof-Schlachthofs ist die größte Feuerkatastrophe in der Region Straubing seit mindestens 20 Jahren.

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SZ vom 18.02.2015/tau
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