Nach dem Volksentscheid:FDP stänkert gegen CSU

In Bayern bahnt sich im Tag nach dem Volksentscheid ein Koalitionsstreit zwischen FDP und CSU an. Während Seehofer Gelassenheit demonstriert, kommt parteiinterne Kritik aus Niederbayern.

Nach dem Volksentscheid für ein striktes Rauchverbot in bayerischen Wirtshäusern und Bierzelten flammt zwischen FDP und CSU neuer Streit auf. "Bayern hat sich mit dieser Entscheidung isoliert. Es wird Wettbewerbsnachteile geben, vor allem für die Wirte im Grenzland. Das wäre vermeidbar gewesen", sagte Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) der Passauer Neuen Presse.

Voraussichtlich Verabschiedung des Nichtraucherschutzgesetzes

Nach dem Volksentscheid zum Nichtrauscherschutz: Die FDP kritisiert die CSU - Streit bahnt sich an.

(Foto: ag.ddp)

Er werde sich vom Volksentscheid aber "nicht davon abhalten lassen, weiter mein Gesellschafts- und Staatsverständnis zu verfolgen, dass es Bereiche gibt, in die sich der Staat nicht einzumischen hat". Das Gesetz werde aber ordnungsgemäß und strikt umgesetzt.

Die bayerische FDP-Generalsekretärin Miriam Gruß wirft dem Koalitionspartner vor, die vor einem Jahr gemeinsam beschlossenen Ausnahmeregelungen nicht verteidigt zu haben. "Leider haben sich nicht alle Koalitionspartner so für das gemeinsam verabschiedete Nichtraucherschutzgesetz eingesetzt wie die FDP", sagte sie und wirft der CSU "Wegducken beim Rauchverbot" vor. "Das hat es uns natürlich schwerer gemacht."

Die CSU ficht die Kritik des kleinen Koalitionspartners indes nicht an. Ministerpräsident Horst Seehofer sagte lapidar: "Ich gehe auf solche Äußerungen des Koalitionspartners nicht mehr ein." Er sehe das Ergebnis des Volksentscheids "ganz gelassen". Dies sei "keine Frage von Sieg oder Niederlage von irgendjemandem". Er selbst habe zwar gegen die Verschärfung des Rauchverbots gestimmt, aber immer gesagt, "dass wir mit beiden Ergebnissen leben können".

Der "große Ertrag" der Abstimmung vom Sonntag sei, dass eine sehr emotionale Frage jetzt abschließend von der Bevölkerung entschieden worden sei. Zur Süddeutschen Zeitung sagte er, dass das Thema nach fünf Jahren Hin und Her "sauber befriedet" worden sei. Das Volk habe gesprochen.

Beim Volksentscheid hatten 61 Prozent der Teilnehmer für eine Verschärfung des Rauchverbots in der Gastronomie gestimmt. Für die Beibehaltung des bisherigen Gesetzes mit Ausnahmen sprachen sich nur 39 Prozent aus.

Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) blockte die Kritik der Liberalen ab: "Das ist jetzt von den Bürgern so beschlossen worden - und damit hat sich der Fall." Man brauche nun keine "Diskussion über die Vergangenheit" mehr führen.

Selbstkritik aus Niederbayern

Für Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) haben die Menschen "eine klare Entscheidung getroffen." Die gesellschaftliche Diskussion sei damit abschließend geklärt. Söder fügte hinzu: "Wir werden diesen Auftrag annehmen und umsetzen. Als Gesundheitsminister kann ich gut damit leben." Von einer Niederlage für die CSU will auch er nichts wissen.

Selbstkritik kam hingegen vom niederbayerischen CSU-Bezirksvorsitzenden Manfred Weber. Er prangerte den jahrelangen Zickzackkurs seiner Partei an und forderte einen klareren Kurs in Sachfragen. "Für die CSU hat das Ergebnis des Volksentscheids eine klare Botschaft: Ein Hin und Her zahlt sich nicht aus", sagte der Vorsitzende der CSU-Zukunftskommission dem Münchner Merkur. "Die Bayern haben mit der Abstimmung deutlich gemacht, dass es lohnt, bei einmal als richtig erkannten Entscheidungen zu bleiben", sagte Weber.

Der Initiator des Volksentscheids, der Passauer ÖDP-Politiker Sebastian Frankenberger, erwartet bundesweite Signalwirkung von dem Rauchverbot in Bayern. Der Ausgang zeige, dass die Bürger einen klaren Nichtraucherschutz wollten.

Nach dem erfolgreichen Volksentscheid für ein striktes Rauchverbot in der bayerischen Gastronomie macht sich der Hauptinitiator für Volksentscheide auf Bundesebene stark. Sebastian Frankenberger wolle rechtlich prüfen lassen, ob das Volk nicht generell ein Recht auf Volksabstimmungen habe. Der Passauer ÖDP-Politiker verwies auf den Grundgesetz-Artikel 20. Dort heiße es: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus."

Zudem sei die Rede von "Wahlen und Abstimmungen". "Es wäre wirklich an der Zeit", sagte er. Frankenberger schloss auch nicht aus, das Recht auf Volksabstimmungen einklagen zu wollen. Zunächst wolle er sich aber möglicherweise mit einer entsprechenden Petition an den Bundestag wenden, erklärte er.

Der Sprecher des "Forums Rauchfrei", Johannes Spatz, sagte in Berlin: "Das bayerische Vorbild gibt Mut, auch in Berlin und anderen Bundesländern für eine rauchfreie Gastronomie zu kämpfen." Das verringere das Passivrauchen und das Rauchen.

Die bayerische SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen sagte: "Bayern geht aus diesem Volksentscheid bundesweit als Pionier beim Nichtraucherschutz hervor. Die Entscheidung wird auch andere Länder ermutigen, den Kampf mit den Lobbyisten der Tabakindustrie aufzunehmen und sich für einen echten Gesundheitsschutz starkzumachen."

Grünen-Landeschefin Theresa Schopper forderte indes die schwarz-gelbe Staatsregierung auf, jetzt nicht "intern die Messer zu wetzen", sondern den Willen der Bürger umzusetzen.

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