Nach Bürgerentscheid:Auch Erlangen will die Landesgartenschau nicht

Nach Bürgerentscheid: Parkhaus und Großparkplatz am Bahnhof sollten der Gartenschau weichen - und anschließend einem neuen Stadtteil. Daraus wird erst mal nichts.

Parkhaus und Großparkplatz am Bahnhof sollten der Gartenschau weichen - und anschließend einem neuen Stadtteil. Daraus wird erst mal nichts.

(Foto: Stadt Erlangen)
  • Nach Traunstein hat sich nun auch Erlangen dagegen ausgesprochen, die Landesgartenschau auszurichten. Das ergab ein Bürgerentscheid.
  • Die Gründe sind wie in Traunstein lokaler Natur, jedoch scheuen viele Gemeinden das finanzielle Risiko - trotz Fördergeldern.
  • Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) will nun sicherstellen, dass Gemeinden frühzeitig das OK ihrer Bewohner einholen.

Von Claudia Henzler, Erlangen

Das soll nicht noch mal passieren. Nachdem sich Erlangens Bürger gegen eine Landesgartenschau ausgesprochen haben, zieht Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) Konsequenzen. Hatte sie doch bereits 2016 wegen eines Bürgerentscheids eine Absage bekommen, obwohl Traunstein den Vertrag schon unterzeichnet hatte. Künftig sollen interessierte Städte frühzeitig abfragen, wie ihre Einwohner zu der Großveranstaltung stehen.

"Ich werde dem Ministerrat Vorschläge für ein neues Verfahren bei der Bewerbung für Gartenschauen vorlegen, bei denen eine intensive Bürgerbeteiligung wesentliches Bewertungskriterium sein wird", kündigte Scharf am Montag an. Es müsse erkennbar sein, dass die Mehrheit der Bürger die Bewerbung unterstützt. Das Umweltministerium ist federführend bei der Ausschreibung und Vergabe der Gartenschauen.

Beim Bürgerentscheid in Erlangen hatten am Sonntag 69,3 Prozent gegen die Gartenschau in ihrer Stadt gestimmt. Die Beteiligung lag bei 41,7 Prozent. Die Gründe für die Ablehnung waren lokalspezifisch. Die Gartenschaugegner, angeführt von Erlangens beiden ÖDP-Stadträten, hielten das vorgesehene Gelände für ungeeignet, weil es von einer Autobahn durchschnitten wird und zum Teil in einem Hochwasser- und Naturschutzgebiet liegt.

Sie bezweifelten außerdem, dass genug Besucher kommen würden. Etwa 900 000 zahlende Gäste sind nötig, damit eine Stadt die sechs bis acht Millionen Euro einnimmt, die sie für vergängliche Dinge wie das Kulturprogramm und temporäre Bauwerke ausgibt. Manchen Bürgern ging es in Erlangen aber auch einfach um die Frage, ob es auch in Zukunft genug Parkplätze in Zentrumsnähe geben wird. Denn ein Teil des geplanten Ausstellungsgeländes wird jetzt zum Abstellen von Autos genutzt.

Auch in Traunstein hatten Kritiker bemängelt, dass ihre Stadt keine geeignete Fläche habe. Ihrer Ansicht nach waren außerdem die geplanten Investitionen zu groß für eine Stadt mit knapp 20 000 Einwohnern. Unbehagen löste zusätzlich aus, dass alle Gastgeberstädte gezwungen werden, mit der Gesellschaft zur Förderung der bayerischen Landesgartenschauen zu kooperieren. Das kritisiert auch Bayerns Oberster Rechnungshof.

Das Umweltministerium ist trotz des zweiten Rückziehers innerhalb eines Jahres nicht der Meinung, dass es ein grundsätzliches Problem mit dem Konzept Gartenschau gibt. "Ich glaube nach wie vor, dass die Gartenschauen für die Kommunen ein gutes Angebot sind", sagt ein Ministeriumssprecher. Das Interesse sei da, das habe sich auch nach der Neuausschreibung für das Jahr 2022 gezeigt. Es meldeten sich drei Bewerber, wobei zwei nur eine kleine Gartenschau ausrichten wollten. Bei der Ausschreibung für 2024 allerdings hatte sich nur Erlangen beworben.

Die Gartenschau kann ein Motor für die Stadtentwicklung sein

Als besonders erfolgreich galt eine Landesgartenschau in der Vergangenheit immer dann, wenn die gastgebenden Städte damit ein großes städtebauliches Ziel verwirklichen konnten. Würzburg beispielsweise wird im kommenden Jahr schon zum zweiten Mal eine Gartenschau ausrichten. Dort entsteht gerade aus einem ehemaligen Stützpunkt der US-Streitkräfte ein komplett neuer Stadtteil. Das Gartenschaugelände wird das grüne Rückgrat dieses Viertels bilden.

Für bleibende Investitionen bei der Landesgartenschau stellt das Umweltministerium bis zu 3,6 Millionen Euro zur Verfügung. Doch diese Summe macht oft nur einen kleinen Teil des Betrags aus, den Städte tatsächlich verbauen. Denn die Veranstaltung kann ein Motor sein, um schnell in weitere Förderprogramme aufgenommen zu werden. In Bamberg beispielsweise, wo für 29 Millionen Euro eine Industriebrache in einen neuen Stadtteil umgewandelt wurde, kam etwa die Hälfte aus Fördertöpfen.

Erlangens Oberbürgermeister Florian Janik (SPD) will nach dem Nein vom Sonntag nach anderen Wegen suchen, um die Innenstadt zu stärken und mehr Naherholungsgebiete zu schaffen. Genaueres wollte er am Montag nicht sagen. "Jetzt werden wir einen Moment durchschnaufen und in Ruhe überlegen, was man macht", sagte er. Auch wenn er "traurig und enttäuscht" sei, könne er der Sache etwas Positives abgewinnen: "Es haben sich unheimlich viele Menschen in dem Prozess engagiert." Dieses Interesse könne man bei der weiteren Stadtentwicklung nutzen - jetzt, nachdem das Streitthema Gartenschau abgehakt sei.

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