Bei allem Staunen über antike Tempel und mittelalterliche Burgen - die rätselhaftesten Bauwerke dieser Welt sind bereits in der Steinzeit errichtet worden. Stonehenge in der englischen Grafschaft Wiltshire zum Beispiel, eine vor vielen tausend Jahren konstruierte Anlage voller Steinkolosse, deren Magie sich kaum ein Besucher entziehen kann.
Auch der Freistaat Bayern ist reich an mystisch umflorten Bauwerken und Naturphänomenen. Zwischen Oberammergau und Hof existieren haufenweise Bäume, Höhlen, Kirchen und Quellen, die wegen ihrer Aura schon in grauer Vorzeit als Kultstätten berühmt waren. Noch heute suchen viele Menschen solche Kraftorte auf, weil sie sich zu ihnen hingezogen fühlen. Auf andere wirken sie unheimlich, nicht zuletzt durch alte Sagen und schauerliche Legenden, von denen mystische Plätze häufig umrankt werden.
Viele solche Örtlichkeiten sind im Bayerischen Wald zu finden, einer lange Zeit unwirtlichen Gegend, rau, abweisend, karg. Die dunklen Wälder und das neblige Buckelland erwiesen sich geradezu als Biotope für Spuk und Übersinnliches. Noch in den 60er Jahren versetzte eine schemenhafte Weiße Frau in den Gemäuern der Burg Wolfsegg ein Ehepaar in Angst und Schrecken.
Die Geschichte ging um die Welt, und schließlich reiste sogar ein Parapsychologe aus New York an, um Licht ins Dunkel zu bringen. Er brachte die Gräfin Klara von Helfenstein ins Spiel, die im Mittelalter mit ihrem Gatten auf der Burg gelebt haben soll. In einer Eifersuchtsszene habe er sie umgebracht, sagt die Sage, weshalb die gute Klara nun im weißen Leichenhemd ruhelos durch die Burg irre.
Die Heimatforscherin Marita Haller aus Zwiesel befasst sich seit Jahren mit derlei Mythen. Unzählige Male fuhr sie in die Dörfer des Bayerischen Waldes und des Böhmerwalds hinein und befragte dort vor allem alte Leute. Dabei erfuhr sie so viel Spannendes, dass sie nun mit zwei tschechischen Kollegen ein Buch über 77 noch weitgehend unentdeckte mystische Orte vorlegen konnte.
Besonders angetan hat es ihr das Steinerne Kircherl in der Nähe von Entschenreuth im Landkreis Freyung-Grafenau. "Dort erfuhr ich erstmals, was es heißt, an einem Ort Kraft zu tanken", sagt Haller. Um ins Innere zu gelangen, muss man all seinen Mut zusammennehmen und sich durch einen engen Felsenspalt quetschen. Erst dann sieht der Besucher den großzügigen Raum, in dem ein mannsgroßes Kreuz aus Eisen steht. Ein Soldat, der heil aus dem Krieg zurückgekehrt ist, hat es aus Dankbarkeit dort aufgestellt.
Früher prägten mystische Naturphänomene den Alltag viel intensiver als heute. Für viele Vorkommnisse gab es in der vorindustriellen Welt keine Erklärung. So kamen oft Teufel oder Drud ins Spiel und manchmal auch Naturgeister. "Die Leute hatten immer Angst vor irgendwas", sagt Haller, und sei es vor seltsam geformten Felsen. Die Natur und das Überirdische mussten ständig besänftigt werden, sei es durch Pferdeumritte und Bittgänge oder durch Opferkerzen.