Möglicherweise erwächst den deutschen Schlagergöttinnen Helene Fischer und Andrea Berg in diesen Tagen eine ernste Konkurrenz. Nein, nicht durch irgendeine neue Trällersusi aus dem Stall der Dieter-Bohlen-Casting-Shows. Diesmal drängt eine ehrgeizige Politikerin in das Schlagergeschäft.
Freilich ist sie in der Musikszene kein unbeschriebenes Blatt. Josefa Schmid, 41, die Bürgermeisterin von Kollnburg im Bayerischen Wald, sorgte bereits vor zwei Jahren mit der Coverversion des Rainhard-Fendrich-Liedes "Weus d' a Herz hast wia a Bergwerk" für Aufsehen. Weniger wegen der Qualität des Vortrags, sondern mehr durch einen juristischen Streit mit Fendrichs Management, der aber längst ausgeräumt ist.
"Die Leute wollen mich nicht reden, sondern musizieren hören"
Nun will Josefa Schmid mit ihrer Gesangskarriere aber definitiv durchstarten. An diesem Freitag erscheint ihre erste professionell erstellte Single, deren Titel "Tiziano" die Richtung vorgibt, in die das Projekt laufen soll. "Ich habe mich für einen Schlager entschieden, weil diese Musik zurzeit einfach boomt", erklärt die Bürgermeisterin, der gerne ein Blondchen-Image angehängt wird. Allerdings ist sie schon seit 2008 im Amt, und sie hat im politischen Gefechtsstand diverse Krisen und Auseinandersetzungen siegreich gemeistert.
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Bebauungspläne, Ortsabrundungssatzungen und Haushaltspläne sind für die diplomierte Juristin das tägliche Brot, aber das Dorf Kollnburg ist nicht unbedingt eine Metropole, die den Terminkalender einer ehrenamtlich tätigen Bürgermeisterin voll ausfüllt. "Die Musik begleitet mich von Kindheit an", sagt Frau Schmid, "sie ist meine Leidenschaft, die mich drückt."
Wenn ein Jubilar in der Gemeinde einen runden Geburtstag feiert, dann bringt sie ihm mit ihrer steirischen Harmonika natürlich ein Ständchen dar. "Die Leute wollen mich nicht reden, sondern musizieren hören." Dass das Zusammenspiel von Politik und Gesang in der Bundespolitik schon so manche Fremdschämattacke ausgelöst hat, ficht sie nicht an: "Warum soll ein Politiker nicht singen dürfen, das ist doch kein Widerspruch. Musik öffnet die Herzen."
Zehntausende Youtube-Klicks und Helene-Fischer-Sound
Für ihre erste Single hat sie Gesangsunterricht genommen, für die Ton- und Filmaufnahmen hat sie sich einem professionellen Produzenten anvertraut. Das Video, das wie das Lied am Freitag veröffentlicht wird, wurde in Istrien gedreht. Im roten Abendkleid steht die singende Bürgermeisterin am Strand, hinter ihr die Meeresbrandung.
"So ein Video hat mit Sicherheit noch kein Politiker gemacht", gibt sich Josefa Schmid kämpferisch. Dass sie ihre Gesangskunst vielleicht überschätzt, das glaubt sie nicht. "Ich habe mich sehr bemüht, den Spöttern und Neidern möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten."
Tatsächlich ist die Vorstellung in qualitativer Hinsicht kaum mit dem 2013 aufgenommenen Lied und dem begleitenden Heimat-Tamtam zu vergleichen, auch wenn das Kunstwerk damals auf Youtube Zehntausende Klicks verzeichnet hat. Schmids aktueller Schlager geht durchaus wie eine locker-flotte Tanznummer ins Ohr, Anklänge an den Helene-Fischer-Stil sind erkennbar. Zumindest auf den Festbühnen im Bayerischen Wald dürfte das Lied die Sommerlaune kräftig anheizen.
Feigheit vor dem Freund wie vor dem Feind kennt Josefa Schmid weder in der Politik noch im Showbusiness. Deshalb wird sie ihr Lied auch öffentlich vortragen, die Premiere gibt's beim Sommerfest des lokalen Fußballvereins.