Musikszene:Donauschallwellen in Regensburg

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Ein zugegebnermaßen etwas betagtes Foto MC und Produzent Maniac (links) und DJ Rufflow alias Demograffics. Aber es zeigt auch: die Jungs gibt es noch immer - und sie sind erfolgreich. (Foto: Denis Falkenstein)

Im Schatten der Clubs haben sich in Regensburg neue Künstler etabliert, die überregional bekannt sind. Die Szene blüht auf.

Von Andreas Glas, Regensburg

Die Neunzigerjahre waren für die Popmusik in Regensburg so etwas wie das Goldene Zeitalter. Das musikalische Kraftzentrum war damals die Kinokneipe, ein kleines, ranziges, verrauchtes Lokal hinter der Leinwand des plüschigen Ostentorkinos. Die Kneipe gibt es noch immer, an der Wand hängt ein Spiegel, auf dem in Großbuchstaben ein Spruch steht: "Die fetten Jahre sind vorbei". Das Zitat weist auf den gleichnamigen Film mit Daniel Brühl hin, zu dessen Soundtrack die Regensburger Band Beige GT einen Titel beisteuerte.

Zur Band gehörte das DJ-Duo Andi und Hannes Teichmann. Rund um Beige GT hatte sich damals eine Musikerszene etabliert, die sich in der Kinokneipe traf und weit über Regensburg hinaus strahlte. Ende der Neunziger, erzählt Säm Wagner, "sind dann viele gegangen, vor allem nach Berlin", auch die Teichmann-Brüder machten dort Karriere. Und die fetten Jahre der Popmusik waren in Regensburg erst mal vorbei.

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Heute, fast 20 Jahre später, hat sich die Regensburger Popszene erholt. Im Schatten der Clubs haben sich neue Künstler etabliert, die überregional bekannt sind. Das hat auch mit Säm Wagner zu tun, dem Regensburger Popmusikbeauftragten. Im Namen der Stadt vernetzt er Musiker, berät Nachwuchsbands, hilft bei der Suche nach Proberäumen und organisiert Konzerte, bei denen sich Regensburger Künstler präsentieren können. Zum Beispiel das dreitägige Popkultur-Festival, das Ende Oktober stattfand. Früher waren die Bands oft auf sich alleine gestellt, heute unterstützt die Stadt ihre Künstler. Mit dem Milieu von damals ist die heutige Popmusikszene aber nicht zu vergleichen.

"Die Szene war damals näher beieinander", sagt Wagner, die Künstler haben sich eben in der Kinokneipe getroffen oder in Plattenläden. Heute hängen die jungen Künstler nicht mehr so viel in Kneipen ab, das Musikmachen ist professioneller geworden. Das hat zwischenzeitlich dazu geführt, dass die Talente die Stadt verlassen haben, um in die Metropolen zu gehen, wo das Publikum größer ist und damit die Karrierechancen. Dieser Trend habe sich wieder etwas umgekehrt, sagt Wagner. Wenn ein Künstler Karriere machen wolle, müsse er sich bewusst sein, "dass es in Regensburg 20 Leute wie ihn gibt und in Berlin 20 000". Die Gefahr, in Berlin unterzugehen, sei groß, sagt Wagner.

Dass man in Regensburg bleiben und trotzdem Erfolg haben kann, dafür gibt es Beispiele in den unterschiedlichsten Genres. Etwa Achim Schneemann, bekannt als Maniac, und dessen Band Demograffics. Er gehört zu den zentralen Figuren der bayerischen Hip-Hop-Szene und wird von manchen als bester Rapper der Republik bezeichnet. Er gehört zu den Integrationsfiguren in der Szene und fördert lokale Nachwuchskünstler, hat in Regensburg ein Hip-Hop-Festival auf die Beine gestellt. "Der schiebt komplett an", sagt Wagner. Von Regensburg aus für Furore sorgt auch das Indie-Folkrock-Duo Cat Stash, das im vergangenen Jahr einen Song zur Kinokomödie "About A Girl" mit Heike Makatsch beisteuerte. Und die bekannte Thrash-Metal-Band Antipeewee lebt trotz Plattenvertrags beim bekannten Indie-Label "This Charming Men Records" ebenfalls noch in Regensburg.

Natürlich kennt auch Regensburg die Probleme anderer Städte. Es gibt zwar Proberäume, aber die meisten davon hat die Gentrifizierung an den Stadtrand gedrängt. Und natürlich gebe es "den Trend, dass viele lieber auf eine Elektro-Party gehen als auf ein Konzert", sagt Wagner, der derzeit 146 Bands in der Stadt kennt. Eine ganze Menge, findet er, und ein Zeichen dafür, "dass es durch das Internet einfacher geworden ist, an einem kleineren Ort zu bleiben". In Regensburg kennen sich viele Musiker, es gibt einen Stammtisch, an dem sich Hip-Hopper mit Punkbands und Songwritern treffen. Das setzt Kreativität frei. In der Stadt, betont Wagner, "tut sich wahnsinnig viel".

© SZ vom 05.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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