Musical-Premiere:Der Kini ist zurück in Füssen

Musical 'Ludwig²'

Matthias Stockinger in der Titelrolle und Anna Hofbauer als Kaiserin geben auch im neuen Musical "Ludwig²" um den Bayernkönig ein Traumpaar ab.

(Foto: dpa)

"Ludwig²" ist bereits der vierte Anlauf, das Musical in der Stadt zu etablieren. Die Neuerungen kommen bei der Premiere schon einmal an.

Von Christiane Lutz, Füssen

Dass das Publikum bei Musical-Aufführungen in der Regel etwas euphorischer reagiert als im Sprechtheater, ist bekannt. Aber dass sie, noch während sich der Vorhang senkt, aufspringen, klatschen und jubeln, dass sich Freundinnen in den Armen liegen mit Tränen in den Augen, daran kann man etwas sehr Spezielles erkennen: die Ludwig-Euphorie.

Es war die Premiere von "Ludwig²", die das Publikum so sehr begeisterte. Dabei handelt es sich um den nunmehr vierten Versuch, in Füssen ein Musical um den Kini zu etablieren, das diesmal nicht in der Pleite enden soll - wie es allen bisherigen Vorgängern ergangen ist. Man hätte fast meinen können, das immer wiederkehrende wirtschaftliche Unglück dieses Hauses korreliere auf tragische Weise mit dem Leben Ludwigs, das ja ebenfalls geprägt war von vielen Höhen und Tiefen.

Entsprechend nervös war der Regisseur Benjamin Sahler zum Auftakt, entsprechend groß der Medienandrang bei der Premiere. Und auch wenn bis zum endgültigen Kassensturz noch viel Zeit vergeht, kann man schon einmal Entwarnung geben: alles bestens am Forggensee.

Man merkt der Inszenierung an, dass Sahler eigentlich Opernregisseur ist. Er verzichtet vor allem im Bühnenbild auf den befürchteten ganz großen Kitsch, zu dem der Prunk eines Königslebens inszenatorisch verlockt. Er arbeitet mit dem Wechsel von Licht und Dunkelheit, lässt seine Figuren auch mal allein vor einer weißen Leinwand singen. So sieht Verlorenheit im Zirkus von Macht und Etikette aus.

Bei den Kostümen allerdings hätte Sahler ruhig mutiger sein dürfen. Warum sich nicht mal von Reifrock, Uniform und Preußischer Pickelhaube verabschieden? Das gesparte Geld hätte er in eine ordentliche Soundanlage investieren können. Die fehlt dem Haus nämlich, was auch deshalb besonders auffällt, weil die ganze Musik vom Band kommt. Ärgerlich.

Ursprünglich rahmt ein Gespräch des Königs mit seinem Leibarzt Bernhard von Gudden das Musical. In Rückblenden erzählt Ludwig sein Leben, während er sich längst in der geschlossenen Anstalt befindet. Sahler hat diese Klammer aufgelöst und erzählt chronologisch. Das bringt den Vorteil, dass der Zuschauer mit Ludwig durch seine Lebensstationen stolpert und Liebe, Freundschaft, Niederlage und Leid nicht in der Rückschau gefiltert erlebt. Das Stück wirkt dadurch unmittelbarer.

Andere zentrale Figuren wie die Kaiserin Elisabeth (makellos: Anna Hofbauer) oder Gudden (wie erwartet hervorragend: Uwe Kröger) können so beinahe gleichwertig neben Ludwig bestehen. Als wolle der Regisseur dem Zuschauer sagen: Auch Ludwig ist ein Produkt der Bedingungen seiner Zeit. Und: Es gibt eben nicht nur eine Sicht der Dinge. Auf historische Wahrheitsfindung, das hatte er schon im Vorfeld betont, legte Sahler ohnehin überhaupt keinen Wert. Sein "Ludwig²" ist ein Gleiten durch die Welt, wie der König sie sah. Darin sind Tische eben unverhältnismäßig hoch und ein schwebender, gigantischer Wagnerkopf im Zimmer ganz normal.

Ein Glücksfall ist die Besetzung von Matthias Stockinger als Ludwig. Der hatte den König zwar bereits in einer der vorherigen Produktionen gespielt, aber noch nie im Festspielhaus. Ein blasses Kerlchen mit starker Stimme, das die romantische Weltfremdheit des Königs mit einer gewissen Verstocktheit paart. Er erlaubt seinem Spiel und Gesang immer wieder Brüche.

Das ist untypisch für das sonst so polierte Genre, aber umso überzeugender. Und wenn er als Ludwig den roten Vorhang um die Schultern legt und dieser dann wie ein gewaltiger Wasserfall hinter ihm hinabstürzt, sich in einen Königsumhang verwandelnd, ist das natürlich ganz großes Kino - äh, Musical.

Ludwig² - Der König kommt zurück, Vorstellungen bis 4. September, Festspielhaus Füssen

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