Klimawende:Wohltemperiert für sensible Kunst

Klimawende: Die Technikzentrale für die Klimatisierung im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg. Auch dort rechnet man mit deutlich höheren Ausgaben für Kühlung und Heizung.

Die Technikzentrale für die Klimatisierung im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg. Auch dort rechnet man mit deutlich höheren Ausgaben für Kühlung und Heizung.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Kühl im Sommer - warm im Winter: Bayerns Museen leiden auch unter den steigenden Energiekosten. Doch mit ein paar Grad weniger ist es dort nicht getan.

Von Cordula Dieckmann und Irena Güttel, Nürnberg

Im Neuen Museum in Nürnberg ist es an heißen Sommertagen angenehm kühl, wenn auch nicht mehr ganz so erfrischend, wie früher. Wegen steigender Energiekosten hat das Museum für Kunst und Design die Klimaanlage um drei Grad heruntergefahren, auf 23 Grad. Dafür musste Direktorin Simone Schimpf für alle Leihgaben in der Wechselausstellung die Verträge neu verhandeln. Normalerweise seien 20 Grad als Standard vorgeschrieben. "Da werden wir uns insgesamt in der Museumswelt auf Neues einigen müssen", meint sie.

Auch viele andere Häuser in Bayern suchen nach Wegen, Energie zu sparen. Denn die Sommer werden heißer, und die Kosten für Klimatisierung oder Beleuchtung steigen kräftig, ebenso fürs Heizen im Winter. "Diese Mehrkosten müssen in den Wirtschaftsplänen so gut es geht eingeplant und natürlich durch Einsparungen an anderen Stellen kompensiert werden", sagt Sven Friedrich, Direktor des Richard Wagner Museums in Bayreuth. Dadurch sei weniger Geld für die eigentliche Museumsarbeit vorhanden, wodurch die Attraktivität der Häuser leide.

Nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft der Museen in Bayern wird das vor allem kleine Häuser hart treffen. Sie arbeiteten ohnehin schon am Limit, um Versicherungs- und Leihbedingungen zu erfüllen. Höhere Eintrittspreise hält Friedrich für kontraproduktiv. Dadurch würden die Besucherzahlen weiter sinken. Stattdessen will das Museum mit einem Klimakonzept den Energieverbrauch senken und etwa die Klimatisierung in der Nacht auf Umluft umstellen, innen und außen weniger beleuchten und vielleicht auch weniger Ausstellungen zeigen.

Die Ausstellungsräume in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München werden seit der Generalsanierung 2013 bereits mit sparsamer LED-Technik beleuchtet. Die Brunnen im Garten werden um 18 Uhr ausgeschaltet. Und auch die Warmwasserboiler in den Büroräumen seien nicht mehr in Betrieb, sagt Geschäftsleiter Hans-Peter Schuster.

Die Luftfeuchte ist auch von der Temperatur abhängig

Sehr empfindlich auf Temperaturveränderungen reagierten Fotografien, moderne Materialien und Videoarbeiten, heißt es aus den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, die neben den Pinakotheken in München in ganz Bayern Zweigstellen haben. Fast noch wichtiger: die relative Luftfeuchtigkeit. Die habe sogar Vorrang gegenüber der Temperatur, erklärt eine Sprecherin. Werke mit sensiblen organischen Materialien wie Holztafelgemälde reagierten auf Schwankungen der Luftfeuchte und die sei wiederum indirekt von der Temperatur abhängig. Auch in den Kunstsammlungen und Museen Augsburg liegt das Augenmerk auf dem richtigen Klima. Eisenobjekte etwa könnten korrodieren, wenn es zu feucht sei, Gemälde bräuchten eine höhere Luftfeuchtigkeit, sagt Pressesprecherin Monika Harrer-Jalsovec.

Doch welche Maßnahmen bringen überhaupt was? Das versucht das Neue Museum in Nürnberg herauszufinden. So sind die Brandschutztüren zur Fassade hin derzeit geschlossen, weil es in den Räumen dort deutlich wärmer ist. "Das sieht nicht so schön aus, bringt aber Ersparnis", sagt Schimpf. Auch die Oberlichter im Dach sind zu. An einigen testet das Museum zudem eine Folie, die weniger Sonnenlicht durchlässt und gleichzeitig isoliert. Ob das helfe, werde sich nach dem Sommer in den Verbrauchszahlen zeigen, meint die Museumsdirektorin.

Im Germanischen Nationalmuseum ist in der Mittelalterhalle und der Dauerausstellung für Handwerks- und Medizingeschichte ein Lehmputz an den Wänden, der isoliert und die Luftfeuchtigkeit reguliert. "Dadurch brauchen wir keine Klimaanlage und Luftbefeuchter", sagt Sprecherin Sonja Mißfeldt. Und das neue unterirdische Depot, in das von 2023 an rund 60 000 Kulturschätze ziehen sollen, steht mit den beiden unteren Etagen im Grundwasser und wird dadurch gekühlt. "Eine Klimaanlage ist für Notfälle vorhanden, wird im Normalfall aber nicht gebraucht", sagt Mißfeldt. Außerdem prüft Deutschlands größtes kulturhistorisches Museum den Einbau von Bewegungsmeldern fürs Licht.

Entspannt trotz Hitze ist man auch in Augsburg im Zentraldepot der Stadtarchäologie. 2017 sei es als modernstes Depot in Bayern eröffnet worden, erklärt Harrer-Jalsovec. "Dank intelligenter Gebäudetechnik und sehr guter Dämmung ist keine Klimaanlage zur Kühlung notwendig." Und wenn der Sommer vorbei ist? Die Kosten für die Heizung werden wohl deutlich mehr zu Buche schlagen, befürchtet etwa das Germanische Nationalmuseum. In den Museumsräumen ist es immer um die 20 Grad, in den Büros soll die Heizung möglichst um zwei bis drei Grad gedrosselt werden. Das Lenbachhaus will es ähnlich halten. Eine Raumtemperatur von nicht mehr als 19 Grad fordert die Stadt München von ihren Einrichtungen. Das werde man umsetzen, sagt Geschäftsleiter Schuster, unter Beachtung der für die Kunst notwendigen stabilen Klimawerte.

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