Lebensmittelversorgung:Bäckerei Graf vor Zwangspause

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Die Bäckerei Graf im Münsinger Ortsteil Ammerland ist mehr als eine Bäckerei, dort versorgen sich viele mit allem, was tagtäglich gebraucht wird. Zudem ist die Örtlichkeit überregional als Drehort bekannt. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der Traditionsbetrieb aus Ammerland, vielen auch als Drehort von Hubert und/ohne Staller bekannt, legt seine Produktion wegen Personalproblemen vorerst auf unbestimmte Zeit still. Die aus Wolfratshausen bekannte Familie Kunstmann mietet die Beuerberger Filialräume neu.

Von Benjamin Engel, Münsing/Eurasburg

Ausreichend qualifiziertes Personal zu finden und langfristig zu halten, ist insbesondere für viele Bäckereien seit Jahren herausfordernd. Nun zwingt wohl ein Engpass bei den Mitarbeitern einen mehr als hundert Jahre existierenden Traditionsbetrieb in der Kommune Münsing, auf unbestimmte Zeit zu schließen.

Die Ammerlander Bäckerei Graf hatte vorerst nur noch bis zum vergangenen Samstag geöffnet. Anschließend steht der um diese Jahreszeit übliche Betriebsurlaub an. Fest steht bis dato, dass Hans-Joachim Kunstmann und seine frühere Frau und Geschäftspartnerin Michaela Kunstmann die Filiale in Beuerberg übernehmen werden.

Regina Graf spricht von Stilllegung. Mit genügend Personal werde weitergemacht

„Wir machen Betriebsurlaub“, sagt Regina Graf ganz knapp am Telefon. Mit ihrem Mann Hubert führt sie die familieneigene Ammerlander Bäckerei in dritter Generation. Die Inhaberin führt aus, dass ihr Betrieb mehrere Mitarbeiter verloren habe, neues Personal kurzfristig gewonnen werden konnte. Regina Graf spricht davon, den Betrieb vorerst stillzulegen. „Wenn wir die Leute wieder haben, wird weiter gemacht.“ Zudem werde auch weitergedreht.

Damit spielt Graf darauf an, dass ihre Bäckerei seit vielen Jahren einer der zentralen Schauplätze der ARD-Krimiserie „Hubert und/ohne Staller“ ist. In den Fernsehepisoden wird der Betrieb zur Bäckerei Rattlinger. Das hat das Geschäft überregional bekannt gemacht. Fans reisen teils von weither an, um sich persönlich umzusehen – und womöglich einmal Schauspieler Christian Tramitz live zu erleben, der in der Serie den Polizisten Hubert Staller verkörpert und in der Kommune Münsing wohnt.

Eine kleine Fotogalerie und Autogramme von Schauspielern ziert den Bereich am Fenster der Bäckerei Graf. (Foto: Harry Wolfsbauer)

In Ammerland ist die Bäckerei Graf allerdings eine echte Institution. Denn in den Verkaufsräumen finden die Kunden weit mehr als Brot, Semmeln und Süßes. Insbesondere für Anwohner ist der Betrieb ein Kramerladen, um alle Bedürfnisse des täglichen Bedarfs zu decken. Zum Sortiment zählen Wurst und Gemüse genauso wie Haushalts- und Sanitärartikel vom Klopapier bis zur Zahnbürste.

Vor knapp 120 Jahren hat Josef Graf die Ammerlander Bäckerei gegründet

Im Jahr 1905 hatte Josef Graf die Bäckerei eröffnet. Unter Hubert Graf senior firmierte der Betrieb zudem unter dem Markennamen Edeka. Der Sohn von Gründer Josef Graf engagierte sich im Aufsichtsrat des Lebensmittelunternehmens. Zudem war Hubert Graf senior zwischen 1966 und 1990 als Gemeinderat aktiv, stand noch im Alter von 80 Jahren hinter der Theke seines Betriebs, kurz bevor er im Jahr 2010 starb. Hubert Graf junior und seine Frau Regina Graf sind die jetzigen Inhaber.

In Beuerberg sollen alle bisherigen Mitarbeiter weitermachen

Erst im Januar dieses Jahres hatte das Paar die Verkaufsräume der Bäckerei Grünwald in Beuerberg (Nachbargemeinde Eurasburg) übernommen. Der Mietvertrag dafür ist gekündigt. Auf Nachfrage bestätigt Hans-Joachim Kunstmann, dass er am Standort ab 1. Oktober weitermachen will. Er ist Vorsitzender des Werbekreises Einkaufsstadt Wolfratshausen. Mit seiner früheren Frau betreibt er vier Hotels in Deutschland, die Trattoria „Da Nonno“ in der Pupplinger Au. Zum Geschäftsfeld zählt zudem die „AehrenWert“- Konditorei und Bäckerei mit den Standorten der Weidacher Backstube, dem Wolfratshauser Rathauscafé, der Giesinger Backstube in München und neuerdings Beuerberg.

Hans-Joachim Kunstmann im Wolfratshauser Rathaus-Café. (Foto: Hartmut Poestges)

Für ihre dann vier Verkaufsstellen lässt die Familie Kunstmann im Gewerbegebiet am Wolfratshauser Bürgermeister-Finsterwalder-Ring produzieren. „Wir haben in Wolfratshausen mit Reserve gebaut“, sagt Hans-Joachim Kunstmann. „Wir müssen etwas wachsen, damit sich die Investitionen lohnen.“ Sanft zu expandieren, sei nötig, um profitabel zu wirtschaften.

Für Beuerberg kündigt Kunstmann an, alle bisherigen Mitarbeiter neu einstellen zu wollen. Zu kaufen wird das von den übrigen Standorten gewohnte Sortiment, einschließlich Kuchen und Torten. Beuerberg sei als zusätzlicher Standort ideal, weil der Ort nur zehn Minuten von Wolfratshausen entfernt liege. Der Betrieb im Klosterdorf werde ebenso Kaffee und weitere Getränke wie qualitativ hochwertige Bäckerei- und Konditoreiprodukte anbieten. Damit behielten die Beuerberger ihren Bäcker, so Kunstmann. Das sei die gute Nachricht. „Dafür müsst ihr aber auch hingehen und einkaufen, wenn ihr euren Laden behalten wollt“, macht er deutlich.

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Von Benjamin Engel

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