Alpintourismus:Gericht stoppt Erweiterung am Watzmannhaus

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Der genehmigte Bauantrag entspricht nicht der Verordnung des Nationalparks Berchtesgaden, urteilten die Richter in München. Doch der Alpenverein will sich vom Ausbau noch nicht verabschieden.

Von Matthias Köpf, München

Die nächsten drei Wochen noch müssen die Arbeiten auf 1930 Metern Höhe schon zum Schutz des Schneehuhns ruhen. Doch seit Dienstag ist klar, dass am Watzmannhaus auch von Juli an nicht gebaut werden darf. Denn das Verwaltungsgericht München hat einem Eilantrag des Bund Naturschutz (BN) stattgegeben und damit die zweite Baugenehmigung für die umstrittene Erweiterung am Watzmann außer Kraft gesetzt. Der Beschluss ist noch kein Urteil, doch das Signal der Richter ist deutlich: Ein "ausschließlich wirtschaftliches Privatinteresse des Betreibers" reiche für Ausnahmen vom Naturschutz im Nationalpark Berchtesgaden nicht aus. Dem Alpenverein sei ein Betrieb des Hauses auch ohne Erweiterung zumutbar.

Das Bauprojekt am Watzmann entzweit schon seit einigen Jahren den BN und den DAV, die sich beide als Naturschutzverbände begreifen. Doch trotz eines Präsidiumsbeschlusses für das Projekt gibt es auch innerhalb des Alpenvereins Vorbehalte gegen die Erweiterung, die von der Sektion München als Eigentümerin des Hauses vorangetrieben wird. Diese größte Sektion im Alpenverein vertritt zusammen mit der ebenfalls Münchner Sektion Oberland 180 000 Mitglieder. Dass ihr 1888 erbautes und seither mehrmals vergrößertes Watzmannhaus eine Sanierung braucht, bestreitet kaum jemand. Doch mit ihren Plänen, dabei das mehr als 100 Jahre alte "Salettl" durch einen halbrunden, großflächig verglasten und mehr als eineinhalb Meter über die Steilwand hinausragenden Anbau zu ersetzen, hat sie im Berchtesgadener Land den BN auf den Plan gerufen. Er ging 2018 erfolgreich gegen die Baugenehmigung vor, weil das Landratsamt nach Überzeugung der Richter nicht sorgfältig genug zwischen dem Naturschutz und den Interessen der DAV-Sektion abgewogen hatte.

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Die hat ihr Vorhaben in der Folge etwas abgespeckt und will das 27 Quadratmeter große Salettl nicht mehr auf 70, sondern nur noch auf 52 Quadratmeter vergrößern und es auch nicht mehr über die Felswand auskragen lassen. Doch auch diese 2019 neu genehmigte Erweiterung haben die Richter mit ihrem aktuellen Beschluss nun gestoppt, weil "eine Befreiung von naturschutzrechtlichen Vorgaben nicht möglich" sei. Denn eine Erweiterung, um den vielen Bergsteigern am Watzmann mehr und komfortablere Sitz- und Schlafplätze bieten zu können, entspricht nicht dem Nationalparkplan, der solche Erweiterungen ausdrücklich ausschließt. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an einer Ausnahme von der Nationalparkverordnung haben die Richter demnach nicht erkannt - und das Umsatzinteresse des DAV oder seiner Hüttenpächter spiele da keine Rolle.

Genau wie der Beschluss von 2018 hebt auch dieser Beschluss der Richter nur die Wirkung der Baugenehmigung auf, bis sie ein abschließendes Urteil darüber gefällt haben. Doch anders als 2018 begründen sie die Entscheidung diesmal nicht mit formalen Versäumnissen, sondern inhaltlich. Darüber freut sich die Berchtesgadener BN-Kreisvorsitzende Rita Poser besonders. Auch sie interpretiert den Beschluss als klares Signal, dass ein solches Projekt in der Kernzone des Nationalparks nicht genehmigt werden darf. "Das ist ganz toll für den Nationalpark. Es gibt hier so viele Orte, die einfach überrannt werden", sagt Poser - und das Watzmannhaus, in dem jedes Jahr rund 10 000 Bergsteiger übernachten, gehört in ihren Augen eindeutig dazu.

Der Vorsitzende der DAV-Sektion München, Günther Manstorfer, zeigt sich von dem Beschluss überrascht und will die Lage zunächst im Vorstand besprechen. Vom Ausbau verabschieden will er sich nicht so ohne weiteres, obwohl allein die Verzögerung seit 2018 die Sektion rund 100 000 Euro gekostet habe. Verklagt worden sei auch nicht der DAV, sondern der Freistaat in Gestalt des Landratsamts. "Wir als Bauherr haben ja eine gültige Baugenehmigung."

© SZ vom 10.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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