Süddeutsche Zeitung

Bayerische Blumen-Zentrale:Verwurzelt in der Region

Sonja Ziegltrum-Teubner führt seit mehr als einem Jahrzehnt das Traditionsunternehmen Bayerische Blumen-Zentrale. Ihre Heimatverbundenheit und ihr soziales Engagement erweisen sich in der Corona-Krise als Vorteile.

Von Marcel Grzanna

Gründerin Margarete Ziegltrum hatte wohl nie im Traum daran gedacht, dass ihre Enkelin Sonja eines Tages im Namen ihres kleinen Unternehmens in der Welt herumreisen würde. Damals, vor mehr als 80 Jahren, bestand die Firma aus der Gemüsegärtnerei in Giesing. Heute spürt die Enkelin Sonja Ziegltrum-Teubner die Ware für ihre Kunden der Bayerischen Blumen-Zentrale, einem mittelständischen Großhandel, in Vietnam, auf den Philippinen oder in Indien auf.

Ziegltrum-Teubner ist Geschäftsführerin in dritter Generation. Reisen und einkaufen - hätte Sonja Ziegltrum-Teubner gewusst, dass sie zwei ihrer Leidenschaften zum Beruf machen kann, sie hätte wohl keine Sekunde darüber nachgedacht. Doch die Entscheidung, in das Familienunternehmen einzutreten und ihre Eltern Roland und Hilde irgendwann an der Spitze abzulösen, war Mitte der Neunzigerjahre keineswegs selbstverständlich.

Die Bayerische Blumen-Zentrale war auch damals noch nicht das, was sie heute ist. Blumen und Pflanzen hatten das Gemüse ersetzt. Aber erst mit der Erweiterung der Warenpalette auf Deko-Artikel und Accessoires wurden Dienstreisen auf führende Fachmessen in Asien überhaupt erforderlich.

Heute erzielt allein der Handelsbetrieb am Firmensitz in Parsdorf einen Jahresumsatz von 14 Millionen Euro. Der Gesamtumsatz beläuft sich auf 50 Millionen Euro. "Meine beiden jüngeren Schwestern hatten andere Pläne. Dann blieb der Einstieg ins Geschäft an mir hängen. Aber das habe ich nicht bereut", sagt Ziegltrum-Teubner. Dabei hatte sie zunächst ein Studium der Landschaftsarchitektur abgeschlossen. Der Gedanke an Buchführung war ihr damals noch suspekt.

Durch den Generationswechsel hat sich die Kommunikation verändert

150 Mitarbeiter führt die 51-Jährige inzwischen, in den Gärtnereien, dem Handel und der Verwaltung an vier Standorten für Vertrieb und Produktion. Seit mehr als zehn Jahren ist sie die Chefin. Der Generationswechsel brachte auch eine neue Kommunikationskultur ins Haus. Nicht ganz konfliktlos, wie die Unternehmerin zugibt, weil Vater und Tochter "in der Personalführung unterschiedliche Ansätze" wählten. "Ich bin den Mitarbeitern gegenüber sicherlich etwas offener und bereit, ihnen zuzuhören. Das ist für mich zeitgemäße Unternehmensführung." Vater Roland habe eher "top-down" kommuniziert.

Und noch etwas unterscheide sie von ihrem Vater. Mit ihren diversen ehrenamtlichen Tätigkeiten, beispielsweise als Kreisrätin, als Vorsitzende im Regionalausschuss der IHK im Landkreis Ebersberg, als ehemalige Botschafterin für Bayern im Netzwerk "Unternehmen integrieren Flüchtlinge" oder im Netzwerk "Frauen verbinden" der Messe München "bin ich doch deutlich vernetzter, als das meine Eltern waren", sagt sie. Der branchenübergreifende Austausch sei ihr wichtig. Oft entwickelten sich daraus auch unternehmensrelevante Kontakte. "Durch mein großes Netzwerk fällt es mir in der Regel leicht, die passenden Ansprechpartner zu vermitteln."

Durch Krisen geht man in einem Familienunternehmen aber immer noch gemeinsam. Die Pandemie löschte in wenigen Wochen 800 000 Euro Umsatz aus. Die Importe stoppten, Teile des Kundenverkehrs brachen weg. Wie Hunderttausende andere Mittelständler sprach auch die Bayerische Blumen-Zentrale bei den Banken vor, um vorzuwarnen, dass kurzfristig Liquidität benötigt werden könnte.

Mittlerweile kommen die Importe aus 20 Nationen

"Als Traditionsunternehmen genießt man bei den Banken sicherlich einen Vertrauensvorschuss. Unser regionales Profil mit einem großen Teil der Kundschaft aus der näheren Umgebung kommt uns dann zugute", sagt Ziegltrum-Teubner. Heißt: Die Banken kennen die Bedeutung jener Firmen mit langjähriger Geschichte für die Region als Arbeitgeber, als Steuerzahler, als Identifikationsmerkmal und als sozialer Kitt. Als nützlich erwies sich dabei vielleicht auch, dass die Firma 2017 den CSR-Sonderpreis der Bundesregierung für soziale Verantwortung in der Kategorie "Betriebliche Integration von geflüchteten Menschen in kleinen und mittelständischen Unternehmen" erhielt.

Bis kurz vor dem Corona-Ausbruch hatte das Unternehmen noch eine eigene Filiale in Wien betrieben. Doch auf Dauer wurde der Aufwand wegen der Entfernung zu groß, und die Firma entschied sich zur Verpachtung der Immobilie. Auch in Straubing hatte sich die Geschäftsführerin für eine Verpachtung entschieden. Doch hier war der Grund ein anderer: Fachkräftemangel.

Mittlerweile kommen die Importe der Bereiche Schnittblumen und Lifestyle-Deko aus 20 Nationen. Das Geschäft mit den Topfpflanzen aus Eigenproduktion bleibt das stärkste Standbein des Unternehmens. Gut so für die Bilanz, denn die Frachtraten für einen Container haben sich seit dem Pandemie-Beginn von 2000 auf über 15 000 US-Dollar vervielfacht. "Gewisse Kunden wollen einfach direkt und regional aus unseren Gärtnereien bedient werden", sagt die Chefin.

Vielleicht ist das auch ein Grund, dass das Online-Geschäft "noch stiefmütterlich" läuft. Zwar weiß man auch in Parsdorf, wie das mit dem Internet funktioniert. "Aber mit unserer Software kommen wir nicht weit", sagt Ziegltrum-Teubner. Das System der Zukunft muss unterschiedliche Preisstaffelungen für unterschiedliche Kunden und unterschiedliche Mengen berücksichtigen. "Das ändern wir gerade."

Ein Problem ist noch ungelöst

Das Unternehmen nutzte die Krise, um die Abläufe an den einzelnen Produktionsstandorten exakt zu analysieren und die Prozesse zu verschlanken. In der Vergangenheit waren regelmäßig auch Leerzeiten angefallen, die nun durch eine höhere Mobilität der Mitarbeiter vermieden werden können. Die existenzielle Bedrohung durch die Pandemie erhöhte die Bereitschaft des Personals, flexibel die Standorte zu wechseln, wenn es betriebswirtschaftlich Sinn ergab. Fortan konnte das Unternehmen auf Ausgaben für saisonale Arbeitskräfte, die zuvor die Lücken geschlossen hatten, verzichten und mithilfe der Einsparungen auch alle Arbeitsplätze sichern.

"So sind wir dann besser durch die Krise gekommen, als wir das anfangs erwartet hatten", sagt Ziegltrum-Teubner, die optimistisch in die Zukunft schaut. Das nächste große Problem für die Firma scheint zurzeit noch ein bis zwei Jahrzehnte in der Zukunft zu liegen, nämlich wenn es darum gehen wird, einen Nachfolger für die Unternehmensführung zu finden. Die beiden erwachsenen Söhne von Ziegltrum-Teubner haben schon dankend abgewunken.

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