Süddeutsche Zeitung

München:So war der erste Tag in der neuen CSU-Zentrale

Beim ersten Treffen in der frisch bezogenen Zentrale im Münchner Norden macht die Partei gleich mal die Schotten dicht.

Von Wolfgang Wittl

Um 10.08 Uhr ist auch schon wieder Schluss mit der Offenheit der neuen, transparenten CSU. Die erste Vorstandssitzung in der neuen Landesleitung hat gerade begonnen, da werden sogleich die Vorhänge zugezogen. Der Raum liegt im Erdgeschoss und kann von der Straße aus ohne Probleme eingesehen werden. Näher am Bürger möchte die CSU sein, aber so nahe dann doch nicht. Wer will schon Augen oder Kameras auf sich gerichtet wissen, falls wirklich mal die Fetzen fliegen? Also: Mund auf, aber Schotten dicht.

Nach allem, was Teilnehmer später berichten, soll die Premiere an der Mies-van-der-Rohe-Straße 1 recht einvernehmlich abgelaufen sein. Inhaltlich dreht sich alles um die Flüchtlingspolitik, aber das Drumherum spielt bei der CSU natürlich auch immer eine Rolle - am Montag noch mehr als sonst.

Zum ersten Mal finden sich die Parteigranden in der Parkstadt Schwabing ein, der Umzug aus der Stadtmitte in den Münchner Norden bedeutet eine Zäsur: Der düstere Klotz an der Nymphenburger Straße gehört der Vergangenheit an, die Gegenwart besteht aus hellen, freundlichen Räumen. Glas, Stahl und Holz statt grauem Stein, das gefällt Horst Seehofer.

"Bei minus acht Grad haben Sie länger gefragt."

Die Limousine des Parteichefs rollt um kurz vor neun an, Mitarbeiter stehen auf Balkonen und machen mit dem Handy Fotos von diesem für sie offenbar historischen Moment. Seehofer posiert bereitwillig für die Fotografen, dann begibt er sich nach innen, wo bereits die Journalisten warten. Früher standen sie draußen, oft bei klirrender Kälte, nun muss sich alles erst einspielen.

Der CSU-Chef tritt vor einen Strauß von Mikrofonen, doch die Unterhaltung stockt zunächst. "Normalerweise war es üblich, dass Sie mit Fragen eröffnet haben", spöttelt er. Und Minuten später: "Bei minus acht Grad haben Sie länger gefragt." Die "wohltuende Umgebung" führe anscheinend "zur Erschlaffung".

Wüsste man es nicht besser, man käme sich glatt vor wie am ersten Schultag. Alles wirkt neu, jeder muss sich und seinen Platz erst einmal finden. In der CSU herrscht allgemeine Zufriedenheit, dass die CDU beim Flüchtlingskurs einen Schritt in Richtung kleine Schwesterpartei unternimmt.

Aber auch im neuen Franz-Josef-Strauß-Haus ist einiges in Bewegung. Markus Söder steuert während Seehofers Interview den Aufzug an und entschwebt in höhere Gefilde, andere wie der Passauer Landrat Franz Meyer und Ilse Aigner suchen den Weg in den Konferenzraum. Eine feste Sitzordnung gibt es nicht, die Karten beim Platznachbarn werden neu gemischt. Wer neben wem - auch das lässt blicken.

Etwas frisch war es wohl anfangs im Sitzungsraum

Strauß-Intimus Wilfried Scharnagl betritt das Haus zum ersten Mal, Wehmut überkommt ihn nicht. Er hat den Umzug des Hauptquartiers von der Lazarettstraße in die Nymphenburger Straße erlebt, nun zieht die Karawane eben in den Norden. "Da bin ich doch noch zu jung, als dass mir das etwas ausmachen würde", sagt der 77-Jährige und zitiert sofort den Lehrsatz seines Vorbilds, dass die Konservativen an der Spitze des Fortschritts zu stehen hätten. Auch der Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber ist voll des Lobes, er äußert Respekt für die "tolle Weiterentwicklung".

Ob er denn sein Büro schon bezogen habe, wird Seehofer gefragt. "Ich denke ja." Blind vertraue er dem Generalsekretär, erzählt er bestens gelaunt, "das ist bei uns üblich". Allzu häufig wird der Ministerpräsident in der CSU-Landesleitung ohnehin nicht anzutreffen sein, er führt die Geschäfte weitgehend von der Staatskanzlei aus.

Das neue Haus findet große Zustimmung in der Partei, nur etwas frisch sei es anfangs im Sitzungsraum gewesen, klagen manche. Mal habe es von oben gezogen, mal von unten. Seehofer dementiert: Er habe von Unterkühlung nichts gemerkt.

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SZ vom 26.01.2016/mkro
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