München:Sinti und Roma fordern stärkere Mitsprache

Von Dietrich Mittler

Bayerns Antisemitismusbeauftrager Ludwig Spaenle (CSU) hat am Dienstag dazu aufgerufen, es bei dem vor einem Jahr geschlossenen Staatsvertrag mit der nationalen Minderheit der Sinti und Roma "nicht bei Symbolpolitik" zu belassen. "Der Staatsvertrag hat zwar politisch ein Zeichen gesetzt, aber da gibt es noch viel zu tun", betonte der frühere Kultusminister in München bei einem Treffen mit Erich Schneeberger, dem Vorsitzenden des Landesverbands deutscher Sinti und Roma. Die gesellschaftliche Diskriminierung von Angehörigen dieser Minderheit dauere auch weiterhin an. "Dagegen möchte ich angehen", sagte Spaenle.

Das Leid der in der NS-Zeit verfolgten, gequälten und ermordeten Sinti und Roma müsse in Bayerns Schulen, aber auch außerhalb des Freistaats, im Unterricht künftig noch intensiver behandelt werden. In diesem Sinne gelte es, das Geschichtsbewusstsein intensiver zu fördern. Dazu seien auch spezielle Lehrerfortbildungen sinnvoll. "Wir werden dazu unsere Vorschläge einbringen", sagte Spaenle. Eine gemeinsame Empfehlung der Kultusministerkonferenz sowie eine Expertenkommission zum Bereich Antiziganismus seien momentan in Vorbereitung. Zudem gelte es, mehr Begegnungsmöglichkeiten zwischen Sinti und Roma und der Mehrheitsgesellschaft zu schaffen. Bislang gebe es trotz Staatsvertrag noch zu wenige Möglichkeiten, dass sich Sinti und Roma als Interessenvertreter in eigener Sache in die Gesellschaft einbringen können.

Erich Schneeberger schätzt die Zahl der aktuell in Bayern lebenden Sinti auf circa 20 000. Für all diese Menschen stelle der vor gut einem Jahr unterzeichnete Staatsvertrag "ein unübersehbares politisches Signal" dar. "Allein der immaterielle Wert dieses Vertrags ist enorm hoch - endlich auf Augenhöhe wahrgenommen zu werden", sagte er. Doch viele Ziele seien eben noch nicht erreicht. Laut Schneeberger sei es an der Zeit, dass Sinti und Roma auch Zugang zur Landesmedienanstalt sowie zum Rundfunkrat bekommen. Schon seit Jahren stehe diese Forderung im Raum, und das mit gutem Grund: "In vielfältiger Weise ist oftmals die Darstellung der Lebensrealität von Sinti und Roma in den Medien von Vorurteilen geprägt, und dem sind unsere Leute schutzlos ausgeliefert", sagte Schneeberger.

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