Ihre Tochter sei eine lebensfrohe Frau mit Zielen und Plänen im Leben gewesen, berichtet Brigitte Herzog. Sie hatte vor, Pflegerin zu werden, weil sie Menschen helfen wollte. Einen Organspendeausweis zu haben, sah sie als moralische Verpflichtung, erzählt die Mutter. Zwei Monate nachdem sie ihn ausgefüllt hatte, verstarb sie an einem Sommertag im Juli bei einem Autounfall. Für ihre Tochter sei keinerlei Hilfe mehr möglich gewesen, aber „meine Tochter wurde zur vierfachen Lebensretterin“, erzählt Herzog. Die Mutter hat sich seither das Thema Organspende zur Aufgabe gemacht.
Am Mittwoch warb sie in München bei einer Veranstaltung zum bevorstehenden Tag der Organspende dafür, sich mit diesem wichtigen Thema auseinanderzusetzen. Jeder sollte sich fragen, „was wäre meine Hoffnung, wenn es um mein Leben und meine Familie ginge“. Es zeuge von „Fürsorge und Verantwortung“, wenn man für sich selbst festlege, wie man zum Thema Organspende stehe, schon weil man seinen Angehörigen damit eine schwere Entscheidung abnehme.
Dem konnte Axel Rahmel, Medizinischer Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), nur zustimmen. Er bitte jede Bürgerin und jeden Bürger, den eigenen Willen zu dokumentieren, sei es in einem Organspendeausweis, mit einem Eintrag im Organspende-Register oder in einer Patientenverfügung, sagte er. Denn wenn Ärzte keinen Spendenausweis finden, müssen sie bei den Angehörigen erfragen, wie der Verstorbene zum Thema Organspende stand und was er sich gewünscht hätte. Diese hätten dann häufig die Sorge, etwas falsch zu machen.
In diesem Jahr gab es nach Angaben der DSO in den ersten fünf Monaten bislang 426 postmortale Organspender in Deutschland. Im gleichen Vorjahreszeitraum waren es 382. Bayernweit wurden bislang 61 postmortale Organspender verzeichnet. Das waren sechs mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Zahlen lassen jedoch keine Rückschlüsse auf einen allgemeinen Trend zu und sind noch immer viel zu niedrig angesichts der 1100 Menschen, die im Freistaat auf ein Organ warten. Bei der Spenderzahl ist Bayern innerhalb von Deutschland eine der schlechtesten Regionen.
Angesichts dieses noch immer dramatischen Mangels an Organspenden hat Gesundheitsministerin Judith Gerlach für eine Änderung des Transplantationsrechts und für die Einführung der Widerspruchslösung geworben. Die Lage sei bedrückend, sagte Gerlach am Dienstag bei einer Veranstaltung zum Tag der Organspende in München. „Viele Menschen auf der Warteliste sterben, bevor sie eine Transplantation bekommen.“
In Deutschland gilt die Zustimmungsregelung. Ein Toter kann also nur dann zum Organspender werden, wenn er dem zu Lebzeiten zugestimmt hat. Bei der Widerspruchslösung, die in vielen europäischen Nachbarländern gilt, ist die Organspende dagegen der Normalfall und jeder Mensch, der dem nicht widerspricht, ein potenzieller Spender. Sie setze sich für die Widerspruchslösung ein, da viele Menschen im Grunde zur Spende bereit seien, sagte Gerlach. So ergab eine 2024 ausgeführte Umfrage des Bundesinstituts für öffentliche Gesundheit, dass 85 Prozent der Menschen in Deutschland dem Thema Organ- und Gewebespende positiv gegenüberstehen. Dennoch hat nach eigenen Angaben nach wie vor nur etwa ein Drittel der Bevölkerung einen Organspendeausweis. „Ich bin mir sicher, wir können das ändern, weil der Wille ja da ist“, sagte die Ministerin.
Der Tag der Organspende findet dieses Jahr am 7. Juni mit zahlreichen Aktionen in Regensburg statt.