Justiz in München:Gericht beschäftigt sich erneut mit "Badewannen-Mord"

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Die Großeltern sowie der Vater der verwahrlosten Mädchen mussten sich vor dem Amtsgericht München verantworten. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Im Fall Manfred Genditzki, der seit gut zwölf Jahren im Gefängnis sitzt, muss die Wiederaufnahme des Verfahrens neu bewertet werden. Ein Gutachter hält sogar einen Unfall für wahrscheinlich.

Von Hans Holzhaider, München

Für den wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilten ehemaligen Hausmeister Manfred Genditzki zeichnet sich ein Hoffnungsschimmer ab. Das Oberlandesgericht München hat am Donnerstag einer Beschwerde Genditzkis zumindest teilweise stattgegeben und das Landgericht München I verpflichtet, sich erneut mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu befassen. Im Dezember 2020 hatte die 1. Strafkammer am Landgericht den von Genditzkis Anwältin Regina Rick gestellten Wiederaufnahmeantrag als "unzulässig" verworfen.

Manfred Genditzki sitzt seit mehr als zwölf Jahren im Gefängnis. Im Januar 2012 hatte ihn das Landgericht München II für schuldig befunden, im Oktober 2008 in Rottach-Egern die 87-jährige Lieselotte Kortüm in ihrer Badewanne ertränkt zu haben. Das Gericht hatte es damals ausgeschlossen, dass die Rentnerin infolge eines Schwächeanfalls in die Badewanne gestürzt und ertrunken sei. Es stützte sich dabei auf die Expertise eines Münchner Gerichtsmediziners, der es für unmöglich hielt, dass die alte Frau durch einen Sturz in die Position geraten war, in der sie aufgefunden wurde.

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Genditzkis Anwältin legte in ihrem Wiederaufnahmeantrag das Gutachten eines Professors für Simulationstechnologie vor, aus dem sich das genaue Gegenteil ergab: Es sei sehr wohl möglich und sogar wahrscheinlich, dass Lieselotte Kortüm gestürzt sei und sich dabei auch zwei Hämatome am Kopf zugezogen habe. Das Landgericht München I hatte dieses Gutachten jedoch mit der Bemerkung abgetan, es handele sich dabei um bloße "Wahrscheinlichkeiten", nicht um Tatsachen, die das Urteil gegen Genditzki erschüttern könnten.

Dieser Einschätzung ist das OLG jetzt deutlich entgegengetreten. Das Gutachten mit der Computersimulation sei ein "zulässiges neues Beweismittel", erklärten die Oberlandesrichter, und hoben damit den Beschluss des Landgerichts teilweise auf. Allerdings hat das OLG nicht selbst über die Wiederaufnahme des Verfahrens entschieden, sondern die Entscheidung wiederum an das Landgericht München I verwiesen. Dem Gericht wurde aufgegeben, sich eingehend mit dem Inhalt des Gutachtens zu befassen und dazu auch den Sachverständigen, den Stuttgarter Professor Syn Schmitt, anzuhören. Erst danach, so das OLG, könne über die Begründetheit des Wiederaufnahmeantrags entschieden werden. Zuständig dafür ist dieselbe Kammer, die zuvor schon den Wiederaufnahmeantrag als unzulässig zurückgewiesen hatte.

Den Antrag der Rechtsanwältin Regine Rick, die Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe für Manfred Genditzki zu unterbrechen, lehnte das Oberlandesgericht ab. Dies sei "ohne die nun anstehende Bewertung des Beweismittels nicht möglich".

© SZ vom 24.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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