Gerichtsprozess:Erbstreit um elf Oldtimer

Gerichtsprozess: Fast 40 Jahre verharrte das Autohaus Hausmann in einer Art Dornröschenschlaf. Im Ausstellungsraum stehen alte Ford-Modelle.

Fast 40 Jahre verharrte das Autohaus Hausmann in einer Art Dornröschenschlaf. Im Ausstellungsraum stehen alte Ford-Modelle.

(Foto: Tobias Köhler)
  • In Passau befindet sich ein Oldtimerschatz in einem lange vergessenen Autohaus.
  • Der Enkel des ehemaligen Besitzers möchte es zu einem Museum umbauen.
  • Erst einmal muss ein Gericht entscheiden, ob er der rechtmäßige Erbe ist.

Von Lisa Schnell

Heinz Rosenberger steht neben seinem Anwalt im Oberlandesgericht München und schaut ein wenig verdattert. "Vor Ihnen steht ein tragischer Fall, auch wenn ich nicht so aussehe", sagt der 61-Jährige und versucht ein Lachen. Im moosgrauen Janker mit Einstecktuch ist er gekommen, auf Volksfest hat er jetzt aber keine Lust mehr. Die Richter bezweifeln, dass ihm die elf Oldtimer gehören, die jahrzehntelang in einem vergessenen Autohaus seines Großvaters in Passau im Dornröschenschlaf lagen. An diesem Donnerstag wurde noch keine Entscheidung gefällt, ein Schock für Rosenberger ist es trotzdem.

Jeder Autoliebhaber beneidet ihn wohl um den Oldtimerschatz, den er sein eigen nennen will. Vier Jahrzehnte lagerte der hinter einer unscheinbaren, grünen Fassade mitten in der Passauer Innenstadt. Die Oldtimerjuwelen sind größtenteils von der Firma Ford. Ein dunkelgrünes Modell mit breiten, geschwungenen Kotflügeln aus dem Jahre 1928, dem Gründungsjahr des Autohauses, ist das älteste. Bis auf die dicke Staubschicht, die sich auf den Wägen angesammelt hatte, standen sie dort seit der Schließung des Autohauses Mitte der 70er Jahre wie in einer Zeitkapsel: ein Paradies für Sammler und Tüftler. Tonnenweise Ersatzteile lagerten zusammen mit alten Werbeprospekten und Zeitschriften in zimmerhohen Regalen.

Im ersten Stock, dem Schauraum, stand noch die Sitzgarnitur aus den 50er Jahren, eine Etage darüber war das Büro des Chefs mit grünem Polstersofa im Stil der 60er Jahre. Ein Reisigbesen lehnte noch an der Wand, die Werkzeuge waren hingeworfen auf die Werkbank, als wär' der Mechaniker nur gerade eine Leberkässemmel essen. Sein Großvater wollte, dass alles so bleibt, wie es war, sagt Rosenberger. "Es war für den alten Mann das Schönste, Passanten rein zu bitten und ihnen die alten Prachtstücke vorzuführen", erinnert sich der Enkel.

Warum unklar ist, wem die Oldtimer gehören

Eigentlich wollte Rosenberger aus dem alten Autohaus ein Museum machen, über dem er dann selbst wohnen wollte. Schließlich habe er "eine Tradition zu bewahren". Im Moment ist er aber damit beschäftigt, die Fassung zu bewahren. Seine Pläne scheinen in weite Ferne gerückt zu sein. Das liegt auch an den undurchsichtigen Erbverhältnissen. Rosenberger ist zwar der einzige lebende Blutsverwandte des ehemaligen Autobesitzers. Er ist aber auch der Sohn eines unehelichen Kindes, die bei Vererbungen lange Zeit benachteiligt waren.

Erbrechtlich sei er deshalb "leer ausgegangen", sagt er. Das Haus und das Vermögen der letzten Autohausinhaberin, der "Tante Auguste", ging an Nichten und Neffen, "entfernte Verwandte", wie sie Rosenberger nennt. Jetzt sitzt er einem von ihnen im Gerichtssaal gegenüber. Sie wollen auch das kostbare Innenleben des geerbten Hauses, vor allem die auf 100 000 Euro dotierten Oldtimer, die für Sammler unschätzbaren Wert haben. Heinz Rosenberger hatte sie 2013 von der Autohausinhaberin Auguste Hausmann per Schenkungsvertrag übertragen bekommen. Ob dieser wirklich gültig ist, daran meldeten die Richter diesen Donnerstag aber "große Bedenken" an.

Zum einen sind sie nicht ganz überzeugt, ob Auguste Hausmann noch geschäftstüchtig war, als sie den Vertrag 2013 unterschrieb. Viel schwerwiegender erschien ihnen allerdings, dass das Blatt Papier nicht vom Notar beglaubigt wurde. Damit die Schenkung trotzdem gültig ist, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein. So muss von außen ersichtlich sein, dass die Autos nun nicht mehr der Tante, sondern Heinz Rosenberger gehörten. Allerdings ging die Tante in ihrem eigenen Haus natürlicherweise weiterhin ein und aus. Von außen dürfte sich also wenig geändert haben, denn einen Schlüssel hatte Rosenberger auch vorher schon. Allerdings übergab sie ihm die Kfz-Scheine. Für Rosenbergers Anwalt Hans Kapsreiter ist damit in der "Summe der Betrachtungen" klar, dass eine Übertragung des Eigentums gewollt war.

Was bislang vor Gericht herauskam

Etwa eine halbe Stunde lieferte er sich mit dem Richter ein juristisches Duell, dabei betonten alle Seiten immer wieder, dass die endgültige Frage, wem die Autos nun gehören, an diesem Tag nicht beantwortet werde. Gegenstand der Verhandlung war lediglich eine Einstweilige Verfügung, welche die Erben, die Rosenbergers Anspruch auf die Oldtimer anzweifeln, gegen ihn vor dem Landgericht Passau einlegten.

Sie wollen verhindern, dass Rosenberger die Oldtimer zu Geld macht oder aus dem Land schafft und verlangen, dass die kostbaren Wägen einem Gerichtsvollzieher als Treuhänder übergeben werden, bis geklärt ist, wer sie sein Eigen nennen darf. Derzeit schlafen die alten Wagen wieder in zwei Hallen in Passau, die Rosenberger angemietet hat. Salopp gesagt, ging es also nur darum, ob sie auf Rosenbergers Parkplatz oder auf dem eines Treuhänders stehen sollen. Es ist der des Treuhänders geworden. Das Gericht entschied, dass Rosenberger ihm die Wägen übergeben muss.

"Traurig" sei das, sagt Rosenberger, und er meint nicht die Parkplatzfrage, sondern die Zweifel, die das Gericht an seinem rechtmäßigen Anspruch auf die Oldtimer anklingen hat lassen. "Traurig und tragisch." Denn das Testament, mit dem die Tante ihm auch ihr Haus übertragen wollte, habe schon auf ihrem Schreibtisch gelegen. Einen Termin beim Notar habe es auch schon gegeben - just einen Tag, nachdem die Tante gestorben sei. "Dann hätten wir uns das hier alles sparen können", sagt er und zeigt auf den Gerichtssaal. Es wird nicht der letzte sein, in dem er steht. Das eigentliche Verfahren steht an. Und so werden die Oldtimerkostbarkeiten wohl noch ein bisschen länger vor sich hindösen bis endlich klar ist, wem sie nun gehören.

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