BGHUrteil im Mordfall Hanna Wörndl aufgehoben

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Der Angeklagte (2.v.l.) im Prozess um den Tod der Studentin Hanna sitzt neben seiner Rechtsanwältin Regina Rick im Gerichtssaal des Landgerichts Traunstein (Archivfoto).
Der Angeklagte (2.v.l.) im Prozess um den Tod der Studentin Hanna sitzt neben seiner Rechtsanwältin Regina Rick im Gerichtssaal des Landgerichts Traunstein (Archivfoto). (Foto: Lennart Preiss/dpa)

Im März 2024 hatte das Landgericht Traunstein den damals 22 Jahre alten Sebastian T. wegen Mordes zu neun Jahren Haft verurteilt. Nun hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass neu verhandelt werden muss.

Von Benedikt Warmbrunn

Der Mordfall Hanna Wörndl muss neu verhandelt werden. Im März 2024 hatte das Landgericht Traunstein den damals 22 Jahre alten Sebastian T. wegen Mordes zu neun Jahren Haft verurteilt. Die 2. Jugendkammer sah es als erwiesen an, dass der junge Mann die Medizinstudentin am 3. Oktober 2022 auf ihrem Heimweg durch Aschau von hinten attackiert, bewusstlos geschlagen und dann in den Bärbach geworfen hatte. Dieses Urteil hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) aufgehoben und den Fall an eine andere Jugendkammer des Landgerichts Traunstein zurückverwiesen.

Der 1. Strafsenat des BGH bezieht sich in seinem Beschluss vor allem auf einen abgelehnten Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler. Diese hatte Anfang Januar 2024 in einer Mail an den Staatsanwalt geschrieben, dass sie davon ausgehe, dass Sebastian T. wegen gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit Mord verurteilt werde. Sebastian T. und auch dessen Verteidiger waren über diesen Mail-Austausch nicht informiert. Verteidigerin Regina Rick fand die Mail nur zufällig Wochen später in einem Nebenordner der Akte. Der Strafsenat argumentiert, der Vorgang sei geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Vorsitzenden zu rechtfertigen. Aßbichler hätte daher an dem Urteil nicht mehr beteiligt sein dürfen.

Der BGH fordert seit Jahrzehnten mehr Transparenz im Umgang zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Selbst über ein Gespräch im Gang muss daher ein Richter eigentlich in einem Vermerk in der Akte informieren. Aßbichler hatte während des Verfahrens argumentiert, dass sie die Verteidiger von Sebastian T. nicht in diesen Mail-Austausch habe einbinden müssen, da erkennbar gewesen sei, dass Rick und die beiden Pflichtverteidiger auf Freispruch plädieren würden.

Der BGH moniert, dass Aßbichler damit nicht die gebotene Neutralität gezeigt habe. Regina Rick sagt am Telefon, dass Aßbichler „eine absurde Rechtsauffassung“ habe. Zwischen der Vorsitzenden Richterin und der Verteidigerin war es immer wieder zu hitzigen Wortgefechten während des ersten Verfahrens gekommen.

Der Hamburger Strafverteidiger Yves Georg, mit dem Rick gemeinsam die Revision eingelegt hatte, sagt am Telefon, mit diesem Beschluss habe der BGH auch „eine Mahnung“ an andere Richter ausgesprochen: Ein „derart verschlagenes Verhalten“ werde vom Bundesgerichtshof nicht geduldet. Der Beschluss habe einen „Disziplinierungseffekt“.

Wann ein neues Verfahren startet, steht noch nicht fest.

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SZ PlusVon Benedikt Warmbrunn (Text) und Lorenz Mehrlich (Fotos)

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