Monika Hohlmeier:Das unerwünschte Familienmitglied

"Das ist ein Riesenschmarrn": Die oberfränkische CSU-Basis will sich nicht mit Hohlmeier als Europakandidatin anfreunden.

Olaf Przybilla und Kassian Stroh

Berthold Just ist seit 30 Jahren Vorstandsmitglied der Bayreuther CSU. Aus der Zeitung hat er am Montag erfahren, dass bei der Europawahl Monika Hohlmeier als Kandidatin für Oberfranken antreten soll. Der CSU-Bezirksvorstand hat das am Wochenende so beschlossen, auf Wunsch der Münchner Parteispitze. Dass die Frau aus Oberbayern dafür überhaupt in Frage komme, war der Basis zuvor nicht bekannt.

Monika Hohlmeier: Zwei, die sich offenbar gut verstehen: CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg und Monika Hohlmeier, die Oberfranken künftig im Europaparlament vertreten soll.

Zwei, die sich offenbar gut verstehen: CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg und Monika Hohlmeier, die Oberfranken künftig im Europaparlament vertreten soll.

(Foto: Foto: dpa)

Frau Hohlmeier für Oberfranken? "Das ist ein Riesenschmarrn", sagt Just. Man komme sich als fränkisches CSU-Mitglied ungefähr so vor wie eine Frau, der die Verwandtschaft über Nacht einen Ehemann besorgt hat - den man bislang nur aus der Zeitung kenne.

Karl-Theodor zu Guttenberg, zugleich CSU-Generalsekretär und CSU-Bezirkschef in Oberfranken, hat dem oberfränkischen Parteivorstand die Personalie Hohlmeier ans Herz gelegt. Der reagierte zunächst geschockt. Nach drei Stunden Debatte verließen diejenigen, die sich partout nicht mit Hohlmeier anfreunden konnten, den Raum. Die Entscheidung fiel dann einstimmig.

Hinterzimmerpolitik? Guttenberg wehrt sich gegen den Vorwurf. "Das vermag ich nicht zu erkennen", sagt er. Immerhin habe der Bezirksvorstand über Hohlmeier befunden. In den kommenden Tagen will Guttenberg alle CSU-Mitglieder in Oberfranken anschreiben, um ihnen "die Hintergründe für die Entscheidung" zu erklären.

Mitglieder kündigten ihren Parteiaustritt an

Das Echo in Oberfranken ist derweil verheerend. Seit Dienstag rufen mehrere örtliche Medien dazu auf, in Foren über die Personalie Hohlmeier abzustimmen. Jeweils mehr als 85 Prozent votierten gegen sie. Der Nordbayerische Kurier druckte am Mittwoch eine halbe Seite Leserbriefe. Man hätte gerne auch ein Schreiben pro Hohlmeier veröffentlicht, erklärt das Blatt. Es gab aber keines.

Eine Frau aus Marktgraitz schreibt, mit Guttenberg habe sie das Gefühl gehabt, der werde es "für Franken richten". Nun sei es so, "als ob Herr Guttenberg mich persönlich mehrmals geohrfeigt hätte". In mehreren CSU-Kreisverbänden kündigten Mitglieder ihren Parteiaustritt an. Ein Kreisrat aus Kronach hat bei Parteichef Horst Seehofer eine Mitgliederbefragung in Oberfranken über die Personalie Hohlmeier gefordert.

Austreten will das Parteimitglied Just nicht. Aber dass die Basis vom neuen CSU-General so "überrumpelt" wurde, will ihm nicht in den Kopf gehen. Hätte sich Hohlmeier der Basis vorgestellt, hätte sich Just möglicherweise anfreunden können mit der Kandidatin. Aber so? Wenn er bei der Europawahl überhaupt Plakate klebe, "dann trotz Monika - nicht wegen ihr".

"Erster größerer Fehler"

Auch an der Parteispitze betrachtet man mit Erstaunen, aber auch mit großer Skepsis die Personalie Hohlmeier. Dort indes richten sich die Blicke weniger auf Guttenberg denn auf Seehofer. Er hält viel von Hohlmeier und hat mit Guttenberg die Sache eingefädelt, Hohlmeier zur Kandidatin zu machen. "Das war sein erster größerer Fehler", sagt ein Mann aus der CSU-Spitze mit Blick auf die Proteste der Basis. Das sei der von Seehofer versprochene "neue Dialog", ätzt ein anderer. Von mangelndem Einfühlungsvermögen ist die Rede, auch von Seehofers "Demokratur".

Das unerwünschte Familienmitglied

Denn Hohlmeier über Nacht zur Kandidatin zu machen, ist das eine. Das andere ist, dass Seehofer sie wohl gerne als Spitzenkandidatin für die Europawahl sähe, wie etliche in der CSU glauben. Dabei zeigt sich immer deutlicher sein Zerwürfnis mit dem Sprecher der CSU-Europaabgeordneten, Markus Ferber. Der will selbst Spitzenkandidat werden, was Seehofer am Dienstag so kommentiert hat: Manchen sei der eigene Listenplatz wohl "wichtiger als der Erfolg" der CSU bei der Wahl.

Harte Worte, mit denen er Ferber beschädige, den er aber so und so noch brauche, warnen Parteifreunde. "Er desavouiert sie alle", klagt ein CSU-Mann. Denn Ferber ist ja nur eines aus einer ganzen Reihe Opfer seehoferscher Attacken: Wirtschaftsminister Michael Glos ließ er mehrmals spüren, dass er unzufrieden mit ihm ist, CSU-Landesgruppen-Chef Peter Ramsauer auch.

Dass kolportiert wird, Seehofer traue diesem nicht zu, die CSU in die Bundestagswahl im Herbst zu führen, bringt weiter Unruhe in die Partei - auch wenn Seehofer am Dienstag die Meldung, er selbst erwäge die Spitzenkandidatur, dementierte. Manche glauben, dass als nächstes Opfer Georg Schmid, der Chef der Landtagsfraktion, dran ist - von dem halte Seehofer ebenfalls nichts.

"Die anderen klein machen"

Und seine Motive? Etwas sorglos sei er wohl, sage oft etwas leichthin daher, was sich später rächen könnte, urteilen manche. Andere glauben, Seehofer wisse genau, was er tue, und baue seine Machtposition aus. "Die anderen klein machen", nennt das ein führender CSU-Mann. "Dann schaut er von seinen 1,93 Meter runter und ist noch größer."

Dabei sagen alle, Seehofer stehe in der CSU unangefochten an der Spitze. Die ihm Wohlmeinenden glauben daher: Wolle er personell in der Partei etwas ändern, müsse er es jetzt tun - das sei das Motiv für seine Manöver. Die anderen warnen vor dem Bumerang, der Seehofer in schwächeren Phasen treffen könne. Aus dem Vorstand heißt es, jeder Kritik an ihm könne Seehofer mit dem Argument begegnen, mit ihm als Partei- und Regierungschef habe die CSU alles auf eine Karte gesetzt.

Das stimme ja auch, sagen sie, in der ganzen Tragweite begreife das die Partei aber erst langsam.

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