Brauchtum:So wird Bayern nie mehr Monarchie

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Königstreue stehen in Gammelsdorf mit Fahnen am Denkmal, das an die Schlacht von 1313 erinnert, in der Herzog Ludwig die Österreicher und ihre niederbayerischen Verbündeten besiegte. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Die Stammwirtschaft der Königstreuen in Gammelsdorf hat dichtgemacht, weshalb ihr traditionelles Treffen im Januar entfällt. Doch für eine richtige Revolution mangelt es noch an mehr.

Kolumne von Sebastian Beck

Für alle Monarchisten in Bayern hat das Jahr 2025 mit einem schweren Schlag begonnen: Ihr für den 18. Januar geplantes Winterpatriotentreffen in Gammelsdorf musste abgesagt werden, weil das Gasthaus Pichlmeier zugemacht hat. Das Wirtshaussterben hat damit eine Dramatik erreicht, die ein sofortiges Handeln des Wirtshausministers Hubert Aiwanger erforderlich macht. Was das Land nun bräuchte, wäre eine mobile Wirtereserve, eine Art schnelle Eingreiftruppe der Gastronomie, die Notöffnungen vornehmen oder zumindest eine ambulante Bierversorgung sicherstellen könnte. Aber wahrscheinlich hockt der Aiwanger irgendwo auf dem Hochsitz und hat von all dem noch nichts mitbekommen.

Für Nichtmonarchisten sei hier angemerkt, dass das Treffen in Gammelsdorf zum Kernbestand des winterlichen Brauchtumsinventars gehört wie der politische Aschermittwoch oder die Veitshöchheimer Fastnacht. Erstmals waren die Patrioten im Jahre 56 nach dem Ende von Ludwig III. unter Führung des Schriftstellers und Monarchisten Georg Lohmeier nach Gammelsdorf gezogen. Dort hatte Herzog Ludwig am 9. November 1313 die Österreicher und ihre niederbayerischen Verbündeten geschlagen. Die Geschichtsschreibung vermutet zwar, dass die Auseinandersetzung mehr Scharmützel als Schlacht war. Dennoch ziert seit 1842 ein Denkmal den Ort der mutmaßlichen Heldentaten.

Die neuerliche Ausrufung der Monarchie im Jahre 1974 scheiterte unter anderem an der CSU. Deren Redner, der damalige Generalsekretär Otto Wiesheu, soll beim Wirt in Gammelsdorf gesagt haben: „Wir brauchen keinen König, denn wir haben Franz Josef Strauß!“

Auch CSU-Regent Strauß hielt die Vorstellung, dass ihm ein Wittelsbacher vor die Nase gesetzt werden sollte, für alles andere als attraktiv. Lohmeier zufolge entspann sich im Deutschen Theater folgender Dialog.

Strauß: „Gefällt es Ihnen denn bei mir nicht?“

Lohmeier: „Doch, Herr Ministerpräsident, es gefällt mir hier sehr gut.“

Strauß: „Aber?“

Lohmeier: „Aber es fehlt halt der Glanz der Krone!“

Strauß: „So ein Idiot. Ich strahle auch ohne Krone einigen Glanz aus!“

Im Jahre 107 nach dem Ende des letzten Wittelsbachers auf dem Thron sieht es nicht danach aus, als ob Bayern bald einen neuen König bekäme. Das liegt auch daran, weil die Königstreuen sich ein Lohmeier-Zitat zu eigen gemacht haben: „Wir brauchen keinen König, aber schön wär’s doch!“ Mit so einer Haltung kriegt man auch in den nächsten 100 Jahren keine gescheite Revolution hin.

Stefan Jetz, der Chef der Königstreuen, lässt ausrichten, das Treffen werde nachgeholt, wenn ein neuer Pächter gefunden worden sei.

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