Moderne Pferdehaltung:Schlamm-Kosmetik im Aktivstall

Moderne Pferdehaltung: Artgerechte Haltung statt einem Leben in der Box: Auf dem Gut Schörghof nahe Weilheim haben die Pferde Platz, sich im Schnee oder im Schlamm zu wälzen.

Artgerechte Haltung statt einem Leben in der Box: Auf dem Gut Schörghof nahe Weilheim haben die Pferde Platz, sich im Schnee oder im Schlamm zu wälzen.

(Foto: oh)

Hightech und Natur im Stall: Mit Computertechnik wird auf Gut Schörghof die freie Wildbahn simuliert. Die Pferde sind ständig in Bewegung, weil sie sich ihr Futter erwandern müssen. Tägliches Wälzen im Dreck steht auch auf dem Programm.

Von Eva-Elisabeth Fischer

Nur ein schmutziges Pferd ist ein glückliches Pferd. Diesen Spruch sagt sich zur Zeit des Fellwechsels jeder Pferdebesitzer vor, der täglich etwa die Füllmenge eines Rosshaarkissens aus seinem matschbeschmierten Liebling herausstriegelt. Glücklich ist ein schmutziges Pferd deshalb, weil Matsch im Fell bedeutet, dass es genügend Platz hat, sich zu wälzen. Die Schlamm-Kosmetik braucht es nicht nur wegen seines Wohlbefindens, sondern zur Fellpflege und im Sommer als Insektenschutz. Im Schörghof nahe Weilheim findet man solch glückliche Pferde, die ihr tägliches Sandbad nach Lust und Laune genießen können.

Als Annabel Baronin Bechtolsheim samt Familie vor fünf Jahren den idyllisch gelegenen Hof erwarb, investierte sie viel Zeit, Recherche und schließlich jede Menge Geld, um den Pferden ihrer Einsteller eine möglichst artgerechte Haltung bieten zu können. Sie ließ einen sogenannten HIT-Aktiv-Stall bauen. Das ist, wenn man so will, die Hightech-Variante eines Offenstalls, in dem Stuten und Wallache gemeinsam in der Herde leben.

Man betritt also ein großzügig angelegtes, von Pferdekoppeln gesäumtes Areal durch eine abgesicherte Schleuse. Der Blick wandert als erstes zum Sandplatz, wo sich die Pferde ihre Dreckkruste holen. Man wundert sich über Pferde, die geduldig anstehen wie die Briten an der Bushaltestelle. Und weiß bald warum: In den kleinen Häuschen sind die Futterstationen untergebracht. Mit Matten ausgelegte Hallen bieten Schutz vor Wind und Wetter; im abgegrenzten Ad-libitum-Bereich können sich magere Pferde nach dem Motto "all you can eat" den Bauch vollschlagen.

Vier Einzelboxen stehen für kranke Tiere oder für Pferde bereit, die, am besten in kleinen Gruppen, in etwa vier Wochen in die Herde integriert werden. Sie müssen, ihrem Rang entsprechend, erst einmal ihren Platz erkämpfen. Und sie müssen trainiert werden, wie sie an ihr Futter oder auf die Weide kommen.

So ein Aktiv-Stall imitiert computergesteuert auf einer ausgetüftelten Anlage, was Pferde in der Natur gesund erhält. Sie müssen sich ihr Futter erwandern und sind idealerweise dauernd in Bewegung. Ein Pferd in einem Aktivstall läuft am Tag bis zu 20 Kilometer. Dass das so ist, dafür sorgt ein kleiner Plastikchip in der Mähne, auf den die individuelle Rau- und Kraftfuttermenge des jeweiligen Pferdes programmiert ist. Gefressen wird in kleinen Portionen, sodass das Pferd gezwungen ist, "seinen" Futterautomaten mehrmals täglich anzusteuern. Sein Chip ist der Passierschein durch die Schranke zum Automaten oder zur Koppel.

Alles erkunden und erfragen können Stall- und Pferdebesitzer beim Forum "Artgerechte Pferdehaltung im Aktivstall" auf Gut Schörghof an diesem Samstag, 6. April, von 16 Uhr an. Nach einer Stallführung spricht Margit Zeitler Feicht von der Technischen Universität München über ihr Spezialgebiet Pferdeverhalten; danach referiert Thorsten Hinrichs, Gründer und Geschäftsführer der Firma HIT-Aktiv-Stall, über das Konzept. Weitere Informationen und Anfahrt unter www.gut-schoerghof.de, Anmeldung unter info@gut-schoerghof.de

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