Katja Wunderlich sei eine sehr hübsche Frau und er wünsche ihr viel Glück, schreibt ein anonymer Forumsnutzer, trotzdem sei er für eine gesetzlich geregelte Männerquote in der Sportberichterstattung. Der Humor zwischen den Zeilen bleibt dem Leser nicht verborgen, und auch Katja Wunderlich, die in der ARD die neue Saison der Fußball-Bundesliga in den Tagesthemen moderiert, lacht herzlich darüber.
Sie wisse nicht, warum es immer noch etwas Besonderes sei, wenn eine Frau den Sport präsentiert. "Ich kann es mir nur so erklären, dass viele Männer sich insgeheim wünschen, dass Fußball ihr alleiniges Feld ist. Frauen als Fans ja, alles andere nur in Maßen."
In Nürnberg damals, 1998, waren Fußballfeld und Stadion tatsächlich in der Hoheit der Männer. Eine Frau fiel eher unangenehm auf. Und es kam nicht irgendeine Frau, es war Wunderlich, die damals "richtig Muffensausen" hatte, wie sie heute sagt.
Sie war die erste weibliche Stadionsprecherin der Bundesliga überhaupt, damals beim 1. FC Nürnberg. Aber sie war nicht einfach nur gut aussehend oder blond oder nett, sie fieberte mit, sie liebte die Bundesliga und die Begeisterung im Stadion. Sie sei schon mit einer fußballverrückten Familie aufgewachsen, damals in Franken: der Vater Club-Fan, der Bruder Bayern-Fan.
Samstags war Sportschaupflicht für alle, ob man wollte oder nicht. Katja Wunderlich besuchte ein Gymnasium mit Leistungszentrum für modernen Fünfkampf - und hätte gerne eine Sportkarriere eingeschlagen, wäre nicht ein schwerer Reitunfall dazwischen gekommen.
Es mag also etwas Besonderes gewesen sein, dass plötzlich eine Frau im Nürnberger Stadion stand, aber nach anfänglicher Skepsis erkannten die Fans die Leidenschaft und hielten "Katja Wunderlich"-Banner in die Höhe.
Seit Nürnberg sind einige Jahre ins Land gezogen, viele Moderationen, eine eigene Sendung im Bayerischen Rundfunk - die "Katja Wunderlich Show" - und trotzdem kam der Anruf überraschend, "aus heiterem Himmel", wie Wunderlich findet.
Ganz so willkürlich war das Interesse der ARD an ihr natürlich nicht: Trimedial hatte man dort nach guten Moderatorinnen gesucht und die 40-Jährige ist keine Unbekannte im Radiogeschäft. Der Chefredakteur von ARD Aktuell lud sie am Telefon zu einem Gespräch und Probesendungen ein, damit sie von April 2012 an im Wechsel mit Andreas Käckell und Okka Gundel den Sport im Team der ARD Tagesthemen moderiere.
Wie oft hat man den Gong schon im Fernsehen gehört - "Hier ist das erste deutsche Fernsehen mit den Tagesthemen". Seit 1978 laufen die Tagesthemen, die Tagesschau sogar schon seit 1952 - sie ist die älteste bestehende Nachrichtensendung im Fernsehen.
Katja Wunderlich war beeindruckt von dem Angebot. Sie war zwar schon in einigen Studios gestanden. Nach dem Abitur hatte sie bei dem Lokalsender Radio 8 in Ansbach gearbeitet, ihr Volontariat bei Radio Gong in Nürnberg gemacht. Dort meldete sich eines Tages ein Kollege krank - und da sich kein Ersatz finden ließ, musste Wunderlich einspringen, die bis dahin noch nie eine Sendung moderiert hatte. "Ich empfand die Moderation als Katastrophe, aber meine Kollegen fanden sie ganz in Ordnung", erinnert sie sich und kann inzwischen darüber lachen.
Nach einer Moderationsausbildung in Holland kamen Angebote aus München. Studios also hatte Katja Wunderlich genügend gesehen. Aber keines war so altehrwürdig wie das der Tagesthemen, dessen blauer Hintergrund im Fernsehen genauso wohlbekannt ist wie der Gong. "Der Job war wie ein Jackpot", sagt Wunderlich. Plötzlich sei sie mit Menschen in einem Raum gestanden, die sie bislang nur aus dem TV kannte. Moderatorin Judith Rakers zum Beispiel. Oder Gerhard Delling, der neben ihr in der Maske saß.
Zum ersten Mal hat sich Wunderlich auch für den Sport und gegen die Musik entschieden, die ihr eigentlich sehr am Herzen liegt: Zehn Jahre lang war sie Sängerin in der Bayern-3-Band. Mit zwei Kindern und neuem Job hat sie sich nun aber davon verabschiedet. "Zum Glück kann ich aber beruflich alles kombinieren, was mir Spaß macht. Unterhaltung und Sport oder sagen wir es so: Sport ist doch oft die beste Unterhaltung."
Das Zusammenspiel aus beidem sei das Schöne. Und das nicht nur für Katja Wunderlich - man darf sie hören und neuerdings auch die Bundesliga moderieren sehen. Das nächste Mal wieder am 13. und 14. Oktober.