Modellbau-Affäre um Christine Haderthauer:Gefährliches Werkzeug in den Händen psychisch kranker Straftäter

Ein ehemaliger Wachmann der Bezirksklinik Ansbach erhebt schwere Vorwürfe gegen den Mann von Christine Haderthauer. Der Arzt soll einem am Modellbau beteiligten Dreifachmörder in der Psychiatrie Erleichterungen verschafft haben. Und er soll Sicherheitsrisiken ignoriert haben.

Von Mike Szymanski

Die als Arbeitstherapie deklarierte Fertigung von Modellautos in den Bezirkskrankenhäusern Ansbach und Straubing wirft immer mehr Fragen auf. Offenbar hatte der Sicherheitsdienst der Forensik in Ansbach Ende der 90er Jahre vor einem "nicht kalkulierbaren Sicherheitsrisiko" gewarnt, wenn die psychisch kranken Straftäter gefährliches Werkzeug in die Hände bekämen.

Zudem gerät der Mann von Christine Haderthauer, der Arzt Hubert Haderthauer, stärker in Bedrängnis. Er hatte das Geschäft mit den Modellautos aufgezogen und muss sich jetzt vorhalten lassen, dem einsitzenden Modellbauer Roland S., einem Dreifachmörder, Erleichterungen verschafft zu haben.

Ein ehemaliger Wachmann der Forensischen Psychiatrie am Bezirksklinikum Ansbach erhebt im ARD-Politmagazin Report Mainz schwere Vorwürfe. "Alle mussten wir kontrollieren, nur den Roland und den Franzosen (Roger Ponton, Geschäftspartner der Haderthauers, Anmerkung der Redaktion), die sollten wir nicht kontrollieren." Seit Bestehen des Modellbaus hätten "Ärzte Einfluss genommen, um Kontrollen bei dem Patienten S. zu verhindern", zitiert das Magazin aus einem internen Dokument. Dies hätte auch seine Post betroffen, Päckchen hätten nicht kontrolliert werden dürfen.

S. sei in den Jahren 1992 bis 1995 "des Öfteren klar ersichtlich alkoholisiert vom Wochenendurlaub zurückgekommen". Der ihn begleitende Polizist hätte ebenfalls unter Alkohol gestanden. Die Ärzte seien darüber informiert worden. An den Wochenenden sei S. oft zum Essen in Ansbach ausgeführt worden, berichtet der Wachmann. "Da war dann der Dr. (Hubert Haderthauer) oder der Polizist als Aufsicht dabei. Ich finde das war ein Saustall, wie die da Geschäfte gemacht haben."

"Frau Haderthauer muss von den Zuständen gewusst haben"

Der Bayerische Rundfunk berichtete am Dienstag, dass sich 1997 ein Patient mit einem Skalpell, das für den Modellautobau vorgesehen war, das Leben nehmen wollte. Im Zimmer eines anderen Patienten fanden Pfleger offenbar einen Seitenschneider und ein Sägeblatt. Der BR beruft sich auf interne Dokumente, die dies belegten.

Dies könnte wiederum zu einem Problem für Christine Haderthauer werden, die bis Herbst vergangenen Jahres Sozialministerin war. Damals hatten die Grünen mit einer Landtagsanfrage Auskunft von ihr darüber verlangt, welche Erleichterungen S. bekommen habe. Haderthauers Ressort gab an, dass es außer der Patientenakte für die Ansbacher Zeit keine Dokumentation mehr gebe.

Die Grünen-Politikerin Ulrike Gote erneuerte ihre Rücktrittsforderung: "Frau Haderthauer muss von den Zuständen im BKH Ansbach, dem Selbstmord-Versuch, den Beschwerden und Sicherheitsbedenken des Personals gewusst haben", erklärte sie. "Seit mehr als einem Jahr versuchen wir aufzuklären, wie es um den Sicherheitsaspekt bestellt war." Die Erkenntnisse wertet Gote als Beleg dafür, dass das Parlament von der Politikerin getäuscht worden sei.

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