Modehandel:Modekette Wöhrl kämpft ums Überleben

Modekaufhaus Wöhrl

Der Knopf im Logo ist das Erkennungszeichen der Wöhrl-Kette. Die Firma ist in Schwierigkeiten.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)
  • Die Modekette Wöhrl kämpft um ihre Existenz.
  • Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2015/16 schrumpfte der Umsatz um fünf Prozent, die Verluste steigen. Außerdem hat die Modekette Schulden.
  • Jetzt sollen Filialen geschlossen, Stellen gestrichen und ein neuer Investor gesucht werden.

Von Caspar Busse

Genau 73 Jahre ist es her, da gründete Rudolf Wöhrl in Nürnberg ein Modehaus. Er hatte einst auf der Straße einen Knopf gefunden, der zu seinem Talisman und später zum Markenzeichen der Handelskette Wöhrl wurde, so geht zumindest die Legende. Doch das Glück hat das Unternehmen, das inzwischen in dritter Generation geführt wird, nun verlassen.

Die Modekette Wöhrl kämpft um das Überleben. Es wurde ein sogenanntes Schutzschirmverfahren eingeleitet, eine Vorstufe zur Insolvenz, gab das Unternehmen am Dienstag bekannt. Man wollte nicht warten, bis die Zahlungsunfähigkeit eintritt, sagte ein Sprecher. Es soll vielmehr gerettet werden, was zu retten ist. Es könnten bis zu einem Drittel der heute 34 Filialen geschlossen und viele Jobs abgebaut werden. Zudem wird ein neuer Investor gesucht. Die Wöhrl-Kette hat 2000 Mitarbeiter und macht rund 300 Millionen Euro Umsatz.

Die meisten Filialen sind in Bayern, Wöhrl betreibt aber auch Häuser in Berlin, Baden-Württemberg und Ostdeutschland.

Die Probleme könnten noch weitere Kreise ziehen. Denn der Familie Wöhrl gehört seit 2013 auch die Modekette Sinn-Leffers mit 22 Filialen vor allem in West- und Norddeutschland. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Hagen und 1400 Mitarbeitern werde eigenständig geführt, sagte ein Sprecher, es gebe lediglich einen Dienstleistungsvertrag mit Wöhrl. Wöhrl habe sich mit der Übernahme vor drei Jahren übernommen, hieß es. Außerdem hält die Familie gut fünf Prozent an der Billigkette Adler Modemärkte, die wiederum zur insolventen Steilmann-Gruppe gehört.

Die Wöhrl-Gruppe kämpft mit zurück gehenden Umsätzen und Schulden von 45 Millionen Euro. Der Juli sei sehr schlecht gelaufen, hieß es. Defizitäre Filialen sollen nun geschlossen werden, es gehe um sechs bis zehn Standorte. Zudem wird die überdimensionierte Hauptverwaltung verkleinert. Es sei ein "signifikanter Mitarbeiterabbau" zu erwarten, so ein Sprecher. Die Familie Wöhrl ist bereit, ihre Mehrheit abzugeben.

Derzeit werde mit etwa zehn Investoren gesprochen. Unter dem Schutzschirm ist ein Unternehmen für drei Monate vor dem Zugriff der Gläubiger sicher. Wöhrl-Aufsichtsratschef Andreas Mach, ein Berater und ehemaliger Banker, löst Gründerenkel Olivier Wöhrl als Vorstandschef ab. "Unser Ziel ist es, die Gruppe als Ganzes zu erhalten", sagte Mach. Als Sanierer rückt nun Rechtsanwalt Christian Gerloff in den Vorstand, der bereits bei den Insolvenzen der Modefirmen Escada und Rena Lange aktiv war.

Internethändler nehmen Modehäusern Umsätze ab

Das Sortiment soll verändert werden, das Online-Geschäft hatte Wöhrl bisher gar nicht betrieben. Gerade Internethändler wie Zalando sind aber sehr erfolgreich und nehmen traditionellen Modehäuser deutlich Umsätze ab. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2015/16, das am 31. Juli endete, war der Wöhrl-Umsatz um fünf Prozent auf 300 Millionen Euro geschrumpft, der Verlust gestiegen. Im Zuge der Sanierung müssen aller Voraussicht nach auch die Zeichner einer 30 Millionen Euro schweren Mittelstandsanleihe verzichten. Denkbar sei zum Beispiel ein teilweiser Verzicht auf die Rückzahlung der Anleihe, so die Schutzgemeinschaft für Kapitalanleger (SdK).

Die Kette gehörte seit 1970 den beiden Söhnen von Rudolf Wöhrl, Gerhard und Hans Rudolf Wöhrl. Letzterer schied aber 2002 aus dem Management aus und hat seit 2011 nichts mehr mit dem Unternehmen zu tun. Seitdem ist es zu 100 Prozent in Besitz von Gerhard Wöhrl und seiner Familie. Hans Rudolf Wöhrl ist Hobby-Pilot und hatte einst in Fluggesellschaften wie Deutsche BA und LTU investiert. Er heiratete die CSU-Politiker Dagmar Wöhrl, die ehemalige Miss Germany war unter anderem parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium. Die Juristin hatte zuvor ebenfalls für die Wöhrl-Gruppe gearbeitet.

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